Die russischen und die westlichen Imperialisten vergiessen weiterhin Arbeiterblut in ihrem rücksichtslosen Kampf um die Vorherrschaft in Osteuropa. Der Krieg in der Ukraine ist ein Vorgeschmack auf die brutalen Gemetzel, die sich die Imperialisten-Blöcke in der nächsten Periode vermehrt liefern werden. Deshalb müssen wir lernen, die Kriegspropaganda unserer herrschenden Klasse zu durchschauen.
Die USA kündigten kürzlich eine weitere tödliche Hilfslieferung in Höhe von 8 Milliarden Dollar an, um den Krieg in der Ukraine zu verlängern. Auch wenn längst klar ist, dass die Ukraine verloren hat, ist ein Teil der westlichen Imperialisten fest entschlossen, bis zum letzten Tropfen ukrainischen Blutes zu kämpfen. In der Zwischenzeit hat Selenskyj aus eigenen politischen Interessen eine neue, blutige Front in Kursk eröffnet, als würde er im Casino alles auf rot setzen.
Das einzige Ergebnis von all dem wird weiterer Tod und Zerstörung sein. Mehr denn je wird klar, dass Lenin Recht hatte: Der Kapitalismus ist «ein Schrecken ohne Ende».
Im März 2022 schlug die Ukraine bei den Verhandlungen mit Russland in Istanbul vor, «einen neutralen Status im Austausch für Sicherheitsgarantien anzunehmen», was eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine im Grunde ausschliessen würde. Laut Dawyd Arachamija, einem Mitglied von Selenskyjs Partei, war Russland auf dieser Grundlage «bereit, den Krieg zu beenden».
Aufgrund des Drucks des Westens wurde die Ukraine jedoch dazu gedrängt, diese Gespräche abzubrechen. Victoria Nuland, die damalige Sprecherin des US-Aussenministeriums, erklärte, dass die Ukrainer während der Verhandlungen zu «Konsultationen» in die USA kamen. Dort, so Nuland, habe man ihnen unmissverständlich mitgeteilt, dass die USA ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine nicht unterstützen würden. Das heisst effektiv, sie haben die Gespräche sabotiert. All das, obwohl die USA keine Absichten hatten, die Ukraine in die NATO aufzunehmen.
Nach Ansicht der USA müssen die Palästinenser eine Entmilitarisierung akzeptieren, während aber dasselbe Vorgehen für die Ukraine falsch wäre. Das liegt daran, dass den westlichen Imperialisten die nationale Souveränität völlig egal ist. Nachdem sie den Krieg provoziert hatten und versucht hatten, die Ukraine in ihren eigenen Herrschaftsbereich zu ziehen, waren die westlichen Imperialisten froh, dass der Krieg weiterging, um Russland zu schwächen, wie der US-Verteidigungsminister selbst zugab:
«Wir wollen Russland so weit geschwächt sehen, dass es die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann.»
Damit meinte er nicht, dass die USA Russland daran hindern wollten, Tod und Zerstörung zu verursachen, wie es der Krieg in der Ukraine getan hat. Er meinte vielmehr, dass sie Russland so weit schwächen wollen, dass es den US-Imperialismus in Zukunft nicht mehr herausfordern könnte, falls dieser weiter in Russlands Einflussbereich eindringen würde.
Zweieinhalb Jahre später gibt es Hunderttausende von ukrainischen Opfern und noch viel mehr zerstörte Leben. Die Lage an der Front ist entsetzlich. Die britische Wochenzeitung The Economist zitierte kürzlich einen Soldaten, der erklärte, wie kürzlich einige unerfahrene Verstärkungen an die Front geschickt wurden: «Innerhalb von drei Tagen wurde aus 100 [Soldaten] Null. Einige rannten, einige fielen.» Unschuldige Ukrainer werden für einen Krieg in den Tod geschickt, der nicht gewonnen werden kann.
Selenskyjs letzte Verzweiflungstat, der Ausbruchsversuch in russisches Territorium, scheiterte kläglich. Tatsächlich hat die Offensive in Kursk nur dazu geführt, dass der russische Vormarsch beschleunigt wurde. Die Eröffnung einer zweiten Front schwächt die Ukraine militärisch, erhöht die Zermürbungsrate der Truppen und des Materials und dünnt die Front immer weiter aus – alles nur für eine kurze politische Kampagne.
Selenskyjs «Siegesplan» umfasst Berichten zufolge einen «Rückzug aller russischen Truppen, die Wiederherstellung der postsowjetischen Grenzen der Ukraine und Mittel, um Russland für seine Invasion zur Rechenschaft zu ziehen». Es ist die Rede von «Sicherheitsgarantien, die mit dem gegenseitigen Verteidigungspakt der NATO-Mitgliedschaft vergleichbar sind», von «spezifischen» modernen Waffen und internationaler Hilfe. Mit anderen Worten: Selenskyj schlägt eine totale Niederlage für Russland vor.
Diese Vorschläge entsprechen jedoch nicht dem derzeitigen Kräfteverhältnis. Julian Repke, ein Militäranalyst, beschreibt die Situation in der Bildzeitung:
«Die ukrainischen Soldaten, mit denen ich gesprochen habe, können die Katastrophe, die sich abspielt, kaum begreifen. Teilweise gingen Gebiete so schnell verloren, als wäre ein Rückzugsbefehl gegeben worden.»
Es überrascht nicht, dass diese Situation bei vielen Truppenangehörigen eine Stimmung der Wut und der Abscheu hervorgerufen hat. Ein Soldat, der sich Saigon nannte, erklärte, die ukrainischen Soldaten fühlten sich wie «machtlose Leibeigene»:
«Chaos, Korruption, Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit, Gleichgültigkeit und Gesetzlosigkeit stehen in voller Blüte. Die Menschen sehen, dass nur Fussgänger und Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel eingezogen werden… Nach den Russen hassen die ukrainischen Soldaten ihre eigene, realitätsferne Führung am meisten.»
Das ukrainische Militär hat sich also darauf beschränkt, Menschen von der Strasse und aus Bussen zu reissen, sie nur wenig auszubilden und sie dann zum Sterben an die Front zu schicken. Das soll Selenskyjs «Siegesplan» sein.
Die ukrainische Armee scheint am Rande des totalen Zusammenbruchs zu stehen. Es ist so schlimm geworden, dass selbst hochrangige NATO-Vertreter zugeben, dass es «militärisch unrealistisch» sei, die russischen Truppen aus der Ukraine zu vertreiben.
Aus diesem Grund heisst es, der Westen dränge die Ukraine nun, einen «realistischen und pragmatischen» Plan für den Krieg zu entwickeln. Das Wall Street Journal erklärt, dass für einen tatsächlichen Sieg «Hunderte von Milliarden Dollar an Unterstützung» erforderlich wären, was «weder die USA noch Europa leisten können». Die westlichen Imperialisten finanzieren die Ukraine ausreichend, um den Krieg aufrechtzuerhalten, aber nicht, um ihn zu gewinnen. Währenddessen befiehlt Selenskyj seinen Truppen weiterzukämpfen. Mit jedem Toten klebt noch mehr Blut an den Händen dieser Menschen.
Die Stimmung in der Ukraine hat sich ebenfalls geändert. Laut einer aktuellen Umfrage befürworten 57 % der Ukrainer Friedensverhandlungen mit Russland. Die Umfragezahlen geben jedoch noch kein Gefühl für die extreme Wut einiger Ukrainer. Vor ein paar Monaten schrieb Wladislawa Rogowenko, eine Bloggerin mit Millionen von Abonnenten:
«Lasst den Clown gehen und verhandelt den Frieden. Genug der unschuldigen Toten und des Grauens. Wie lange soll das noch so weitergehen? Meine Wut kennt keine Grenzen. Ich hasse die Macht auf beiden Seiten.»
Wie viele andere, die den Krieg öffentlich in Frage stellten, wurde auch sie beschuldigt, Teil eines russischen Komplotts zu sein, und erhielt Besuch von den Sicherheitsdiensten der Ukraine.
Das ukrainische Volk wurde für die Interessen des US-Imperialismus zur Kasse gebeten. Der ukrainische Staat hat mit einer «Finanzierungslücke» von 35 Milliarden Dollar im Jahr 2025 das grösste Haushaltsdefizit der Welt. Um das zu finanzieren, drängt der internationale Währungsfonds auf Sparmassnahmen, einschliesslich einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei bis vier Prozent und einer Abwertung der Währung. Die Regierung kommt dem gerne nach und friert alle Sozialleistungen ein, obwohl die Inflation derzeit bei 7,5 Prozent liegt.
Nach all den Erklärungen der westlichen Imperialisten, dass sie «an der Seite der Ukraine stehen», entblössen sie sich hier als die Zyniker, die sie in Wirklichkeit sind. Die Fortsetzung des Krieges um die Ukraine bedeutet unfassbare Schulden und ein massenhaftes Abschlachten der Bevölkerung in einem Kampf, der nicht zu gewinnen ist. Und selbst wenn die Ukraine wie durch ein Wunder siegreich aus diesem Kampf hervorgehen sollte, würde sie faktisch als Vasall des westlichen Imperialismus zurückbleiben – so viel zu einem Krieg zur Verteidigung der «nationalen Souveränität».
Trotz alledem kämpft Selenskyj weiter. Der Grund dafür ist klar. Wie der politische Analyst Oleksij Kovzhun betont, würde die Abgabe ukrainischen Territoriums für Selenskyj einen «politischen Selbstmord» bedeuten. Um seine politische Karriere zu retten, schickt Selenskyj seine Leute in den Tod.
Immer wieder wird behauptet, dass es unmöglich sei, mit Putin zu verhandeln, da dieser «russische Hitler» in seinem Bestreben, Europa zu beherrschen, jede Vereinbarung brechen würde. Es gibt jedoch einen klaren Rahmen, der ein Ende der Kämpfe ermöglichen würde:
Im Juni wies Putin darauf hin, dass die Kämpfe aufhören würden, wenn die Ukraine ihre Streitkräfte aus den vier Provinzen, die Russland beansprucht, zurückziehen und von NATO-Mitgliedschaft absehen würde
Hätten die USA nicht versucht, die Ukraine in ihre Einflusssphäre zu ziehen, hätte Russland keinen Grund gehabt, diesen Krieg zu beginnen. Wenn der Westen der Ukraine also die NATO-Mitgliedschaft verweigert und die militärische Unterstützung einstellt, kann der Krieg beendet werden.
Das wirkliche Kalkül der russischen herrschenden Klasse wird von der kapitalistischen Presse und den Politikern im Westen bewusst verschleiert. Sie versuchen stattdessen, den Krieg als einen epischen Kampf zwischen Gut und Böse darzustellen. Sie zeichnen ein immer grelleres und absurderes Bild des russischen Expansionismus, der ganz Europa beherrschen will.
Wie wird das Ganze enden? Mit Selenskyjs Siegesvorschlag, der von den fanatischsten Kriegsbefürwortern im Westen unterstützt wird, ganz bestimmt nicht.
Diese Personen wollen aufgrund eigener Interessen unbedingt den Krieg aufrechterhalten. Wenn diese widerlichen Kreaturen wollen, dass die Kämpfe weitergehen, warum gründen sie nicht eine Fremdenlegion und ziehen selbst in den Kampf?Es ist so gut wie sicher, dass Russland seine wichtigsten Kriegsziele erreichen wird. Aber die Imperialisten haben keine Skrupel, den Konflikt in die Länge zu ziehen, auch wenn es Millionen Menschenleben kostet, nur um ihren eigenen Fall abzufedern. Am Ende wird der Preis für diesen Krieg, wie bei allen imperialistischen Kriegen, der Arbeiterklasse und den Armen aufgebürdet. Die einzige Möglichkeit, diesen barbarischen Zustand ein für alle Mal zu beenden, ist die Abschaffung des kapitalistischen Systems, das die Ursache für alle Kriege, Armut, Unterdrückung und Leiden ist.
Nordamerika — von Alan Woods, marxist.com — 27. 11. 2024
Europa — von Emanuel Tomaselli, RKI Österreich — 16. 11. 2024
Berichte & Rezensionen — von Die Redaktion — 15. 11. 2024
Nordamerika — von der Redaktion — 13. 11. 2024