Die ärmsten Länder der Welt befinden sich in einem Teufelskreis der Schuldenspirale. Die Coronavirus-Epidemie hat ihre Staatskassen zusätzlich stark belastet. Diese hauptsächlich rohstoffproduzierenden Länder hatten bereits mit dem Einbruch der Rohstoffpreise zu kämpfen und diese jüngste Krise macht die Situation völlig unerträglich, was auch große Auswirkungen auf die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder hat.
Laut der Jubilee Debt Campaign, der britischen Schwester der deutschen Erlassjahr-Kampagne, befinden sich 52 Länder der Welt bereits in einer Schuldenkrise, weitere 63 sind gefährdet. Der IWF schätzt, dass die Schuldenquoten der „Schwellenländer“ in diesem Jahr wahrscheinlich um 10 Prozent des BIP ansteigen werden.
Noch vor einigen Jahren lobten die Ökonomen viele dieser Länder, da der Rohstoffboom, der hauptsächlich von der Nachfrage in China angetrieben wurde, die Preise für diese Rohstoffe in neue Höhen trieb. Das war der Zeitpunkt, als Begriffe wie BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und Schwellenländer populär wurden. Nun sind diese Länder nach dem Zusammenbruch der Rohstoffmärkte im Jahr 2014 nach und nach in eine schwere Krise geraten, von der vorerst nur China das Schlimmste abwenden konnte.
Die Zunahme der Verschuldung ist vielleicht nicht so groß wie in vielen der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder, aber diese Länder können ihre Schulden nicht durch „Gelddrucken“ finanzieren (Quantitative Easing). Auch nicht auf kurze Sicht. Die privaten Anleihemärkte sind für diese Länder seit März abgeschottet. Wie der Direktor des IWF feststellt, hat seit März keine Regierung im subsaharischen-Afrika neue Anleihen ausgegeben.
Die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder finanzieren ihre rekordverdächtigen Defizite (das US-Defizit wird dieses Jahr schätzungsweise 15 Prozent des BIP erreichen) mit beispiellosem Gelddrucken, was die Kosten für die Kreditaufnahme unter 1 Prozent auf ihre 10-jährigen Anleihen gedrückt hat. Sowohl deutsche als auch französische Anleihen befinden sich im negativen Bereich. Südafrikanische Anleihen liegen dagegen bei etwa 9,5 Prozent.
Die Schulden, die diese Länder gemacht haben, sind heute so hoch wie zu dem Zeitpunkt, als die großen Schuldenerlasse im Jahr 2001 erfolgten. Laut der Jubilee Debt Campaign geben die 76 ärmsten Länder in diesem Jahr 18 Milliarden Dollar für die Rückzahlung an andere Regierungen aus, 12 Milliarden Dollar für die Rückzahlung an multinationale Institutionen wie den IWF und die Weltbank und weitere 10 Milliarden Dollar für die Rückzahlung an private Kreditgeber wie Banken und Hedge-Fonds.
Der IWF ist stolz darauf, vor allem Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen 100 Milliarden Dollar an COVID-Unterstützung gewährt zu haben, aber ein großer Teil davon wird lediglich zur Rückzahlung bestehender Schulden dienen. Darüber hinaus wird dies nur zu einem unerträglichen Schuldenberg beitragen.
Der IWF ist nicht dafür bekannt, dass er sich um das Wohlergehen der Hunderte Millionen Menschen kümmert, die von seinen Programmen betroffen sind. Doch selbst der IWF sieht ein, dass die Situation unhaltbar ist. Einerseits könnte ein Zahlungsausfall der Länder eine Lawine von Zahlungsausfällen in den ehemaligen Kolonialländern auslösen, was die Stabilität der Bankensysteme im Westen gefährden würde. Andererseits könnte es revolutionäre Bewegungen auslösen, wenn die Regierungen zu diesem Zeitpunkt versuchen würden, das Geld zurückzuzahlen.
Deshalb fordert der IWF nun ein Moratorium für die Rückzahlung der Schulden bis 2021. Damit hofft man, dass man, wenn die betroffenen Länder dieses Jahr überstehen, im nächsten Jahr wie gewohnt das Blut der ehemaligen Kolonialländer weiter aussaugen kann. Das wird jedoch nicht geschehen.
Die Realität, dass ein großer Teil dieser Gelder niemals zurückgezahlt werden wird, dämmert den Gläubigern jetzt, und bereits Libanon, Argentinien und Ecuador haben ihre Schulden umstrukturiert. Sambia und Ruanda sind nicht weit davon entfernt.
Diese Schulden sind ein ständiger Mühlstein um den Hals der armen Länder. Sie werden oft mit netten Phrasen über Investitionen usw. erworben, aber in den meisten Fällen ist das geliehene Geld nicht für die Bevölkerung des Landes bestimmt, sondern soll den Verkauf an das Gläubigerland (in der Regel Waffen), verbunden mit einigen großzügigen Schmiergeldern für alle Beteiligten, sicherstellen.
Ein beispielhafter Fall ist Mosambik, wo eine Reihe hochrangiger Bankiers der Credit Suisse der Regierung damals einen illegalen Kredit in Höhe von 2 Milliarden Dollar sicherten, der für Fischerei- und Patrouillenschiffe ausgegeben wurde, die nie zum Einsatz kamen, wobei nicht weniger als 500 Millionen Dollar nicht verbucht wurden. Darüber hinaus behaupten US-Staatsanwälte, dass von den rund 1 Milliarde Dollar, die für die Boote ausgegeben wurden, 150 Millionen Dollar in den Taschen der mosambikanischen Beamten und 50 Millionen Dollar in den Taschen der Banker landeten, die die Kredite organisierten. Obwohl Mosambik die Rückzahlung der Schulden eingestellt hat, bleibt der rechtliche Status unklar. Die Credit Suisse bündelte die Schulden und verkaufte sie kurz nach ihrer Ausgabe, und Mosambik hat nun ein Gerichtsverfahren vor den britischen Gerichten eingeleitet, um die Situation zu klären.
Diese Episode ist nur die Spitze des Eisbergs, die wegen der Rolle, die sie beim Untergang der mosambikanischen Wirtschaft gespielt hat, ans Licht gebracht wurde. Die Realität ist, dass diese Geschäfte typisch für die Art und Weise sind, wie in vielen ehemaligen Kolonialländern Geschäfte gemacht werden, im Allgemeinen mit aktiver Unterstützung westlicher Banken und Regierungen.
Nun bedrohen diese angehäuften Schulden auch die finanzielle Stabilität der imperialistischen Länder. Ohne einen Boom in der Weltwirtschaft gibt es für diese Länder jedoch keine Möglichkeit, ihren Schuldendienst fortzusetzen und weitere Kredite und Moratorien werden das Unvermeidliche nur hinausschieben.
Niklas Albin Svensson
IMT
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