Die International Marxist University war die bis dato grösste Veranstaltung in der Geschichte der IMT. An vier Tagen wurde diskutiert, welche Ideen uns im Kampf gegen den Kapitalismus weiterbringen können – und welche nicht.
Von Eritrea bis Kanada, von Pakistan, Brasilien bis Deutschland: Mit fast 6’500 TeilnehmerInnen aus 115 Ländern war die International Marxist University die grösste Veranstaltung in der Geschichte der International Marxist Tendency (IMT), zu der auch Der Funke gehört. Die TeilnehmerInnenzahl zeigt das weltweit wachsende Interesse an den Ideen des Marxismus. Die grosse Unterstützung und den Enthusiasmus zeigte sich auch in der beachtlichen Spendensammlung, bei der fast 280’000 Euro für den Aufbau der IMT gesammelt wurden.
Die IMU stand ganz im Zeichen der Verteidigung des Marxismus gegen eine Reihe von Ideen, die sich zwar als neu und radikal präsentieren, aber den Massen im Kampf gegen den Kapitalismus nichts bieten können. Der Startschuss fiel am Samstag mit dem Referat von Alan Woods zur aktuellen Weltlage. Er zeigte auf, wie die Coronapandemie den bereits zuvor am Abgrund stehenden Kapitalismus in seine tiefste Krise stürzte und zu Elend und Massenarbeitslosigkeit überall auf der Welt führte. Wie brutal die Coronakrise gerade die ärmsten Länder trifft, wurde in den Berichten von u.a. Adam Pal von Lal Salaam, der pakistanischen Sektion der IMT, klar. Dort erleben Millionen von Menschen, die bereits zuvor in bitterster Armut lebten, mit dem Zusammenbruch der Wirtschaft und des Gesundheitssystems, dass der Kapitalismus «Horror ohne Ende» bedeutet. Das führte allen Teilnehmenden vor Augen, wie dringend der Sturz dieses Systems ist. Oder wie es Alan Woods ausdrückte:
Damit die Menschen leben können, muss der Kapitalismus sterben.
Das Elend des Reformismus…
Gerade in dieser tiefen Krise zeigt sich, welche Ideen völlig unfähig sind, einen Ausweg zu bieten. Dass die Krise des Kapitalismus auch diejenige des Reformismus ist, legte Niklas Albin Svensson in seinem Referat dar. ReformistInnen verstehen nicht, dass die Zugeständnisse an die Arbeiterklasse der Vergangenheit immer an den wirtschaftlichen Boom gekoppelt war und Reformen ohne Kampf in Krisenzeiten zur völligen Utopie werden. In ihrem sturen Festhalten am kapitalistischen System sind die sozialdemokratischen Parteien in den letzten Jahrzehnten nicht nur zur Bremsen der Arbeiterbewegung geworden, sondern haben als ergebene Manager dieses Systems die Konterreformen der Bürgerlichen ausgeführt.
Eng verwandt mit dem Reformismus ist der Pazifismus, der von Ben Gliniecki von der britischen IMT-Sektion Socialist Appeal in einem weiteren Workshop behandelt wurde. Mit der abstrakten Gleichsetzung der Gewalt der Unterdrückten und der Unterdrückenden verurteilt der Pazifismus die Massen schlussendlich zum stillen Erdulden der brutalen Gewalt des Kapitalismus.
Andere Workshops drehten sich um die Unterschiede zwischen Marxismus auf der einen sowie Anarchismus und Sektierertum auf der anderen Seite. Letztere entstehen aus einer berechtigten, aber überzogenen Kritik des Reformismus, gegen den sie sich allerdings nur durch Verbalradikalismus abgrenzen. MarxistInnen hingegen sehen die Notwendigkeit, mit den revolutionären Ideen auf die ArbeiterInnen zuzugehen, die noch Illusionen in die Reformierbarkeit des Kapitalismus haben.
...und des Postmodernismus
In weiteren Workshops zum Postmodernismus, dem Queerfeminismus, der Intersektionalität sowie dem Postkolonialismus wurden auch die Eignung dieser akademischer Theorien im Kampf für die Befreiung der Menschheit unter die Lupe genommen.
Diese radikal klingenden Theorien schreiben sich den Kampf gegen die verschiedensten Unterdrückungsformen auf die Fahne. Allerdings können sie diese lediglich beschreiben, scheitern aber daran, deren zugrundeliegende Ursachen zu erkennen. «Wenn aber Unterdrückung von ihrer materiellen Basis getrennt wird, verliert man die Fähigkeit dagegen anzukämpfen», wie Fiona Lali von der Marxist Student Federation erklärte.
All diese akademischen Ideen haben eines gemeinsam: Sie stellen Unterdrückung, Diskriminierung und die Klassengesellschaft als Phänomene dar, die schon immer da gewesen sind. Sie naturalisieren so die Unterdrückung und reproduzieren die rassistischen und sexistischen Spaltungen. Wenn sie nicht vor Pessimismus triefen, dann haben sie lediglich subjektivistische und idealistische Lösungen anzubieten. Jede Gruppe soll für sich selber kämpfen, wobei dieser Kampf auf einer rein symbolischen Ebene bleibt.
Für MarxistInnen hingegen ist klar: Nur die vereinigte Arbeiterklasse kann all diese Unterdrückungsformen effektiv bekämpfen. Diese waren nicht schon immer da, sondern haben ihre materielle Grundlage in der Klassengesellschaft. Wir stehen für den Kampf gegen jegliche Unterdrückungsformen. Aber dieser muss auf einer Klassenbasis geführt werden. Durch die Erfahrungen des gemeinsamen Kampfes lernen die Massen, die Spaltungen zu überwinden.
Marxismus als Waffe
Auch wenn der Name Marxist «University» etwas anderes suggeriert: Die vier Tagen waren keine akademische Übung. Die Beschäftigung mit Theorie und der Geschichte ist für MarxistInnen keine intellektuelle Spielerei, sondern die Ausrüstung mit den richtigen Ideen für die kommenden Kämpfe. Nur mit einem wissenschaftlichen Verständnis der Welt können wir diese bewusst verändern. Um die korrekten Ideen zu einer materiellen Macht werden zu lassen, müssen wir sie in die Massen tragen. Die International Marxist University war ein weiterer Meilenstein beim Aufbau einer revolutionären Organisation, die fähig ist, diese Aufgabe zu bewerkstelligen.
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