Für den 15. Dezember 2014 hatten die Gewerkschaften Belgiens einen landesweiten Generalstreik angekündigt – ein durchschlagender Erfolg! Die kapitalistische Maschine wurde effektiv für einen Tag still gelegt. Damit geht der Kampf gegen die Sparmassnahmen der neuen belgischen Regierung in die nächste Runde.
In Belgien bewegte sich einen Tag lang kaum etwas, die grossen Betriebe blieben geschlossen. Eine klare Demonstration der kollektiven Macht belgischer Gewerkschaften und ein klares Signal an die neue Regierung, ihre Sparmassnahmen nicht auf Kosten der Arbeiterinnen und Arbeiter umzusetzen!
Trotz Versuchen der Streikbrechung hielten die vereinten Arbeiterinnen und Arbeiter stand und legten das gesamte Land lahm. So traten an die 10’000 Dockarbeiter in den Streik und legten die Häfen still. Strassen in Brüssel wurden effektiv gesperrt und Streikpostenketten blockierten Logistikzentren und verhinderten so die Belieferung der Ladenketten. In Oost Vlaanderen formten an die 8’000 Arbeiterinnen und Arbeiter Streikposten vor den Fabriken, so viele Betriebe wie noch nie zuvor wurden gesperrt. Vereinzelte Proteste gegen die Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA), die rechtspopulistische und separatistische flämische Partei, wurden aber von der Polizei aufgelöst.
Dieser grösste Generalstreik seit Jahren in Belgien ist die Kulmination einer Welle von Protesten und Streiks gegen die geplanten Sparmassnahmen. Besonders wichtig für den Erfolg: Die Einheit der Gewerkschaften. Die belgischen Gewerkschaften zerfallen zwar in einen christlich-sozialen, sozialistischen und liberalen Block, trotzdem haben sie vereint zusammengestanden und die Aussage der N-VA Lügen gestraft, dass es sich hier um eine parteipolitische Massnahme der Sozialisten handle. Die Solidarität hielt stand trotz einem massiven Polizeiaufgebot von über 12’000 Beamten mit zusätzlicher Unterstützung durch die niederländische Polizei.
Obwohl einer der Hintergründe für den Streikdie der wallonischen Minderheit kaum Mitbeteiligung ermöglichende Regierungskoalition war, sind die oft bemühten Ressentiments in den Streiks nicht sichtbar geworden. Solidarisch kämpften flämische wie wallonische Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die Sparmassnahmen. Leider wurde der nationale Graben im Fernsehen wieder sichtbar, indem das flämische Staatsfernsehen die Streikwelle als parteipolitisch interpretieren wollte, während das wallonische Pendant den Kampf gegen die neue Regierung und ihre Sparpolitik in den Vordergrund rückte.
Der Streik war auch ein Lernfeld für junge Leute, von denen viele durch die Proteste und Streiks radikalisiert worden sind und sich von der Politik enttäuscht abwendeten. Es braucht nun eine Partei, um diese radikale Energie aufzunehmen sowie die kapitalistische Logik zu durchbrechen und zu überwinden. Die wachsende Arbeiterpartei Belgiens könnte in diese Rolle schlüpfen, vor allem, da sich die Sozialistischen Parteien grösstenteils diskreditiert haben. Also stellt sich die Frage, wie die Arbeiterpartei sich in der nächsten Zeit verhalten wird und ob es ihr gelingt, die radikale Energie der enttäuschten Massen aufzunehmen, die zu 80% die Regierung nicht mehr unterstützt. Der eintägige Generalstreik kann die zu Grunde liegenden Probleme jedoch nicht lösen und die Gefahr besteht, dass die gewonnene radikale Energie ins Leere verpufft. Man vergleiche nur die heutige Situation mit derjenigen von 1960/1961, in der in Belgien ein 35-tägiger Generalstreik stattfand! Die Regierung versucht, die Gewerkschaftsführung in Verhandlungen zu binden, doch den Arbeiterinnen und Arbeitern ist klar, dass dies nicht ausreicht. Bereits jetzt wird nach neuen Streiks im Februar gerufen. Die Situation in Belgien bleibt also weiterhin explosiv.
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