Frauen spielten in der Russischen Revolution von 1917 eine zentrale Rolle. Die Machtübernahme der Arbeiterklasse ermöglichte ein noch nie dagewesenes Programm für die Befreiung der Frau und transformierte ihre Stellung in der Gesellschaft.
Die historisch tiefe Krise des Kapitalismus trifft Frauen überproportional. Es ist heute eine unserer wichtigsten Aufgaben, wirksame Mittel gegen die Frauenunterdrückung zu finden. Es gibt ein Beispiel, von dem wir dringend lernen müssen, wenn wir es mit der Befreiung der Frau ernst meinen: die Russische Revolution 1917.
1917 stürzte die Arbeiterklasse in Russland den herrschenden Zaren, enteignete die kapitalistischen Ausbeuter und begann mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Die Frauen aus der Arbeiterklasse standen in dieser heldenhaften Revolution in der ersten Reihe. Die neue Sowjet-Regierung setzte sofort das umfassendste Programm zur Befreiung der Frau um, das wir in der Geschichte je gesehen haben!
Eine der ersten Massnahmen der bolschewistischen Regierung war die komplette Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz. Doch die Bolschewiki machten nicht bei dieser rein rechtlichen Anpassung halt, sondern wussten, dass sie die materiellen Verhältnisse fundamental verändern mussten, um wahre Befreiung zu erreichen.
Die lebendige Erfahrung des Bolschewismus zeigt eindrücklich: Durch den Klassenkampf und eine kommunistische Revolution wird die Befreiung der Frau möglich. Der Schlüssel zum Erfolg dieser Revolution lag darin, dass sich die Partei der Bolschewiki auf die revolutionären Ideen des Marxismus gestützt hat. Diese Lektionen müssen wir studieren.
Vor der Revolution 1917 war Russland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern extrem unterentwickelt. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung waren arme Bauern, die von der Kirche beherrscht wurden. Dies traf besonders die Frauen. Im zaristischen Russland galten Frauen als Besitz der Männer. Sie waren nicht mehr als ihre Sklaven. Die wenigsten hatten Zugang zu Bildung. Falls Mädchen überhaupt die Schule besuchen konnten, mussten sie spätestens mit 14 Jahren in die Fabrik oder zurück aufs Feld. Im Jahr 1897 konnten nur 13.1 % der Frauen lesen.
Die niedrige Stellung der Frau in Russland erschwerte die Auseinandersetzung mit politischen und gewerkschaftlichen Fragen. Deshalb galten Frauen in der russischen Arbeiterbewegung als reaktionär. Viele Gewerkschaften weigerten sich anfänglich, Arbeiterinnen in ihre Reihen aufzunehmen. Nicht so die Marxisten! Seit den Zeiten von Marx und Engels kämpften sie für den Einbezug der Frau in die gesellschaftliche Produktion und die Arbeiterbewegung. Denn die industrielle Entwicklung, die der Kapitalismus hervorbringt, zieht die Frau aus der Isolation vom «trauten Heim», wo sie den patriarchalen Beziehungen schutzlos ausgesetzt ist. Diese Anteilnahme an der Produktion gibt Frauen eine neue, unabhängigere Stellung in der Gesellschaft. Diese fortschrittliche Tendenz des Kapitalismus legt den Grundstein für das Ende der Versklavung der Frau, die seit Jahrtausenden andauert!
Die Bolschewikin Natasha Samoilova schreibt in der Pravda vom Februar 1914:
«Als die Frauen in die Fabriken gingen und an denselben Maschinen wie die Männer arbeiteten, entdeckten sie eine neue Welt, neue Beziehungen zwischen den Menschen im industriellen Prozess. Sie sahen den Kampf der Arbeiter für die Verbesserung ihrer Bedingungen. Und jeden Tag wurden die Arbeiterinnen mehr und mehr davon überzeugt, dass die Arbeitsbedingungen sie mit den männlichen Arbeitern der Fabriken verbanden, dass sie alle ein gemeinsames Interesse hatten, und die Arbeiterinnen begannen zu spüren, dass sie Teil einer industriellen Familie waren, dass ihre Interessen mit denen der gesamten Arbeiterklasse verbunden waren.»
Das Erkennen der gemeinsamen Interessen der Arbeiter und Arbeiterinnen am Arbeitsplatz ist zentral, um die Kraft der Arbeiterklasse zu stärken.
In Abgrenzung zu den (klein-)bürgerlichen Feministinnen betonten die Bolschewiki, dass nicht der Kampf der Geschlechter, sondern der Kampf der Klassen notwendig ist, um die Frau zu befreien. Unabhängig vom Geschlecht haben Arbeiter ein gemeinsames Interesse, den Kapitalismus zu stürzen, da sie beide von den Kapitalisten ausgebeutet werden. Die Kapitalistinnen dagegen haben das entgegengesetzte Interesse der Arbeiterinnen. Sie wollen lediglich einen Platz an der Sonne im Kapitalismus. Sie wollen die Arbeiterklasse genauso ausbeuten, wie es ihre männlichen Gegenstücke tun. Deshalb beschränken sich die Forderungen der bürgerlichen Feministen auf die Gleichstellung von Frauen vor dem Gesetz. Sie haben kein Interesse an einer fundamentalen Veränderung der Gesellschaft.
Marxisten haben immer für die rechtliche Gleichstellung der Frau gekämpft. Aber sie betonen, dass man dabei nicht stehen bleiben darf. Die Wurzel der Frauenunterdrückung liegt in den materiellen Verhältnissen der Klassengesellschaft. Diese Wurzel können wir nur mit dem Sturz des Kapitalismus durch die sozialistische Revolution ausreissen. Nur die vereinte Arbeiterklasse ist dazu fähig. Deshalb kann der Kampf für die Frauenbefreiung nur als Teil des revolutionären Klassenkampfs erfolgreich sein. Die Russische Revolution von 1917 bestätigt diesen klassenbasierten Ansatz an die Frauenfrage.
«Teile und Herrsche», ein Prinzip, das schon die alten Römer kannten, war einer der wichtigsten Grundpfeiler des Zarismus. Im Russischen Kaiserreich wurden etliche verschiedene Nationalitäten unterdrückt und gegeneinander ausgespielt. Aber nicht nur die nationale Unterdrückung ist eine wichtige Waffe der herrschenden Klasse, um ihre Macht aufrechtzuerhalten. Auch Sexismus dient ihnen dazu, die werktätigen Klassen untereinander zu spalten und zu lähmen. Deshalb war es eine der wichtigsten Aufgaben der Bolschewiki, die Spaltung der Arbeiterklasse entlang nationaler wie geschlechtlicher Linien zu bekämpfen. Je mehr Arbeiter und Arbeiterinnen sich der Arbeiterbewegung anschliessen, desto stärker wird sie. Unter den damaligen Bedingungen in Russland brauchte es zusätzliche Anstrengungen, um die Frauen, die einen immer grösser werdenden Teil der Arbeiterklasse stellten, für die Arbeiterbewegung zu gewinnen.
Ab 1913 verstärkten die Bolschewiki deshalb die Arbeit unter Arbeiterinnen. Sie starteten eine Kampagne rund um den 8. März, den internationalen Kampftag der arbeitenden Frau. Diese hatte zum Zweck, breite Schichten der Arbeiterinnen unter dem Banner des Sozialismus zu organisieren. Die Kampagne hatte eine grosse Resonanz. Der 8. März wurde in Russland zur Tradition. Pünktlich zum Internationalen Frauenkampftag 1914 brachten die Bolschewiki die Zeitung «Rabotniza» (Die Arbeiterin) heraus. Sie war ein Werkzeug, um das Klassenbewusstsein der Arbeiterinnen zu stärken. Sie brachten Artikel über die Anliegen der Arbeiterinnen heraus. Auch Briefe und Gedichte, die die Arbeiterinnen an die Redaktion sandten, wurden veröffentlicht.
Die zusätzlichen Anstrengungen Frauen zu organisieren, hatten immer den Zweck, Frauen in die bestehende Arbeiterbewegung mit den Arbeitern zu ziehen und niemals die Arbeiterklasse anhand Geschlechterlinien zu spalten. Die Bolschewiki zeigten unermüdlich, dass die Probleme der arbeitenden Frau eine Klassenfrage waren, die nur zusammen mit den Männern der Arbeiterklasse gelöst werden konnten. Nur indem die Arbeiterklasse gemeinsam gegen ihre Ausbeuter kämpft und die Macht über die Gesellschaft erlangt, können die spezifischen Forderungen der Arbeiterin erfüllt werden.
Ab 1912 intensivierte sich der Klassenkampf in Russland. Streiks nahmen zu, auch in den Sektoren, wo viele Frauen angestellt waren. Der Schock des Ersten Weltkriegs 1914 führte zu einem jähen Unterbruch der aufkommenden Streikbewegung. Der Krieg hatte verheerende Folgen für die Frauen in Russland. Sie mussten die Männer, welche an die Front geschickt wurden, ersetzen. Die Bäuerinnen pflügten ihr Land ohne ihre Männer. Breite Schichten von Frauen wurden proletarisiert und ersetzten die Männer in der Fabrik. Zwei Drittel der Angestellten in der Textil- und Waffenindustrie waren Frauen. Gleichzeitig herrschte eine grosse Hungersnot. Es war schier unmöglich für die Arbeiterinnen, ihre Familien durchzubringen. Dies führte zu einer krassen Radikalisierung der Arbeiterklasse in Russland, besonders bei den Frauen! Die unterbrochene Streikwelle kam wieder in Fahrt.
Am 8. März 1917 versuchten die Arbeiterinnen der M. Aivaz Fabrik in Petrograd, eine Demonstration für den Internationalen Tag der arbeitenden Frau zu organisieren. Die Regierung reagierte darauf mit Polizeirepression. Doch statt so die Bewegungen in Zaum zu halten, brachte es das Fass zum Überlaufen. Mehr und mehr Fabriken schlossen sich dem Streik und den Demonstrationen an. Die Textilarbeiterinnen gingen zu den Metallarbeitern und forderten sie auf, sich ihrem Kampf anzuschliessen. Sie trugen Transparente mit der Aufschrift: «Arbeiter-Genossen und Soldaten, unterstützt unsere Anliegen!». Ein beeindruckendes Beispiel, dass die Arbeiterklasse intuitiv nach Einheit strebt!
Am 8. März befanden sich dank der Agitation der Arbeiterinnen 90’000 Arbeiter im Streik. Der 8. März wurde zum ersten Tag der Russischen Revolution 1917. Nur fünf Tage später war der Zar gestürzt! Die Massen in Russland begannen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Es waren die werktätigen Frauen, die die grossartige Revolution ausgelöst hatten!
Die Massen der Arbeiterklasse hatten den Zaren gestürzt, aber zunächst übernahm die bürgerliche Provisorische Regierung die Macht. Diese erwies sich als unfähig, die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter nach «Brot, Land und Frieden» umzusetzen. Nur neun Monate später stürzte die Arbeiterklasse auch die bürgerliche Regierung und übernahm mit den Bolschewiki an der Spitze selbst die Macht in Russland.
Die Machtübernahme der Arbeiterklasse in Russland 1917 ist das wichtigste Ereignis der Geschichte. Es ist – abgesehen von der kurzlebigen Pariser Kommune 1871 – das einzige Mal, wo hat die Arbeiterklasse durch die Arbeiterräte («Sowjets») selbst die Macht ergriffen hat. Sie haben mit dem Kapitalismus gebrochen, die Kapitalisten enteignet und begonnen, einen Arbeiterstaat aufzubauen.
Die junge Regierung der Ausgebeuteten hatte kein Interesse, die verschiedenen Formen von Unterdrückung aufrechtzuerhalten. Im Gegenteil, vom ersten Tag an machten sie sich daran, diese auszumerzen. Dies ermöglichte eine totale Revolutionierung der Stellung der Frau in Russland. Eine der ersten Massnahmen, die die Bolschewiki im Oktober 1917 ergriffen, war die Abschaffung aller Gesetze, die Frauen und Homosexuellen eine untergeordnete Stellung gaben. Im Sowjetstaat wurde das Frauenstimmrecht im Jahr 1917 eingeführt. Auch Abtreibung wurde 1917 entkriminalisiert und 1920 legalisiert. Zum Vergleich: Das Frauenstimmrecht in der Schweiz wurde 1971 eingeführt (1990 im Appenzell!), Abtreibung 2002. Im Sowjetrussland von 1918 wurde Homosexualität entkriminalisiert, gleicher Lohn und gleiche Arbeit, voller Zugang zu umfassender Bildung für Frauen, bezahlter Mutterschaftsurlaub, Kinderzulagen, Recht auf Scheidung usw. eingeführt.
Auf der vierten Konferenz der parteilosen Arbeiterinnen in Moskau 1919 erklärte Lenin mit Stolz:
«Gerade auf diesem Gebiet [der gesetzlichen Gleichstellung] hat die Sowjetmacht von den alten, ungerechten, für die Vertreter der werktätigen Masse unerträglichen Gesetzen keinen Stein auf dem anderen gelassen. Und wir können jetzt mit vollem Stolz, ohne jede Übertreibung sagen, dass es mit Ausnahme Sowjetrusslands kein Land auf der Welt gibt, wo volle Gleichberechtigung der Frauen bestände und wo die Frau nicht in eine entwürdigende Stellung versetzt wäre, die im Alltag, im Familienleben besonders spürbar ist. Das war eine unserer ersten und wichtigsten Aufgaben.»
Die komplette Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz! Das war eine der ersten Aufgaben, der sich die Bolschewiki annahmen. Die Sowjetunion war allen kapitalistischen Ländern meilenweit voraus. Lenin sagte, dass die Gleichstellung der Frau vor dem Gesetz «verhältnismässig leicht und einfach» ist. Sei dies einmal erreicht, so würde die Arbeit erst richtig anfangen.
Die untergeordnete Stellung der Frau in der Gesellschaft ist nicht nur eine Frage des Gesetzes, sondern der materiellen Verhältnisse. Es ist die historisch überlieferte Rolle der Frau in der Familie, die sie daran hindert, die gleichen Voraussetzungen wie der Mann in der Gesellschaft zu haben.
1884 ist das Meisterwerk «Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats» von Friedrich Engels erschienen. Engels untersucht darin den Ursprung der Frauenunterdrückung und zeigt auf, dass sie mit der Entstehung der Klassengesellschaft verwoben ist. Diese hat dazu geführt, dass die Frau im Haus isoliert und an den Mann gekettet wurde.
Aber mit dem Aufkommen der kapitalistischen Industrie wurde die Isolierung der Frau zumindest für die Arbeiterklasse immer unmöglicher. Frauen wurden massenhaft als Arbeiterinnen in die Produktion gesogen. Dies legt die Basis für die Befreiung der Frau, da es die Abhängigkeit vom Mann untergräbt und ihr eine unabhängigere Stellung in der Gesellschaft gibt. Aber im Kapitalismus erlangt die Frau nicht die Freiheit. Im Gegenteil, ihre Stellung als Arbeiterin und «Haussklavin» führt nur zu einer immensen Doppelbelastung.
Marx und Engels leiteten aus ihrer Analyse ab, dass die Frau nur wirklich frei sein kann, wenn die Klassengesellschaft aufgehoben und mit der Planwirtschaft die Hausarbeit vergesellschaftet wird. Dafür muss das Privateigentum beseitigt und die Profitlogik des Kapitalismus gebrochen werden.
Die marxistische Theorie gab den Bolschewiki das richtige Verständnis dafür, welche Schritte unternommen werden mussten, um die Frau dem Mann gleichzustellen. Ihr Ziel war es, die Hausarbeit zu vergesellschaften. Die öde Schufterei der Frau zuhause mussaus der privaten Sphäre der Kleinfamilie in die Sphäre der Öffentlichkeit verlegt und kollektiv organisiert werden.
Mit der Verstaatlichung der Wirtschaft und dem Aufbau der Planwirtschaft in der Sowjetunion wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass ein umfangreiches Netz an Wäschereien, Kantinen, Kinderkrippen, Schulen und vieles mehr aufgebaut werden konnte. Auf dieser materiellen Grundlage würden sich auch die Familien- und Geschlechterbeziehungen verändern: Die Familie wäre nicht mehr eine ökonomische Einheit, die aufgrund von finanziellen Drücken aufrechterhalten wird und genau unter diesen leidet. Sondern die Menschen hätten erstmals die Möglichkeit, echte Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten. Weil sie das so möchten und nicht weil sie dazu gezwungen werden.
1923 sagte Trotzki: «Dann wäre das Band zwischen Mann und Frau von allem Äusseren und Zufälligen befreit, und der eine würde aufhören, das Leben des anderen zu absorbieren. Echte Gleichheit würde endlich hergestellt werden. Das Band wird auf gegenseitiger Verbundenheit beruhen.»
Die Sowjetische Regierung nahm die Aufgabe der Vergesellschaftung der Hausarbeit in Angriff. Die Basis für den Aufbau des Sozialismus ist die moderne Industrie, die vom Kapitalismus geschaffen wurde. Die Bolschewiki wussten, dass die Bedingungen für die Realisierung ihres Programms im ökonomisch rückständigen Russland sehr ungünstig waren. Sie setzten ihre Hoffnung darauf, dass sich die sozialistische Revolution auf die weiter entwickelten westlichen Länder ausbreiten würde.
Die Aufgabe wurde durch den Bürgerkrieg noch zusätzlich erschwert. Der junge Sowjetstaat wurde kurz nach der Machtübernahme im Oktober 1917 von 14 imperialistischen Ländern angegriffen. 70’000 Frauen meldeten sich freiwillig für die Rote Armee. Dies zeigt, was für einen grossen Rückhalt die Politik der Bolschewiki unter den Frauen hatte. Um den Krieg zu gewinnen und den Sozialismus in der Sowjetunion aufzubauen, musste die Regierung parteilose Arbeiter und Bauern vom Sozialismus überzeugen. Frauen dafür zu gewinnen, war eine der wichtigsten Aufgaben der bolschewistischen Regierung. Dafür wurde der Schenotdel gegründet.
Die Aufgabe des Schenotdel war es, Frauen für den Aufbau des Sozialismus zu mobilisieren und sie in führenden Positionen auszubilden. Inmitten des Bürgerkriegs und einer grossen Hungersnot wurden Konferenzen für parteilose Arbeiterinnen organisiert, wo Lenin an die Arbeiterinnen appellierte, eine aktive Rolle im Aufbau des Sozialismus einzunehmen. Aufgrund des tiefen Alphabetisierungsgrades bei Frauen war eine der zentralen Aufgaben des Schenotdels, Frauen lesen und schreiben beizubringen.
Die Revolutionen im Westen endeten in Niederlagen. Damit blieb die Revolution im extrem rückständigen Russland isoliert, was zur Degeneration der Revolution und zum Aufkommen des Stalinismus führte. Aufgrund der materiellen Not konnte sich die konservative Strömung um Stalin durchsetzen, die sich später zur konterrevolutionären Bürokratie entwickelte. Die Arbeiterdemokratie wurde zunichtegemacht.
Dies traf besonders die Frauen. Die stalinistische Bürokratie setzten die alten bürgerlichen Familienvorstellungen wieder durch. Das Programm zur Vergesellschaftung der Hausarbeit wurde aufgegeben, Hausarbeit musste wieder durch die Frau innerhalb der Familie erledigt werden. Ein Bild der Frau als «heilige Mutter» wurde zelebriert. 1936 wurde Abtreibung wieder verboten.
Doch die Planwirtschaft und der damit verbundene rasante Aufbau der Sowjetunion ermöglichten trotz allem eine Verbesserung der Stellung der Frau. Die Lebenserwartung von Frauen betrug unter dem Zarismus 30 Jahre. In den 1970ern betrug diese 74 Jahre. Kindersterblichkeit wurde um 90 % reduziert. 1976 befanden sich 12 Millionen Kinder in Kinderkrippen. Ab den 1930er Jahren hat das Bildungsniveau bei Frauen stark zugenommen. In den 60ern absolvierten 49% der Frauen eine höhere Bildung. 1950 gab es bereits 600 Frauen mit einem wissenschaftlichen Doktortitel! Im Jahr 1984 waren es 5’600!
Im Gegensatz zum kapitalistischen Westen gab es in der Sowjetunion einen Bruch mit den «traditionellen» Gender-Stereotypen bei der Arbeit. Viele Frauen waren in der Forschung, Industrietechnik und als Ärztinnen tätig. Die Sowjetunion beweist, dass die Planwirtschaft sogar trotz der Diktatur der tyrannischen stalinistischen Bürokraten noch weitaus besser ist für Arbeiterinnen als der Kapitalismus mit seiner Anarchie des Marktes! Stellen wir uns nur vor, was eine sozialistische Planwirtschaft mit einer echten sozialistischen Arbeiterdemokratie bedeuten würde! Und dazu noch auf der Grundlage der heutigen, deutlich weiter entwickelten Wirtschaft!
Über 100 Jahre nach der Russischen Revolution ist die Befreiung der Frau immer noch eine der brennendsten politischen Fragen. Die organische Krise des Kapitalismus droht die ganze Welt in den Zustand der Barbarei zurückzuwerfen. Frauen und Kinder werden als Erste getroffen. Dies führt zu einem Wiederaufflammen der Frauenbewegung auf globaler Ebene. Auch in der Schweiz, die in der Frauenfrage besonders reaktionär ist, haben wir 2019 einen historischen Frauenstreik erlebt.
Doch die reformistische Symbolpolitik der kleinbürgerlichen Feministen hat die Bewegung in eine Sackgasse geführt. Ausser mehr «Repräsentation» im Parlament wurde nichts erreicht. Im Gegenteil, die Bürgerlichen haben den Angriff auf das Frauenrentenalter durchgeboxt, die Lohnungleichheit, Altersarmut und Gewalt an Frauen nehmen seit 2019 zu. Wir müssen der Realität ins Gesicht blicken und Konsequenzen aus dem Scheitern der Symbolpolitik ziehen: Wir brauchen eine sozialistische Revolution! Dafür brauchen wir die marxistische Theorie, die uns zum Handeln anleitet. Das beweist das beeindruckenste Ereignis der Geschichte, die grandiose Russische Revolution von 1917!
Den Marxisten wird von Feministen oft vorgeworfen, sich nicht um die Stellung der Frau zu kümmern. Diese Behauptungen sind komplett haltlos. Seit Marx und Engels waren die Marxisten die entschiedensten Kämpfer für die Frauenbefreiung. Sie haben die Theorie entwickelt, die uns eine echte Erklärung liefert, wo die Frauenunterdrückung herkommt und was wir tun müssen, um sie zu überwinden.
Lenin und die Bolschewiki haben die marxistische Theorie 1917 in die Praxis umgesetzt: Sie haben die Frau vor dem Gesetz gleichgestellt, sie haben versucht, die Frau von ihrer Stellung als Haussklavin zu befreien und sie haben Frauen in der sowjetischen Gesellschaft bewusst gefördert und gebildet. Kein einziges kapitalistisches Land hat jemals vergleichbare Massnahmen für die Frauen umgesetzt! Die Bolschewiki bewiesen in der Praxis, dass die marxistische Methode den Weg zur wirklichen und vollständigen Befreiung der Frau weist! Das ist das Erbe der Marxisten und darauf sind wir stolz.
Die Aufgaben, die sich uns heute stellen, sind die gleichen wie die der Revolutionäre in Russland vor 106 Jahren. Aber wir haben eine bessere Ausgangslage. Die meisten Länder der Welt sind entwickelter als Russland damals. In einem Grossteil der Länder sind die Frauen ein aktiver Teil der Arbeiterklasse und haben bereits ein höheres Bildungsniveau. Weltweit, von Sri Lanka bis Frankreich, sehen wir, wie die Arbeiterklasse ihr stolzes Haupt erhebt und anfängt, gegen die Kapitalisten zu kämpfen. Die kämpfenden Frauen und Männer dieser Klasse sind der Schlüssel für unsere Zukunft. Eine Zukunft, die frei ist von Unterdrückung jeglicher Art.
S. Varela, Bern
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