Die indischen Bauern haben die barbarische Politik der Modi-Regierung in einem langen Kampf besiegt. Ihr Kampfgeist und Durchhaltevermögen sind ein Vorbild für die Arbeiterbewegung weltweit.
Nach heftigen Kämpfen der indischen Bauern hat die indische Regierung eine Reihe neuer Agrargesetze wieder zurückgezogen. Der Kampf gegen die Liberalisierung der Landwirtschaft begann vor ca. einem Jahr und brachte bis heute Millionen von Bauern auf die Strasse. Die Bauern erlangten diesen Sieg in direkter Konfrontation mit der herrschenden Klasse. Darum ist er von grosser Bedeutung für den Kampf gegen den Kapitalismus in Indien und weltweit.
Zwei Drittel der indischen Bevölkerung sind Bauern, ein überwiegender Anteil davon lebt in extremer Armut. Seit Jahren machen Weltkonzerne wie Monsanto mit Saatgut-Monopolen riesige Profite auf dem indischen Markt. Währenddessen nehmen sich immer mehr Kleinbauern das Leben, weil sie sich für den Kauf von Saatgut stark verschulden müssen.
Die desaströse Situation der Bauern wäre durch die Agrargesetze des reaktionären Premierministers Modi nochmals massiv verschlechtert worden. Grosse Konzerne hätten sich nicht mehr an die bisherigen Mindestpreise für Agrarprodukte halten müssen, sondern hätten den Bauern noch weniger bezahlen können. Zudem wären Regulierungen gegen das Horten abgebaut worden, was Preisspekulation noch weiter begünstigt hätte.
Modi begünstigt in allen Bereichen der indischen Wirtschaft die Profite der Kapitalisten, vor allem um mehr ausländisches Kapital ins Land zu holen. Die Liberalisierung des Landwirtschaftssektors kommt gleichzeitig mit der Privatisierung von grossen Teilen der staatlichen Infrastruktur. Der Fall der drei Agrargesetze ist also eine massive Niederlage für Modi und die herrschende Klasse Indiens.
Im September 2020, wenige Tage nachdem das Parlament die drei bauernfeindlichen Landwirtschaftsgesetze verabschiedet hatte, begannen erste spontane Proteste. Die grössten fanden in den nordwestlichen Staaten Haryana und Punjab statt, wo Bauern Fabriken und Kornlager von grossen Konzernen besetzten. In anderen Teilen des Landes wurden Strassen und GleiseGeleise blockiert.
Als die Regierungspartei BJP Abgeordnete in die streikenden Gebiete schickte, um die angeblichen Vorteile der Landwirtschaftsgesetze zu erklären, wurden diese mit radikalen Parolen und schwarzen Flaggen empfangen. Die Regierung antwortete darauf mit harter Repression.
Die Bewegung liess sich aber nicht brechen, sondern wuchs rasant an und erhielt immer mehr Unterstützung unter der breiten Bevölkerung. Ende November 2020 begannen die Organisationen der Bauern einen Streik auf unbestimmte Zeit, während aus den westlichen Teilen des Landes Bauern auf die Hauptstadt Delhi zumarschierten. Dabei mussten sie weiteren brutalen Angriffen durch die Polizei und rechtsextremen Gruppen standhalten. Am 26. Januar, Indiens Tag der Republik, erreichten hunderttausende Bauern Delhi und legten die Hauptstadt lahm. Seitdem hat sich die Bewegung auf Uttar Pradesh, ein Bundesstaat mit rund 200 Mio. Einwohnern, und weitere Nachbarstaaten ausgebreitet. Nur eine besonders brutale Corona-Welle im Frühjahr 2021 und der Beginn der Erntezeit konnte das Momentum der Bauern etwas bremsen. Viele hielten den Streik aufrecht, bis dieser im Herbst wieder an Stärke gewann und die drei Landwirtschaftsgesetze endgültig zu Fall brachte.
Das Ausmass dieser Niederlage der herrschenden Klasse zeigt sich an der Verzweiflung, mit der die Regierung die streikenden Bauern bekämpfte. Modi liess nichts unerprobt im Versuch die Bewegung zu stoppen. Nachdem die Repression zu Beginn der Proteste es nicht vermochte, deren Ausbreitung aufzuhalten, versuchte er es mit endlosen «Verhandlungsgesprächen». Diese waren einzig dazu gedacht, die Bewegung zu bremsen und der Regierung kostbare Zeit zu kaufen. Doch auch diese, für die Bourgeoisie erprobte Verschleppungstaktik war erfolglos. Jeder einzelne der elf Versuche zu verhandeln scheiterte. Zuletzt wurde sogar der oberste Gerichtshof eingeschaltet, in den ein Teil der Bewegung anfänglich Illusionen hatte. Diese Institution erwies sich aber als genauso unfähig, die Situation zu entschärfen, und verlor enorm an Glaubwürdigkeit. Letztlich liess die wirtschaftliche Lage der Bauern keine halbherzige Lösung zu. Sie kämpften entschieden für ihre Forderungen.
Die Bauern siegten letzten Endes durch ihre eigene Kraft und Standhaftigkeit und die Solidarität der Arbeiterklasse. Die Angriffe der Polizei liessen sie nicht einschüchtern. In den Verhandlungen liessen sie sich nicht beirren. Jedes Angebot eines faulen Kompromisses schlugen sie aus. Dafür verdienen sie die Achtung der Arbeiterbewegung weltweit!
Doch damit ist der Kampf gegen die Ausbeuter und ihre Regierung nicht vorbei. Sie werden weitere Angriffe auf die Bauern versuchen. Um auch diese abzuwehren, müssen die Bauern ihren Kampf mit dem der Arbeiter vereinen und ihre Forderungen ausweiten. Die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen von Arbeitern und Bauern kann nur mit den Sturz des Kapitalismus durch eine sozialistische Revolution erreicht werden.
Damiano Capelli
Vorstand JUSO Graubünden
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