Inwiefern sind Frauenunterdrückung und Umweltverschmutzung verbunden? Diese Frage ist entscheidend, um die aktuellen Kämpfe vereinen und schliesslich gewinnen zu können.
Aktuell treiben die Frauenunterdrückung und die Umweltverschmutzung tausende Menschen regelmässig auf die Strassen. Dies ist kein Zufall: Zwei Drittel der Frauen wurden in der Schweiz in den letzten 12 Monaten in der Öffentlichkeit belästigt. Ein neuer Klimabericht gibt an, dass die mittlere Temperatur bis 2052 um 1,5 Grad ansteigen wird. Der Welt, und den Menschen, die darin leben, geht es schlecht. Es handelt sich um eine Krise des weltweiten Wirtschafts- und Sozialsystem, des Kapitalismus.
Gratis Geschenke
Der Kapitalismus ist ein weltumspannendes System, das zunehmend in alle natürlichen und sozialen Lebensbereiche eindringt. Dies liegt am sogenannten Akkumulationstrieb, dem «Trieb der Kapitalisten»: Damit ein Kapitalist in der Konkurrenz nicht untergeht, muss er möglichst viel Kapital anhäufen (akkumulieren), um immer grössere Investitionen zu tätigen und schliesslich immer fettere Profite einzustreichen.
Für die Bedürfnisse der Menschen und der Natur bleibt da kaum Platz. Der springende Punkt dabei ist, dass sowohl Mensch als auch Natur für die Kapitalisten überlebenswichtig sind.
Ohne menschliche Arbeit können keine Waren produziert und keine Profite erzielt werden. Die Arbeitskraft muss jedoch reproduziert werden – sowohl täglich (essen, schlafen, Hygiene), als auch längerfristig (Erziehung von Kindern und damit neuen Arbeitskräften). Diese Reproduktion wird im Kapitalismus mehrheitlich durch die unbezahlte Hausarbeit der Frauen garantiert.
Genauso wie die Hausarbeit werden auch die natürlichen Ressourcen von den KapitalistInnen als gratis Geschenk angesehen. Zwar ist es offensichtlich, dass Menschen in die Natur eingreifen müssen, um zu überleben. Wir entnehmen der Natur Steine, um unsere Häuser zu bauen; und wir beackern den Boden, um zu essen.
Doch durch den unbändigen Akkumulationstrieb der KapitalistInnen wird der menschliche Eingriff in die Natur zerstörerisch. So wurden die ersten ökologischen Krisen im Kapitalismus durch raffgierige Abholzung und Bodenverschmutzung ausgelöst. Heute haben riesige Klimakatastrophen bereits eingesetzt oder stehen kurz bevor.
Sexismus, Plünderung, Krise
Das Problem ist der Kapitalismus selbst: Jeder einzelne Kapitalist ist nur an seinen eigenen Profiten interessiert. Daraus ergibt sich, dass diese Profite zwingend kurzfristig erzielt werden müssen, ansonsten schnappt sich ein anderer Kapitalist den Markt. Für nachhaltige Planung bleibt im Kapitalismus kein Platz.
Anders gesagt: Der Kapitalismus erlaubt es der Natur nicht, sich nachhaltig zu reproduzieren. So wird die Natur – und damit auch die natürliche Lebensgrundlage der Menschen – ernsthaft gefährdet.
Dies hat verheerende Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Menschen sowie die Beziehungen zwischen Menschen und Natur. Im Kapitalismus ist die Frau durch Haus- und Lohnarbeit einer grossen Doppelbelastung ausgesetzt. Ihre Hauptverantwortung für die unbezahlte Hausarbeit, die Lohnungleichheit und Teilzeitarbeit stellt sie in Abhängigkeit zum Mann. Aus dieser Situation können unterschiedlichste, durch tiefsten Sexismus vergiftete Geschlechterverhältnisse entstehen.
Ferner ist das Verhältnis der Kapitalisten zur Natur geprägt durch Gleichgültigkeit und Plünderung. Als Einzelperson hat man darauf eigentlich keinerlei Einfluss.
Die Aggressivität der Kapitalisten verschärft sich in Krisenzeiten, das heisst, wenn die «Wirtschaft schlecht läuft» und sich die Profitbedingungen verschlechtern. Dies sehen wir heute ganz deutlich: Immer mehr Bereiche der Natur werden den Profitmechanismen ausgesetzt, indem sogar ein Grundelement wie Wasser privatisiert wird. Ein weiterer Ausdruck sind Sparmassnahmen, beispielsweise Kürzungen in Bildungs- und Gesundheitsbudgets. Dies trifft Frauen besonders hart, schliesslich müssen so wieder vermehrt Reproduktionsaufgaben in der Familie erledigt werden.
Die Rolle der Arbeiterklasse
Der Kapitalismus hat also ein zutiefst gestörtes Verhältnis zur Reproduktion: Die Kapitalisten versuchen die Kosten der Reproduktion der Menschen auf die Menschen selbst abzuwälzen. Und die blinde Kapitalakkumulation gefährdet die Reproduktion der natürlichen Lebensgrundlage der Menschen selbst. Sowohl für die Ökologie, als auch für die Frauenbefreiung steht das gleiche Hindernis im Weg: Die Kapitalisten und ihr System, ihr Staat und ihre Regierungen.
Doch diese Feststellungen sind für uns MarxistInnen nicht ausreichend. Wir begnügen uns nicht damit, Ausbeutung und Unterdrückung «sichtbar» zu machen. Dies alleine ist noch keine Verbesserung. Wir wollen auch aufzeigen, wie dieser rücksichtslose und zerstörerische Kapitalismus gestürzt werden kann!
Genau hier liegt die klar wichtigste Gemeinsamkeit zwischen dem Frauen- und dem Klimakampf. Die allermeisten Menschen sind heute Teil jener sozialen Kraft, welche dieses ausbeuterische System zu Fall bringen könnte: der Arbeiterklasse. ArbeiterInnen haben ihre Hände täglich an den Computern, Maschinen und Lastwagen. Genau sie hätten die Macht, den Kapitalisten die Kontrolle über die Produktion zu entziehen. Und dies ist dringend notwendig!
Heute werden durch die hochentwickelte Technik und Wissenschaft immense Reichtümer geschaffen. Doch im Kapitalismus fallen diese Reichtümer in Form von Profiten in die Hände einiger wenigen Kapitalisten – und werden nicht dazu genutzt, die Bedürfnisse der Menschen und der Natur zu befriedigen.
Wir MarxistInnen kämpfen für ein System – den Sozialismus – in welchem gemeinsam beschlossen wird, wie und was produziert wird: Eine demokratische Planwirtschaft, die sich nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen und der Natur ausrichtet.
Wir könnten die nötigen Investitionen tätigen, um radikal auf erneuerbare Energien umzusteigen. Wir könnten ein flächendeckendes Krippen- und Betreuungsnetz aufbauen und die Arbeitszeit drastisch verkürzen, was die Familien und die Frauen grösstenteils von der Last der Hausarbeit befreien würde. Wir könnten die Medien und die Bildung kontrollieren und so selber entscheiden, welche Ideen gelehrt und verbreitet werden.
Teil-Kämpfe gegen den Kapitalismus vereinen!
Selbstverständlich ist der Sozialismus nicht automatisch «grün» oder frauenbefreiend. Doch im Kampf für den Sozialismus geht es um Selbstbestimmung, in den Betrieben, in den Quartieren und Gemeinden. Nur mit dem Sozialismus geben wir uns die Mittel in die Hand, um auf harmonische Beziehungen zwischen den Menschen und mit der Natur hinzuarbeiten.
Doch heute fehlt die Partei, welche die Notwendigkeit des Sozialismus aufzeigen kann. Daher brechen insbesondere in der Schweiz momentan vor allem Teilkämpfe zu spezifischen Themen aus, und noch kein allgemeiner Kampf für ein neues System. Der Kampf gegen den Kapitalismus kennt tatsächlich verschiedene Facetten, die jedoch Teil des gleichen Kampfes gegen den Kapitalismus sind. Insofern haben die einzelnen Kämpfe einen klaren gemeinsamen Nenner: Die Arbeiterklasse als entscheidender Akteur, organisiert durch ein sozialistisches Programm!
Nordamerika — von Alan Woods, marxist.com — 27. 11. 2024
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