Am 22. Juni haben die ArbeiterInnen von Swissport ihren Krisen-GAV aufgekündigt. Die Streikandrohung des Bodenpersonals am Flughafen Zürich beweist: Auch in der Schweiz stehen wir am Beginn einer Periode der vermehrten Arbeitskämpfe.
Die ArbeiterInnen von Swissport haben genug von den schlechten Arbeitsbedingungen und den Lügen ihrer Bosse. Sie haben Ende Juni kollektiv beschlossen, den Krisen-GAV zu kündigen. Nun fordern sie mehr als nur eine Rückkehr zur vor-Corona-Situation. Sie verlangen zusätzlich mehr Freitage und einen Teuerungsausgleich – das absolute Minimum! Um das zu erreichen, drohen sie mit Protestaktionen bis hin zum Streik. Das ist genau, was es braucht! Denn nur mit einem Streik können Verbesserungen erkämpft werden.
Die Pandemie sorgte dafür, dass die Flugbranche praktisch über Nacht fast komplett den Betrieb einstellen musste. Auf der ganzen Welt sollten die ArbeiterInnen für die Verluste aufkommen. So auch beim Bodenpersonal von Swissport am Flughafen Zürich. Vor rund einem Jahr wurde ihnen ein Krisen-GAV aufgezwungen: Weniger Lohn, Ferien- und Freitage und längere Arbeitszeiten, begleitet von hunderten Entlassungen. Die Unternehmensführung versprach, nach der Rückkehr zum Normalbetrieb bessere Arbeitsbedingungen zu gewähren. Die Gewerkschaften gingen ihnen auf den Leim und überzeugten die Belegschaft, dem Krisen-GAV zuzustimmen. Selbstverständlich interessiert Swissport heute ihr eigenes Geschwätz von gestern nicht mehr. Der Betrieb wurde wieder hochgefahren, doch die Löhne bleiben tief, die Erholungszeit ist kürzer, die Arbeitslast hat sich deutlich erhöht. Zwar wurden wieder neue Leute eingestellt. Aber es sind zu wenige und sie bringen nicht die nötige Erfahrung mit.
Die gesamte Flugbranche versinkt momentan weltweit im Chaos. Zu den immer schlechteren Arbeitsbedingungen kommt nun auch noch die Inflation dazu. Das Resultat: Streiks in Brüssel, Amsterdam und weiteren Flughäfen, bei Easyjet, Wizzair und anderen Airlines. In den Sommermonaten wird sich die Situation weiter zuspitzen. Die Tendenz in der Schweiz geht in die genau gleiche Richtung, wie wir bei Swissport sehen. Es ist möglich, dass es zu wilden Streiks kommt. Der Sommer der Unzufriedenheit, den wir auf der ganzen Welt beobachten, kommt auch in der Schweiz an.
Auch das Kabinen- und Bodenpersonal der Airline Swiss hat genug von der asozialen Politik des Unternehmens. Dank Sparmassnahmen war sie vor der Pandemie die Cash-Cow der Lufthansa Group (rund eine halbe Milliarde Franken Gewinn pro Jahr). Nun lässt sie die ArbeiterInnen noch stärker für die Rettung ihrer Profite bluten. Das schamlose Vorgehen der Swiss während der letzten zwei Jahre würde alleine zwei Seiten füllen, darum hier nur einige Highlights: Trotz massivem Staatskredit wurden hunderte Stellen gestrichen, Krisen-GAVs ausgearbeitet, die Lohnkürzungen enthielten, den Stress für Besatzungen und Bodenpersonal erhöhten, den 13. Monatslohn strichen, Ferien verkürzten und vieles mehr. Die Impfpflicht wurde vorgeschoben, um noch mehr Personal entlassen zu können. Der enstandene Arbeitermangel führt dazu, dass jetzt FlugbegleiterInnen aus Deutschland aushelfen sollen. Trotzdem muss die Swiss einen beträchtlichen Teil der Flüge im Sommer streichen. Die Swiss ist das perfekte Beispiel für das Chaos, die Anarchie des Kapitalismus. Als Reaktion machen die ArbeiterInnen seit Wochen Druck auf die Gewerkschaften.
Die Antwort der Gewerkschaften ist schwach. Die Kapers (Gewerkschaft des Kabinenpersonals) verteilte einen Zitronen-Anstecker, den viele nun am Kragen tragen, um darauf hinzuweisen, dass sie «ausgepresst» sind. Noch schlimmer ist aber die Rolle des VPOD bei Swissport. Der Gewerkschaftssekretär Stefan Brülisauer lässt sich im Tages-Anzeiger zitieren: «Würden wir sie nicht bremsen, würden die Leute morgen streiken». Die reformistische Gewerkschaftsführung begreift nicht, in welcher Periode wir leben. Die Sozialpartnerschaft hat in der Krise des Kapitalismus absolut keine Basis mehr. Die einzige Art, wie wir die Kapitalisten zu Zugeständnissen bringen können, ist durch Kampf, durch Streik! Es wäre die Aufgabe der Gewerkschaftsführung, genau das aufzuzeigen und die ArbeiterInnen in diesem Kampf zu unterstützen. Die Belegschaft hat die Schnauze voll und will kämpfen!
Die Arbeiterklasse braucht Gewerkschaften, die Kampforgane sind und nicht solche, die sie bremsen und ihnen Krisen-GAVs schmackhaft machen. Deswegen müssen wir dafür kämpfen, dass sich marxistische Ideen in den Gewerkschaften durchsetzen. Wir brauchen eine Demokratisierung der Gewerkschaften. Die ArbeiterInnen müssen selber über ihre Forderungen, Kampfmittel und ihre VertreterInnen entscheiden. Nur so können sie zu einem Programm kommen, für das sie auch bereit sind zu kämpfen.
Die Situation ist überall die gleiche, in der Luft, am Boden, in Zürich, Genf und Basel – überall brodelt es. Statt der Vereinzelung der Kämpfe braucht es Gewerkschaften, die aufzeigen, dass die ArbeiterInnen gemeinsame Interessen haben und diese zusammenführen. Wenn die Gewerkschaften in den aufbrechenden Klassenkonflikten eine hemmende Rolle spielen, ist die Aufgabe klar: die ArbeiterInnen müssen sich ihre Organisationen zurückerobern!
Die Redaktion, Der Funke
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