«Wir erlauben keine Flaggen, weil wir neutral sein wollen … Das ist das Zeichen einer Nation, wenn du es nicht runter nimmst, werden wir dir ein Demo-Verbot aussprechen». Das war noch eine der freundlicheren der wiederholten Reaktionen der Organisatoren des «Antifaschistischen Abendspaziergangs» gegen alle, die offen ihre Solidarität mit den Palästinensern zeigten. Offensichtlich ging der Protest gegen alle Rechtsextreme, ausser jenen in Israel.
Der Antifaschistische Abendspaziergang wird jährlich vom Bündnis gegen Rechts organisiert. Solche Abendspaziergänge haben in Bern eine gewisse Tradition und mobilisieren hunderte Jugendliche im Kampf gegen Rechts.
Von verschiedenen Quellen wurde uns bestätigt, dass die Organisatoren die Anfrage der Solidaritätsbewegung mit Palästina bewusst abgelehnt und ihnen keine Rede gegeben haben. Am ganzen Spaziergang wurde gegen Rassismus, Imperialismus, Kapitalismus und Unterdrückung geredet, doch Palästina wurde nicht mit einem Wort erwähnt.
Wenn deine politische Ausrichtung es dir nicht erlaubt, in den konkreten Kämpfen unserer Zeit zu entscheiden, auf welcher Seite du stehst, dann ist das ein Beweis für den Bankrott deiner politischen Ausrichtung. Mit dem bewussten Verzicht auf die Solidarität mit den Opfern im Gaza und dem palästinensischen Widerstand hat die sogenannte antifaschistische Bewegung in Bern einen Tiefpunkt erreicht. Kein Wunder verliessen mindestens zwei palästinensische Aktivisten den Umzug: «Ich war noch nie so angekotzt von einer Bewegung wie heute. Wer sich in dieser Frage nicht positionieren will, der ist völlig nutzlos!» erklärten sie – mit Wuttränen in den Augen.
Wer in diesem Kontext seine «Neutralität» hinter der «Komplexität» des Konfliktes versteckt, traut sich nicht, eine Sache wahrzuhaben:
In Israel gibt es nicht einen Konflikt zwischen zwei gleichen Seiten, welche beide Schuld tragen und irgendwie auf der gleichen Ebene verglichen werden könnten. Auf der einen Seite steht ein moderner Staat, eine Atommacht mit dem modernsten Militär der Region. Und dieser Staat unterdrückt seit 75 Jahren die Palästinenser, die weder Staat noch Militär besitzen und im Gazastreifen (dem grössten Freiluftgefängnis der Welt) und dem Westjordanland wohnen – ohne jegliche Freiheiten und grösstenteils in Armut. Diese Unterdrückung wurde unter den Regierungen von Netanjahu immer krasser, weil dieser immer mehr Rechtsextreme in sein Kabinett integrierte, die öffentlich eine ethnische Säuberung aller Palästinensern fordern. Sie intensivierten die Siedlungspolitik im Westjordanland, machten sie gewalttätiger und multiplizierten tägliche Provokationen gegen und die gewalttätige Unterdrückung der Palästinenser.
Die Gewalt der Sklaven ist niemals mit der Gewalt der Sklavenhalter gleichzusetzen. Die Gewalttätigkeit der Sklavenaufstände widerspiegelt die Gewalttätigkeit der Unterdrückung durch die Sklavenhalter.
Wer das nicht wahrhaben will, und vor allem, wer politische Fragen von einem rein moralischen Standpunkt angeht, der wird in der stürmischen und gewalttätigen Periode, in der wir leben, schnell den politischen Kompass verlieren. Das hat sich am «Antifaschistischen Abendspaziergang» schnell bewahrheitet. Die Gleichstellung der Gewalt der Hamas mit der des 75-Jährigen imperialistischen Regimes Israels hat heute einen Zweck: den aktuellen Rachefeldzug des israelischen Militärs im Gaza-Streifen zu rechtfertigen. Das Israelische Militär hat dort in drei Wochen bereits über 6000 Palästinenser getötet. Die komplette Blockade an Wasser, Strom, Treibstoff und Medikamenten löst eine humanitäre Katastrophe aus, respektive eskaliert die bisher herrschende Katastrophe noch weiter. Hinter der Ausrede der Neutralität versteckt sich die Feigheit, den Unterdrücker klar zu benennen!
Unsere Solidarität ist klar und bedingungslos: Wir verteidigen das Recht der Unterdrückten auf Widerstand – 365 Tage im Jahr! Unsere Aufgabe in der Schweiz ist es, den Zynismus der herrschenden Klasse aufzudecken. Zu erklären, wieso sie die Demos der Palästinenser verbieten, jegliche Israelkritik als Antisemitismus abstempeln und jede Solidarität mit Palästina als Terrorismus- und Hamas-Verteidigung verleumden. Die Schweizer herrschende Klasse hat Blut an den Händen, weil sie ihre politischen und ökonomischen Verbündeten in Israel decken. Damit machen sie sich mitschuldig an den Toten in Gaza. Sie opfern die Palästinenser für ihre imperialistischen, ökonomischen Interessen, weil sie eine kleine Minderheit, die der Kapitalisten, repräsentieren.
Die grösste Hilfe, die wir allen Unterdrückten und Ausgebeuteten der Welt erweisen können, ist der Kampf hier gegen «unsere» Kapitalisten und Imperialisten aufzunehmen. Deshalb bauen wir hier eine revolutionäre Organisation auf, die gegenüber den heuchlerischen und zynischen Kampagnen der Kapitalisten nicht einknickt! Damit exponieren wir uns – zwei Genossen haben deshalb ihren Job verloren und durch den Rausschmiss aus den Lokalitäten für unsere Herbstschule sind uns tausende Franken an Schaden entstanden. Doch das ist nichts im Vergleich des Leidens der Unterdrückten – und der Grösse der Solidarität, die wir in unserer täglichen Arbeit erfahren.
Unsere Solidarität heisst proletarischer Internationalismus, geleitet vom Marxismus, der schlagkräftigsten Waffe der Unterdrückten und Ausgebeuteten der ganzen Welt.
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