Im Kanton Zürich sollen jährlich rund 50 Millionen Franken in der Bildung gespart werden, davon sind die Mittelschulen mit Einsparungen in Höhe von 18 Millionen am stärksten betroffen. Schon früh hat sich ein breites Bündnis aus diversen Schulleitungsverbänden, Schülerorganisationen und Gewerkschaften gegen diese Sparmassnahmen gebildet. Ziel dieses Bündnis war es, am 13.1. einen „Tag der Bildung“ auszurufen, an dem tagsüber besonderer Unterricht, Podiumsdiskussionen etc. und gegen Abend eine Kundgebung stattfinden sollten. Ausserdem erstellte dieses „Tag der Bildung“ Komitee“ ein Manifest der Bildung, welches schon von über 17‘000 Personen unterzeichnet wurde. Gleichzeitig rief die Gruppe „Kämpfen für Bildung“, ein Komitee verschiedener linker Organisationen, in den Sozialen Netzwerken zu einer Nachdemonstration auf. Dieser radikalere Ansatz wurde vom Komitee „Tag der Bildung“ als Bedrohung wahrgenommen, da in ihrem Verständnis eine unbewilligte Demonstration ihr Anliegen, den „Dialog mit der Gesellschaft“ zu suchen, gefährden würde. So schreibt das „Tag der Bildung“ Komitee in einer Medienmitteilung (11.1.16): „Die geplante Aktionen haben eine Dynamik entwickelt, die den Verein Zürcher Bildung gezwungen hat, die Lage neu zu beurteilen. Nach Einschätzung des Risikos und nach Rücksprache mit den Fachleuten der Polizei sieht er sich nicht mehr in der Lage, die Verantwortung für diesen Anlass zu übernehmen.“
Zur Frage der Eskalation
Für die Veranstalter war ein zentraler Grund für die Absage der Kundgebung die Gefahr der Eskalation. Dies scheint auf dem ersten Blick auch sehr verständlich, niemand möchte ein Kind in einer Pfefferspraywolke. Eine Veranstaltung, die in sich die Garantie eines eskalationsfreien Ablaufs trägt, gibt es nicht. Von Anfang an wurde den Organisatoren der Nachdemonstration Gewaltbereitschaft unterstellt, obwohl diese bei jeder Gelegenheit zum friedlichen Protest aufriefen. Betrachten wir die Eskalation an vergangenen Demonstrationen in Zürich, sehen wir, dass diese oft von Seiten der Polizei provoziert wurde. Da sich die Veranstalter ausführlich mit Fachleuten der Polizei beraten hatten, ist es auch nicht überraschend, dass sie die Kundgebung absagten. Wie sich im Nachhinein herausgestellte, war diese Angstmacherei auf keine Weise gerechtfertigt.
Obwohl das „Tag der Bildung“ Komitee ihre Forderungen darauf abstütze, eine möglichst breite Masse anzusprechen und mit der „Gesellschaft den Dialog“ zu führen, beschränkte sich ihre Offenheit gerade mal gegen Mitte/Rechts. Die Distanzierung nach Links hat nicht nur mit einem politischen Entscheid zu tun, sondern wurde auch massgeblich durch den Druck der Polizei herbeigeführt. So wurden die Veranstalter sicherlich dadurch eingeschüchtert, dass die Polizei behauptete, die Sicherheit der SchülerInnen könne nicht gewährleistet werden. Dies ist eine absurde Behauptung angesichts der Tatsache, dass zu keiner Zeit zu Gewalt aufgerufen wurde. Wer zu einem Protest aufruft, darf sich nicht wundern, wenn Menschen kommen. Dass SchülerInnen und Gruppierungen anfangen, sich um ein Thema zu organisieren, liegt in der Dynamik eines jeden Protests. Dies zeigt die Bereitschaft der Jugendlichen, sich zu radikalisieren, zu organisieren und etwas gegen die bestehenden Missstände zu unternehmen.
Der Rückzieher des Komitees wundert bei Betrachtung dessen Zusammensetzung nicht. Bestehend aus diversen Verbänden und Gewerkschaften, werden in ihm selbst unterschiedliche Interessen vertreten. So stehen beispielsweise die Rektoren der Gymnasien unter einem anderen Druck als der VPOD. Dieser stellte sich klar gegen den Entscheid, die Kundgebung abzusagen. Nicht weil er gewalttätige Demonstrationen unterstützt, sondern weil die Gewerkschaft genügend Erfahrung hat, um die Hetze und die Lügen der Medien, der Schulleitungen und der Polizei als solche zu erkennen.
Wie weiter?
Trotz den Einschüchterungsversuchen und den Diffamierungen gegen die Organisatoren der Demonstration, versammelten sich 600 SchülerInnen, LehrerInnen und AktivistInnen gegen den Bildungsabbau auf dem Bürkliplatz. Die Stimmung war laut und kämpferisch, jedoch zu keinem Zeitpunkt agressiv oder gewaltätig. Dies obwohl die Polizei mit Wasserwerfern und bis auf die Zähne bewaffneten Robocops den Demonstrationszug belagerte und mehrmals aufhielt. Das heraufbeschworene Schreckenszenario von gewalttätigen Extremisten war in der Realität nicht mehr als eine Demo von Jugendlichen, welche sich im Kampf gegen die Sparmassnahmen auf der Strasse Gehör verschaffen wollten. Trotz der erfolgreichen Demonstration bleibt jedoch ein bitterer Nachgeschmack. Sehr viele LehrerInnen und SchülerInnen blieben zu Hause, weil sie der Lügenkampagne glauben schenkten. Dieses Ersticken einer möglichen und schon lange fälligen Protestbewegung im Keim, ist der grösste Vorwurf, der an das „Tag der Bildung“ Komitee gerichtet werden muss.
Natürlich dürfen wir keine Illusionen darin haben, dass mit einer grossen Kundgebung letzten Mittwoch die Sparpakete abgewendet worden wären. Dies wird übrigens genau so wenig über den von offizieller Seite des Komitees angepriesenen „Dialog“ geschehen. Um wirklichen Druck aufzubauen, ist eine Organisierung der SchülerInnen, StudentInnen, Lehrpersonen und auch Eltern von grundlegender Notwendigkeit. Diese verbunden mit der Überzeugung, dass es bei unserem Kampf nicht nur um isolierte Anliegen geht, sondern darum, aus der Defensive zu kommen und sich für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen, in welcher eben auch Bildung den Platz findet, den sie verdient.
Erste Schritte in diese Richtung wurden schon gemacht, SchülerInnenkomitees gegen den Bildungsabbau wurden gegründet. Diesen Weg müssen wir weiter gehen.
In Zürich und Winterthur sind bereits Treffen organisiert, an welchen wir besprechen werden, wie es weitergehen soll. Wir hoffen, möglichst viele von Euch dort anzutreffen.
Zürich: Sa. 16.1.2015, 19.00 Uhr, Sihlquai 125, 8004 Zürich
Winterthur: Mi. 20.1.2015, 19.00 Uhr, UNIA, Lagerhausstrasse 6, 8400 Winterthur
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