Die GenossInnen der IMT in Italien, Sinistra Classe Rivoluzione, haben eine Kampagne lanciert mit dem Titel «Die ArbeiterInnen sind kein Schlachtvieh». Sie fordern, dass die gesamte nicht lebensnotwendige Produktion geschlossen und die ArbeiterInnen bei vollem Lohn nach Hause geschickt werden. In den Sektoren, wo die Arbeit als notwendig erachtet wird, fordern sie, dass vollständige Schutzausrüstung zur Verfügung steht und die Sicherheitsverfahren strikt eingehalten werden.
Ihr Aufruf zur Kampagne führte dazu, dass mehr als 200 gewerkschaftliche Vertrauensleute und AktivistInnen sofort unterschrieben, und jeden Tag unterschreiben mehr ArbeiterInnen. Unterschreibe jetzt und zeig deine Unterstützung!
Trotz des Aufrufs, dass die Menschen zu Hause bleiben sollen, hat die italienische Regierung unter dem Druck der Bosse zugelassen, dass nicht-essentielle Betriebe offen bleiben. Millionen von ArbeiterInnen wurden so gezwungen wurden, dicht aneinandergedrängt zu arbeiten. Dies ist ein wichtiger Faktor für die Verbreitung von COVID-19. Spontane Streiks sind in vielen Fabriken, Callcentern und anderen Betrieben in ganz Italien ausgebrochen, da die Beschäftigten über den Mangel an angemessenen Sicherheitsausrüstungen und -verfahren beunruhigt waren.
Unsere italienischen GenossInnen waren an dieser Bewegung stark beteiligt, mit vielen GenossInnen, die in den Betriebsräten eine führende Rolle spielten. Am Montag, dem 30. März, organisierten sie ein öffentliches Online-Treffen, an dem rund 250 Personen teilnahmen. Eröffnet wurde die Sitzung von Mario Iavazzi, einem Genossen der IMT und hauptamtlichen Angestellten der Gewerkschaft CGIL im Gesundheitssektor, der auch Mitglied des nationalen Komitees der CGIL ist. Er erläuterte das Ziel der Kampagne und skizzierte die dramatische Situation, in der sich die Beschäftigten in allen Sektoren befinden.
Alle, die sich einschalteten, betonten einen zentralen Punkt: Die Unternehmensleitungen neigten dazu, die Auswirkungen von COVID-19 herunterzuspielen und bestanden darauf, dass die Beschäftigten trotz der Gefahren für ihre Gesundheit zur Arbeit gehen sollten. Sie erklärten auch, wie in Betrieben, in denen es jahrelang sehr schwierig war, eine Gewerkschaft zu organisieren, geschweige denn Streiks zu organisieren, jetzt ein geschärftes Bewusstsein für die Notwendigkeit vorhanden ist, sich zu organisieren. Dort, wo die Bosse früher versuchten, die Idee zu verbreiten, dass «wir eine grosse glückliche Familie sind», haben die Beschäftigten begonnen, dies zu durchschauen, da es offensichtlich geworden ist, dass ihr Leben als weniger wertvoll angesehen wird als die Profite der Unternehmen.
Das Treffen wurde auf YouTube mit einer englischen Übersetzung übertragen. Das Treffen richtete einen Appell an die ArbeiterInnen der Welt, in der sie sich erklären: «Deshalb müssen wir uns über alle Grenzen hinweg vereinen. Die ArbeiterInnen aller Länder müssen darauf hinwirken, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Mit einer geeinten und internationalen Aktion können wir die Kapitalisten zwingen, unseren berechtigten Forderungen nachzukommen.»
Wir veröffentlichen nachfolgend den Appell. Wir rufen die ArbeiterInnen auf, diesen Appell zu unterzeichnen und ihn unter ihren Arbeitskollegen und in ihren Gewerkschaften zu verbreiten. Die ArbeiterInnen in allen Ländern sind gezwungen, zwischen ihrer Gesundheit und ihrem Arbeitsplatz zu wählen. Das enthüllt das wirkliche, hässliche Gesicht des Kapitalismus. Das Problem ist international und die Antwort muss international sein. Ein Angriff auf Einzelne ist ein Angriff gegen uns alle. Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!
Wir sind eine Gruppe von italienischen GewerkschaftsaktivistInnen, die sich zusammengefunden haben, um die außergewöhnliche Krise zu diskutieren, die Italien und die gesamte Menschheit derzeit erfasst.
Dieser Aufruf geht an die ArbeiterInnen der Welt, weil es sich hier nicht um ein rein italienisches Problem handelt, sondern um ein weltweites. Das Virus kennt keine nationalstaatlichen Grenzen, so wie auch die Wirtschaftskrise keine Grenzen kennt. Wir glauben, dass aus unseren Erfahrungen Lehren für die ArbeiterInnen anderer Länder gezogen werden können.
Die italienische Regierung hat die gesamte Bevölkerung aufgerufen, zuhause zu bleiben, um die Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Doch das gilt nicht für Millionen ArbeiterInnen, die gezwungen sind, auch in gesellschaftlich nicht notwendigen Industrien und Sektoren zu arbeiten. Der einzige Grund, warum wir gezwungen sind zu arbeiten, ist, dass wir den Profit der Eigentümer der Unternehmen sicherstellen müssen.
Die Regierung weigert sich, die Schließung aller gesellschaftlich nicht notwendigen Produktionsbetriebe anzuordnen und gefährdet damit unsere Gesundheit und die Gesundheit unserer Familien, weil sie dadurch einer höheren Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Unsere Gesundheit wird auf dem Altar des Profits geopfert.
Die Beschäftigten im Gesundheitssystem sind mit einer noch schlimmeren Situation konfrontiert. Die Krankenhäuser sind zu Zentren der Ansteckungsgefahr geworden. Das medizinische Personal muss die PatientInnen versorgen, ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen und ohne die dringend notwendigen Coronatests zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das Gesundheitssystem kollabiert wortwörtlich unter dem Druck der Pandemie. Das ist die Folge von jahrelanger Unterfinanzierung und der Privatisierung des Gesundheitssystems.
Als führende GewerkschaftsfunktionärInnen, BetriebsrätInnen und einfache ArbeiterInnen glauben wir, dass es notwendig ist, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Wir verlangen, dass alle Fabriken und Betriebe, die keine gesellschaftlich notwendigen Güter produzieren, geschlossen bleiben und die Unternehmen den Lohn zur Gänze weiterbezahlen. Wenn die Unternehmer sich weigern, diese Forderung umzusetzen, dann müssen wir überall, wo es möglich ist, in den Streik treten. Die Streiks, die in Italien, Frankreich, Spanien, in den USA, Kanada und anderen Ländern bereits ausgebrochen sind, bestätigen, dass die ArbeiterInnen in allen Ländern sehr gut den Ernst der Lage verstehen und nicht länger bereit sind, als Schlachtvieh für die Profitwirtschaft herzuhalten.
Wir müssen in allen Betrieben Komitees schaffen, die die Anwendung der notwendigen Gesundheits- und Schutzmaßnahmen kontrollieren. Die Mitglieder dieser Komitees sollten von der Belegschaft gewählt werden und jederzeit auch wieder abwählbar sein. Die Aufgabe dieser Komitees ist es, in allen Betrieben und bei allen Arbeitsplätzen sichere und gesunde Bedingungen durchzusetzen und die Einhaltung aller Schutzmaßnahmen zu kontrollieren. Die ArbeiterInnen müssen angesichts einer unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit die Produktion unterbrechen können.
Die Gewerkschaften müssen die Verantwortung dafür voll und ganz übernehmen und rund um die grundlegende Forderung, dass alle gesellschaftlich nicht notwendigen wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder gestoppt werden, die Streiks und Protestmaßnahmen koordinieren und vereinigen.
In allen Ländern argumentieren die Unternehmer, dass ein Produktionsstopp den Verlust von Märkten im Inland wie im Ausland bedeutet. Damit versuchen sie uns entlang nationaler Linien zu spalten. Wir steuern auf eine Wirtschaftskrise zu, wie wir sie noch nie erlebt haben, und es darf nicht sein, dass die ArbeiterInnen diese Krise bezahlen sollen.
Deshalb müssen wir uns über alle Grenzen hinweg zusammenschließen. Die ArbeiterInnen aller Länder müssen darauf hinwirken, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Mit einer geeinten und internationalen Aktion können wir die Kapitalisten zwingen, unseren berechtigten Forderungen nachzukommen.
Italien, 30. März 2020
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