Tausende junge Erwachsene beginnen im Herbst ein Studium. Auf die meisten wartet kein «Schoggi-Leben», wie Bürgerliche gern behaupten. Sondern prekäre Teilzeitjobs, unbezahlte Praktika und unsichere Berufsaussichten.
Dazu kommt konstanter Abgabestress für Arbeiten, die niemand braucht – während draussen Krisen, Kriege und Klimakatastrophen zunehmen. Die Generation Z kann es sich nicht leisten, die Welt hinzunehmen, wie sie ist.
Darum folgen immer mehr intuitiv der Devise von Marx: Die Welt verstehen, um sie zu verändern. Hauptsächlich dieses Verlangen treibt junge Erwachsene an die Universität.
Die Unis geben vor, dieses Verlangen zu stillen. Die Sozial- und Geisteswissenschaften werben mit Kursen wie «Soziale Ungleichheit und Kapitalismus», «Rechtspopulistische Diskurse» oder «Queer Marxism».
Sie sind anziehend, weil sie Antworten auf brennende Fragen unserer Zeit versprechen: Was ist Imperialismus? Warum gibt es Unterdrückung? Was tun gegen Rechtspopulismus?
Kurzum: Warum produziert der Kapitalismus all diese Probleme und was ist der Ausweg?
Das Erste, was du jedoch von deinen Uni-Professoren hörst, ist: Bei mir gibt es sicher nicht eine wahre Erklärung, sondern verschiedene interessante Ansätze.
Ob im Thema Imperialismus Lenin (primär sind ökonomische Verhältnisse) oder Edward Said (primär sind kulturelle Prägungen) recht hat, kann man nicht beurteilen. Ob im Bereich der Quantenphysik Heisenbergs Interpretation des Doppelspalt-Experiments (die Beobachtung ist bestimmend) oder jene von Einstein (objektive Gesetze sind bestimmend), auch nicht.
Man stelle sich vor, ein Mechaniker würde so verfahren: einem Auto viereckige Räder montieren, weil das auch mal interessant wäre. Er wäre seinen Job sofort los. Denn im realen Leben muss eine Idee helfen, praktische Aufgaben zu lösen. Am Kriterium der Wahrheit messen Arbeiter intuitiv und Marxisten bewusst den Wert von Ideen.
Das Kriterium der Interessantheit auf der anderen Seite funktioniert einzig im Elfenbeinturm der oberen Universitäts-Etagen. Denn dort werden Professoren dafür bezahlt, die Welt verschieden zu interpretieren.
Heute sind postmoderne Ideen an den Universitäten weit verbreitet. Was sie eint, ist ein Fokus auf die Ebene der Wahrnehmung. In etlichen Uni-Kursen geht es heute primär um Sprache, Symbolik und Diskurse.
Marx hat erklärt, dass «radikal sein» bedeutet, «die Dinge an der Wurzel zu packen».
Das Perfide an postmodernen Ideen wie Intersektionalität oder Postkolonialismus: Sie kommen radikal daher, verunmöglichen aber radikal zu sein.
Denn die Philosophie des Postmodernismus, der subjektive Idealismus, verwirft die Existenz einer objektiven Realität. Es gibt keine objektiven Ursachen, nur subjektive Empfindungen.
Geschichte, Klassenkampf, Kapitalismus – sie folgen keinen objektiven Gesetzmässigkeiten. Man kann sie nicht studieren, um in sie einzugreifen. Alles, was du tun kannst: Dich selbst verändern – anders reden, fühlen, denken, etc.
Ein in der Tat sehr interessanter Ansatz – und zwar für die Profiteure und Verteidiger des Status quo, für die herrschende Klasse!
Es ist kein Zufall, dass diese Ideen an der Universität gelehrt werden. Denn Universitäten sind keine neutralen Institutionen, sondern ideologische Instrumente der herrschenden Klasse.
Warum verbieten sie Events zur humanitären Lage in Gaza und bieten gleichzeitig Kurse zu «Rebuild Ukraine» an? Weil das den materiellen Interessen der Schweizer Bourgeoisie entspricht. Universitäten sind ideologische Pfeiler der bürgerlichen Ordnung.
Dass Postmodernismus heute ein weit verbreiteter Ansatz an den Universitäten ist, reflektiert den Zustand ihrer Ordnung. Ihre Ablehnung von Einsicht und Fortschritt ist Ausdruck davon, dass der Kapitalismus als System nicht mehr fortschrittlich ist.
Das war nicht immer so. Zur Zeit der Renaissance waren die Universitäten Brutstätten der modernen Wissenschaft. Die Ideen der Aufklärer griffen das ideologische Weltbild des Feudalismus im Zentrum, bei Religion und Mystizismus, an. Darum mussten Galilei und Co. ihre Ideen im Kampf gegen die Ideen der Kirche verteidigen.
Wir Kommunisten führen den revolutionären Kampf der Aufklärer fort. Denn die Wahrheit ist: Vom Standpunkt der menschlichen Entwicklung hat die Bourgeoisie keine Existenzberechtigung mehr. Darum verschleiert sie die Wahrheit mit postmodernen Ideen.
Und darum ist es die Aufgabe von Kommunisten an den Universitäten, die wissenschaftlichen Ideen des Marxismus gegen ihre Ideen zu verteidigen und zu verbreiten.
Marxismus vs. Identitätspolitik (RKI, 2020)
In Verteidigung des Materialismus (Alan Woods, 2023)
Manifest der RKP (RKP, 2024)
Philosophie — von Dario Dietsche, Bern — 12. 09. 2025
Nah-Ost — von Olivia Eschmann und Caspar Oertli, Bern — 06. 09. 2025
Schweiz — von Nick Häfeli et Martin Kohler, Bern — 04. 09. 2025
Europa — von Interview mit Zvonko Dan, RKS — 03. 09. 2025