Für 1300 Alstom Angestellte brachte das Jahr 2016 schlechte Neuigkeiten. Die Entlassung eines Viertels der Belegschaft durch den amerikanischen Konzern General Electric reihen sich in die allgemeine Tendenz des Stellenabbaus und der Angriffe auf die Arbeitsbedingungen in der Industrie ein. Vor einem halben Jahr, als Alstom von dem Elektronikmulti übernommen wurde, versicherte dieser noch, dass keine grossen Entlassungen geplant seien.
Die KollegInnen der Alstom sind aber nicht die einzigen. Gemäss einem Artikel der Handelszeitung vom 12.12.2015 haben 2015 79 Firmen signifikant Stellen abgebaut. Ein grosser Teil davon in der Maschinen- und Elektronikindustrie. Gemäss der Gewerkschaft UNIA sind im letzten Jahr als direkte Folge der Aufhebung des Euro-Mindestkurses 10›000 Arbeitsplätze abgebaut worden. Weitere 10›000 Stellen sollen dieses Jahr folgen. Zudem wurden in vielen Industriebetrieben Arbeitszeiterhöhungen vorgenommen, was in der Realität Lohnsenkungen von bis zu 20% gleichkommt. Mittlerweile werden auch erste Stimmen von Unternehmern laut, welche ein grundsätzliches absenken des Lohniveaus in der Schweiz fordern. Dies entspricht zwar noch nicht einer verallgemeinerten Strategie der Schweizer Bourgeoisie, ist aber doch ein Indikator an welcher Front kommende Angriffe ansetzten.
Die Erfahrungen bei Alstom zeigen aber auch auf, dass die Gewerkschaften gerade in der Industrie sehr schlecht aufgestellt sind. Ohne erfahrene Vertrauensleute und einem hohen Organisationsgrad kann der Widerstand gegen die Massenentlassung nur schwierig aufgebaut werden. Die Streiks bei Mecalp in der Romandie und bei Exten im Tessin haben aber gezeigt, dass Gegenwehr auch in nicht organisierten Betrieben durchaus möglich ist und Angriffe zurückgeschlagen werden können. Es ist die Aufgabe der Gewerkschaften, sich auf kommende Kämpfe vorzubereiten und die gemachten Erfahrungen zu verallgemeinern. Die europaweite Mobilisierung der GE/Alstom Beschäftigten, zusammen mit den anderen von Entlassungen betroffenen Standorten, zu einer gemeinsamen Demo in Paris im April, ist hier eine sehr korrekte Entscheidung.
Auch auf internationaler Ebene verspricht das Jahr 2016 keine Beruhigung der explosiven Lage. Mit der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen, Nimr Baqr al-Nimr, hat sich der Konflikt nun auch direkt auf Saudi-Arabien und den Iran übertragen, während die blutigen Kriege im Irak und Syrien weitergehen. In der Türkei intensiviert Erdogan die Angriffe auf das kurdische Volk und führt diesen schmutzigen Krieg mittlerweile mit dem Segen der EU. Als Gegenleistung dient die Türkei als Bollwerk gegen Flüchtlinge, welche versuchen nach Europa zu kommen. Dies führt in der Realität dazu, dass der Weg für die vor Krieg und Zerstörung Fliehenden noch gefährlicher wird. Die International Organisation for Migration hat im Januar allein schon 244 ertrunkene Flüchtlinge registriert, die Dunkelziffer wird um einiges höher sein.
In Europa nimmt derweilen die Hetze gegen die Flüchtlinge weiter zu. Wir haben im letzten Jahr bereits das Auftreten von faschistischen Schlägerbanden gegen MigrantInnen beobachten können. Die Ereignisse in Köln und die daraus folgende Debatte über vergewaltigende Flüchtlinge haben diesen Elementen neues Selbstbewusstsein gegeben. In Schweden stürmten über hundert vermummte Rechtsradikale den Hauptbahnhof von Stockholm und machten Jagd auf Flüchtlinge. In der Zwischenzeit versucht die rechtsradikale Bewegung PEGIDA auch in der Schweiz Fuss zu fassen. Bis anhin blieben diese Versuche jedoch erfolglos. Dies ist zu einem grossen Teil auf die konsequente Gegenmobilisierung der linken zurückzuführen, welche bereits im Vorfeld zu den Demonstrationen klar zahlenmässige Überlegenheit demonstrieren konnte. Dies führte dazu, dass PEGIDA bis heute sämtliche Mobilisierungen im letzten Moment abgesagt hat. Dieser Widerstand muss aufrechterhalten sowie besser organisiert und koordiniert werden. Die kleinen existierenden Antifagruppen haben keinerlei Verankerung in der ArbeiterInnenbewegung. Hier muss die JUSO zusammen mit fortschrittlichen Gewerkschaftsgruppen und den Organisationen der MigrantInnen eine führende Rolle einnehmen und breitere Teile der ArbeiterInnenbewegung in diesen Kampf einbinden. Letztendlich muss uns klar sein, dass solche rechtsradikalen Schlägertrupps nur direkt auf der Strasse besiegt werden können.
Die schwache Resonanz, welche PEGIDA mit ihren Aufrufen in der Schweiz erfährt, ist bis zu einem gewissen Grad aber auch auf die Dominanz der SVP im rechten Spektrum zurückzuführen. Mit der Durchsetzungsinitiative geht momentan ihr Angriff auf die Rechte von MigrantInnen in die zweite Runde. Nebst der Lügenkampagne über kriminelle AusländerInnen und der Aushebelung der Rechtsgleichheit muss die Initiative aus linker Sicht auch als direkter Angriff auf die Gewerkschaftsrechte betrachtet werden. Die Tatsache, dass die Teilnahme an unbewilligten Demonstrationen, Streiks, Betriebsbesetzungen oder Blockaden als notwendige Formen des gewerkschaftlichen Kampfes zur Ausschaffung führen könnten, beraubt die Lohnabhängigen ohne Schweizer Pass der Möglichkeiten, sich gegen die Angriffe der Kapitalisten zur Wehr zu setzten. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass die MigrantInnen zu den radikalsten Teilen der Schweizer ArbeiterInnenbewegung zählen. Diese Initiative ist also nicht bloss ein Angriff auf ihre Rechte, sondern auf die Rechte der gesamten ArbeiterInnenklasse der Schweiz.
Es muss uns bewusst sein, dass solche Angriffe auf die Gewerkschaftsrechte, konkret den Widerstand gegen die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen schwächen und nur durch ein geeintes konsequentes Auftreten bekämpft werden können. Die organisierte ArbeiterInnenbewegung muss diese Kämpfe vereinen und mit einem klaren Klassenstandpunkt verbinden. Nur so können wir der Spaltung der Lohnabhängigen durch rassistische und fremdenfeindliche Propaganda den Boden unter den Füssen entziehen und den herrschenden Unmut gegen diejenigen lenken, welche tatsächlich für die Angriffe auf unsere Lebensbedingungen verantwortlich sind.
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