Die Debatte um das nächste Grossprojekt der JUSO steht an. Notwendige Voraussetzung, um das richtige Projekt zu finden, ist absolute Klarheit über unsere Rolle als sozialistische Jungpartei im sich verschärfenden Klassenkampf. Ein erster Debattenbeitrag.
(Zu unserem Projektvorschlag «Sozialismus zu unseren Lebzeiten» geht’s hier.)
Ein nationales Projekt kann zum praktischen Leitfaden werden, mit dem wir als Partei in stürmischen Zeiten die nächsten trittfesten Schritte zum Sozialismus gehen. Kopfloses Brainstorming bringt uns aber nicht weiter. Wir brauchen zuallererst Klarheit darüber, was unsere Rolle als JUSO innerhalb der heutigen Umstände des sich zuspitzenden Klassenkampfs ist und wozu wir die sozialistische Partei aufbauen müssen. Das gibt uns erst die Grundlage, um rauszufinden, was für eine Art Projekt wir brauchen. Dazu dann der anschliessende Beitrag in der nächsten Ausgabe des Funke.
Die Pandemie schlug in einen bereits todkranken Weltkapitalismus ein und warf diesen in seine tiefste und breiteste Krise. Die bürgerlichen Staaten konnten den Kollaps des Kapitalismus kurzfristig abwenden. Aber Mittel, um die Krise nachhaltig zu lösen, hat das Kapital keine. Das dämmert mittlerweile auch einigen Bürgerlichen: Die Bank of England warnt vor der tiefsten Rezession seit 300 Jahren – also seit es den entwickelten Kapitalismus gibt! Die entscheidende Frage: wer zahlt für die Krise?
Die letzte Periode hat uns eines gelehrt: Die herrschende Klasse wird die Kosten der Krise mit allen Mitteln auf die Lohnabhängige abwälzen. Die durch die Corona-Staatsausgaben nochmals krasse Erhöhung der Verschuldung bedeutet eine entsprechende Verschärfung der Sparpolitik gegen die Arbeiterklasse. In keinem Land wird die Arbeiterklasse davon und von Massenarbeitslosigkeit verschont bleiben – auch nicht in den vor Corona noch vergleichsweise gesündesten Ländern. Der Economist schätzt die jetzige Arbeitslosigkeit in China und die kommende in Deutschland auf 20%. Die NZZ schätzt eine Zerstörung von 100’000 Vollzeitstellen durch die Corona-Pandemie in der Schweiz. Alles wohlgemerkt unter der naiven Annahmen einer schnellen Erholung einerseits, der Absenz einer «zweiten Welle» andererseits.
Die Frontalangriffe durch die Bourgeoisie strapazieren die Lebens- und Arbeitsbedingungen der ganzen Klasse immer mehr, insbesondere der schlechtergestelltesten Schichten. Es gärt in der Arbeiterklasse; Wut staut sich immer mehr auf. Die Arbeiterklasse wird genötigt, nach Auswegen zu suchen.
2019 war auch in der Schweiz ein Jahr der Massenbewegungen. An der Vorfront stand die Jugend – eine Generation, die nur ein Leben im Krisenkapitalismus kennt, eine Generation mit rabenschwarzen Zukunftsaussichten im Kapitalismus und eine Generation, für die der Kampf auf der Strasse zunehmend zur Selbstverständlichkeit wird. Die Hammerschläge der kapitalistischen Krise radikalisieren die Jugend weiter. Abrupt aufkommende Bewegungen rund um verschiedene Krankheitserscheinungen des kapitalistischen Systems werden in Anzahl und Tiefe zunehmen, mit der Jugend an der Spitze. Die Mobilisierungen der lohnabhängigen Jugend sind der erste Ausdruck der Antwort der lohnabhängigen Klasse. Weitere Schichten werden nachziehen.
Die Bewegungen des letzten Jahres, die Black Lives Matter-Bewegung letzten Monat: sie alle stellen Forderungen, die den Kapitalismus an seiner Wurzel angreifen. Und die kämpfende Jugend zieht durch die Kämpfe selbst erste Lehren. Z.B. Teile des Klimastreiks erkannten ansatzweise – und absolut korrekt! – die Notwendigkeit proletarischer Klassenkampfmethoden: dass es den Jugendlichen an der Macht fehlt, die nur die organisierte Arbeiterklasse hat – die Macht, die Profitmacherei durch Streik zu unterbrechen und damit Klima-Forderungen gegen die Interessen der Kapitalisten durchzusetzen.
Es ist die Aufgabe der JUSO, diese Kämpfe weiterzutreiben. Den Klimastreikenden muss aufgezeigt werden, wie sie die Arbeiterklasse in den Kampf reinziehen kann. Mit einem sozialistischen Programm, das Klimaforderungen und soziale Forderungen verbindet, z.B. für die kaputte Luftfahrt: gegen Massenentlassungen, für die Aufteilung der notwendigen Arbeit auf alle ArbeiterInnen der Branche bei gleichbleibendem Lohn; für die Verstaatlichung des ganzen Verkehrswesens und der Banken unter Arbeiterkontrolle, um die Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie gebraucht werden: für den ökologischen Umbau der Wirtschaft; für eine sozialistische Planwirtschaft, die Klima- und soziale Katastrophe verhindert. Die verschiedenen Teilkämpfe – Klima-, Frauenstreik, Black Lives Matter-Bewegung – müssen auf den Sturz des Kapitalismus und die Etablierung des Sozialismus hinführen.
Die Arbeiterklasse muss die politische Macht erobern und die Produktivkräfte unter ihre bewusste demokratische Kontrolle bringen und in den Dienst ihrer Bedürfnisse stellen. Das ist erstens die Bedingung des Erfolgs aller Teilkämpfe, zweitens ihre Gemeinsamkeit und drittens der einzige Weg aus der Krise im Interesse der Mehrheit. Die Kämpfe brauchen diese sozialistischen Ideen.
Die JUSO ist das einzige Organ, das sie zunächst in der kämpfenden Jugend, dann in immer breiteren Schichten der Klasse verankern kann. Das zu tun, ist ihre Existenzberechtigung: was sonst sollte eine – sozialistische Partei tun? Je stärker dieses Organ, desto grösser seine Fähigkeit, die sozialistischen Ideen zu verbreiten. Nur darum muss die JUSO aufgebaut werden. Die kämpfenden lohnabhängigen Jugendlichen müssen in der JUSO organisiert werden.
Die herrschende Klasse drückt bestimmte Ideen in ihrem Interesse in die Köpfe der Arbeiterklasse und auch der kämpfenden Jugend. Zum Beispiel die Idee, dass die Besteuerung von Haushalten die Lösung der Klimakrise sei (CO2-Gesetz, siehe Der Funke, Nr. 92). Das «bittet» die Lohnabhängigen zur Kasse und entfremdet sie so vom Klimakampf. Oder die genauso reaktionäre Idee, wonach nur Schwarze bzw. Frauen den Kampf gegen Rassismus bzw. Frauenunterdrückung wirklich führen können. Das dient nur den Herrschenden: es verhindert den notwendig gemeinsamen Kampf aller Lohnabhänigen gegen das Kapital. Diese Ideen sind fixfertige Rezepte für Niederlagen.
Wir müssen den Kampf gegen die bürgerlichen Ideen in den Bewegungen aufnehmen. Die Bourgeoisie hat verschiedene mächtige Mittel, wie sie die Ideen, die ihr Interesse vertreten, verbreitet: über die Unis, die Presse, die verknöcherten Führungen der Arbeiterorganisationen. Unser Mittel, um unsere Ideen des Sozialismus zu verbreiten, ist die JUSO. Der Weg des Fortschritts ist, sie aufzubauen – und uns in unseren Ideen, den Ideen des Sozialismus, auszubilden.
Die Krise zwingt die Jugend auf immer breiterer und radikalerer Stufe, nach Auswegen zu suchen: Kämpfe werden auf der Tagesordnung stehen. Nur die sozialistischen Ideen zeigen einen Ausweg auf; werden sie in der Arbeiterklasse verankert, dann kann diese den Ausweg auch tatsächlich gehen, den Kapitalismus stürzen und die Macht übernehmen.
Aufgabe und Rolle der JUSO? An der Front der Kämpfe die sozialistischen Ideen in der lohnabhängigen Jugend verankern und diese in der JUSO organisieren und ausbilden – angefangen bei den kämpfenden Teilen selbst! Dieser Aufgabe muss sich das JUSO-Projekt unterordnen. In der nächsten Ausgabe des Funke: Was für ein Projekt kann das – und was für eines ist nicht?
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