Dieser Artikel wurde ursprünglich am 16 April 2025 auf marxist.com publiziert und hat nichts an Aktualität verloren.

Aus Trumps globalem Handelskrieg hat sich die Konfrontation zwischen den beiden dominierenden Akteuren der Weltwirtschaft – China und den USA – herausgeschält. Die Frage ist: Wer hält die Trümpfe in der Hand? Wer gibt zuerst nach? Die Antwort entscheidet über das Schicksal der Weltwirtschaft.

Trump glaubt, dass er mit einem extrem aggressiven Auftakt in den Handelskrieg China einschüchtern und zu einem Deal zwingen könnte. Zölle sind für ihn ein Verhandlungsmittel – je kühner er auftritt, desto besser werde der Deal für die USA. Aber Trump hat weder Chinas Stärken noch die Schwächen der USA verstanden.

Am Donnerstag dem 3. April, dem Tag nachdem seine Regierung den Handelskrieg losgetreten hat, hielt es der US-Vizepräsident JD Vance für schlau, gegenüber Fox News zu erklären: «Wir leihen uns Geld von chinesischen Bauern, um die Dinge zu kaufen, die diese chinesischen Bauern herstellen». Zweifellos sprach er seine Anhänger in den USA an. Allerdings hat Xi Jinping auch eine Anhängerbasis in China, und die spielt eine Rolle für die chinesische Antwort auf die US-Drohgebärden.

Selbstverständlich nutzte die chinesische Regierung die Gelegenheit und half dabei, den beleidigenden Kommentar in den sozialen Medien Chinas zu verbreiten. Die Bevölkerung ist ihres «Jahrhunderts der Demütigung» durch die arroganten westlichen Imperialisten immer noch schmerzlich bewusst und reagiert empfindlich darauf, abschätzig als «Bauern» [peasants] bezeichnet zu werden. Ohne viel Aufwand kann und wird die chinesische Regierung jetzt ihre Bevölkerung mobilisieren: «Wie können es diese faulen, arroganten Amerikaner wagen, uns als Bauern zu beschimpfen? Zeigen wir ihnen, wer hier die wahren Bauern sind!»

Indem die Trump-Regierung den Handelskrieg vom Zaun gebrochen hat, hat sie dem chinesischen Regime bereits ermöglicht, die schmerzhaften Wirtschaftsprobleme den US-Imperialisten anzulasten. Mit ihren unbeholfenen Kommentaren haben sie nun Chinas «Schmerzgrenze» in diesem dramatischen Handelskrieg noch weiter erhöht.

Nichtsdestotrotz wird die chinesische Wirtschaft erhebliche Schmerzen spüren. Sie droht vollständig vom grössten Absatzmarkt abgeschnitten zu werden. Deshalb hat sie ein starkes Interesse daran, mit Trump zu verhandeln, Zugeständnisse zu machen und eine Einigung zu erzielen. Andererseits riskiert Xi Jinping enormen Gesichtsverlust, wenn er als schwach gegenüber den USA gesehen wird.

Wer wird gewinnen?

Yanis Varoufakis, der «erratische Marxist», glaubt, Amerika habe einen grossen Vorteil in diesem Handelskrieg. In Bezug auf Europa schrieb er am 8. April: «Wer einen jährlichen Handelsüberschuss von 240 Milliarden Dollar gegenüber den USA erzielt, kann keinen Handelskrieg gewinnen. Punkt.» Chinas Handelsüberschuss mit den USA betrug letztes Jahr 295 Milliarden Dollar. Gemäss Varoufakis Logik wäre China also in einer sehr schwachen Position und könnte von den USA in die Knie gezwungen werden, sollte es den Zugang zum gigantischen US-Markt verlieren.

Aber geht diese Logik überhaupt auf? Ist ein Land mit grossem Handelsdefizit, das heisst ein Land, das mehr von anderen importiert als umgekehrt, in einer stärkeren Verhandlungsposition? Die Wahrheit ist komplexer und vielseitiger als uns Varoufakis glauben lässt, zumindest was China angeht. Allgemein gesprochen ist ein Land mit enormem Handelsdefizit kaum in einer starken Position, selbst wenn sein Markt für das Exportland von entscheidender Bedeutung ist.

Eine Handelsbeziehung bleibt eine Beziehung. Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China bilden das Herzstück der Weltwirtschaft und sind symbiotisch: Beide Seiten sind voneinander abhängig.

China hat sich auf diese Auseinandersetzung vorbereitet. Es hat Märkte und Beziehungen mit anderen Volkswirtschaften aufgebaut und heimische Technologie entwickelt, um von den USA unabhängiger zu werden. Einen echten Ersatz für den US-Markt gibt es aber trotzdem nicht, weil China schlicht zu viel produziert, als dass die Waren im verbleibenden Weltmarkt abgesetzt werden könnten.

Für die USA sind die chinesischen Industrieprodukte unersetzbar, weil sie so billig und qualitativ hochwertig sind. Gelänge es Trump, diese Waren aus der US-Wirtschaft zu entfernen, würde das enormen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Dieser Schaden wäre unhaltbar, lange bevor irgendeine Renaissance der US-Industrie realisiert wäre, falls es überhaupt dazu käme.

Mit den Zöllen will die USA ihre dominante Position als weltgrösster Absatzmarkt nutzen, um China zu Zugeständnissen zu zwingen. Doch wenn die USA Chinas grösster Abnehmer sind, heisst das im Umkehrschluss, dass der US-Markt von chinesischen Gütern abhängig ist. Was passiert also mit dem US-Markt, wenn er von chinesischen Importen abgeschnitten wird?

Unzählige Konsumgüter, auf die Amerikaner in allen Lebensbereichen angewiesen sind, würden vom Markt verschwinden oder drastisch teurer werden. Das iPhone zum Beispiel, das in China hergestellt wird, würde sich verteuern. Je nachdem wie viel Einbussen Apple selber schluckt, könnte der Preis von etwa 1’000 auf etwa 1’800 oder sogar 2’000 Dollar steigen. Laut dem Economist-Magazin könnte ein in den USA produziertes iPhone sogar bis zu 3’500 Dollar kosten. Kein Wunder, hat Trump in letzter Minute einen Rückzieher bei den Zöllen für Smartphones gemacht!

Chinas industrielle Kompetenzen, Technologie, Infrastruktur und qualifizierte Arbeitskräfte macht es unersetzlich als Lieferanten für die Industrie. Dabei spielt es keine Rolle, ob Konsumgüter (z.B. iPhones),  Kapitalgüter (z.B. Maschinen) oder Komponenten (z.B. Batterien) hergestellt werden. Laut Goldman Sachs ist China bei 36 % der Güter, die die USA aus China importieren, der dominierende Anbieter und deckt dabei über 70 % oder mehr der amerikanischen Nachfrage.

Die umgekehrte Zahl liegt nur bei 10 %: Das heisst, nur 10 % der chinesischen Importe aus den USA können ausschliesslich von dort bezogen werden.

Eine Renaissance der US-Industrie?

Trump will ja anscheinend eine Renaissance der US-Industrie auslösen. Vielleicht ist es ihm daher schlicht egal, dass die US-Konsumenten kurzfristig hohe Inflation und leere Regale ertragen müssen, wenn dafür in den nächsten paar Jahren hochwertige Industrie-Jobs nach Amerika zurückkommen. Sollte das im grossen Stil gelingen, könnte sich die US-Arbeiterklasse vielleicht auch mit temporären Problemen arrangieren.

Das Problem ist, dass die US-Industrie von chinesischen Komponenten abhängig ist. Deshalb werden die Überreste der US-Industrie enorm unter den Zöllen leiden, weil sie essentielle Bauteile nicht mehr erhalten oder viel mehr dafür bezahlen müssen. Das würde diese Produzenten weniger wettbewerbsfähig machen und Stellen in der Industrie würden abgebaut werden. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was die Zölle erreichen sollten.

So prognostiziert etwa die Financial Times, dass die Zölle Tesla deutlich weniger wettbewerbsfähig, als den chinesischen Elektrofahrzeughersteller BYD machen würden.Einerseits hat BYD bereits nach Trumps Einschränkungen für chinesische Elektroautos in seiner ersten Amtszeit begonnen, sich vom US-Markt zu diversifizieren. Andererseits wird Tesla nun neue Zölle auf importierte Komponenten zahlen müssen. Die Handelsbarrieren schützen Tesla zwar im US-Markt, aber auf dem Weltmarkt verschaffen sie Tesla gegenüber BYD einen klaren Nachteil wegen der teureren Komponente. 

Tatsächlich ist die moderne Industrie so komplex und hochtechnologisch, dass es äusserst schwierig wäre, alle Komponenten in den USA herzustellen. Es würde enorm viel Zeit und Geld erfordern, um Fachkräfte auszubilden sowie die nötige Technologie und Infrastruktur aufzubauen. Möglicherweise ist es überhaupt nicht möglich, und selbst wo es möglich ist, würde es so lange dauern, dass während Trumps Amtszeit noch keine Resultate sichtbar wären. Wenn beispielsweise Apple nur 10 % seiner Lieferkette aus China zurück in die USA verlagern wollte, würde das mindestens drei Jahre dauern und 30 Milliarden Dollar kosten. Und danach würden die Preise für US-Konsumenten markant steigen, weil Apple hier höhere Löhne zahlen müsste. 

Diese vollständig in den USA hergestellten Produkte wären zudem auf dem Weltmarkt überhaupt nicht wettbewerbsfähig. Daher würden auch die industriellen Exporte der USA gering bleiben, was  heute einen wichtigen Teil zum grossen Handelsdefizit der USA beitägt.

Derweil würde China seinen wichtigsten Absatzmarkt verlieren, während es unter chronischer Überproduktion leidet. In vielen Branchen übersteigt Chinas Produktionskapazität alleine die globale Nachfrage. Laut Reuters betrug Chinas Produktionskapazität für Solarzellen im letzten Jahr sogar das Doppelte der Weltnachfrage. Ähnliche Situationen finden sich in vielen Branchen. 

Chinas Wirtschaftsmodell mag sehr wettbewerbsfähig sein, doch es bleibt Teil des kapitalistischen Weltmarktes und kann dessen Grenzen nicht entrinnen. Sein Modell basiert auf massiven Investitionen in die industrielle Produktion, um Arbeitsplätze zu schaffen und Konkurrenten auszustechen. Aber die Folge davon ist, dass nun die Welt von chinesischen Produkten überschwemmt wird, die drohen, in allen Ländern Industrien und Jobs zu zerstören. Sogar Russland, das offiziell eine «grenzenlose Freundschaft» mit China pflegt, sieht sich gezwungen, chinesische Waren mit Zöllen zu belegen, um seine eigene Industrie zu schützen.

Aus diesen Gründen verlangsamt sich die chinesische Wirtschaft: Arbeitsplätze werden seltener und der wichtige Immobilien- und Bausektor steckt in einer tiefen Krise. Zudem ist China hoch verschuldet, weil es den Investitionsboom auf kapitalistischer Grundlage durch Spekulation finanziert hat. Trumps Zölle sind eine ernsthafte Bedrohung für die chinesische Wirtschaft, weil sie dessen grundsätzliches Problem – die massive Überproduktion – weiter verschlimmern. China wird dadurch gezwungen, entweder neue Märkte zu finden oder Fabriken zu schliessen und Millionen Arbeiter auf die Strasse zu stellen. 

Bleiben die Zölle bestehen, drohen der US-Wirtschaft chronische Lieferengpässe, Inflation und Arbeitsplatzverluste. Keine Seite wird diesen Handelskrieg «gewinnen», weil beide Wirtschaften nur zwei Seiten desselben zum Scheitern verurteilten kapitalistischen Systems sind. Insgesamt hat aber China die besseren Karten, nicht die USA. Laut Arthur Kroeber in der Financial Times ist die Abhängigkeit der USA von chinesischen Industrieerzeugnissen dreimal so gross wie die chinesische Abhängigkeit von US-Komponenten. Bereits jetzt belasten die steigenden Kosten für Vorprodukte die Investitionen der Unternehmen.

Die Lieferengpässe bedrohen die ganze wirtschaftliche Aktivität der USA – von Spielzeug und Kleidung über seltene Erden, Hightech-Magnete bis hin zu allem, das Elektronik und Rechenleistung beinhaltet. Eine vollständige Abkopplung der US-Wirtschaft von der chinesischen, wie es die Zölle bezwecken, würde den USA äusserst schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen.

Das andere Defizit

Die Schulden der US-Regierung betragen 36 Billionen Dollar. Das ist mit Abstand der grösste Schuldenberg der Welt und entspricht etwa 124 % des Bruttoinlandsprodukts, was ebenfalls zu den höchsten Verschuldungsraten gehört. 

Diese Schulden stehen im engen Zusammenhang mit dem enormen Handelsdefizit der USA. Beide resultieren aus dem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Ein Grund für die hohe Staatsverschuldung sind zu tiefe Steuereinnahmen. Wie stark eine Wirtschaft besteuert werden kann, hängt von ihrer Leistungsfähigkeit ab: Wenn Profite und Exporte boomen, können auch höhere Steuern gezahlt werden.

Die Amerikaner konsumieren sehr viel, sowohl im Verhältnis zur eigenen Produktion und zu anderen kapitalistischen Volkswirtschaften. Deshalb ist der US-Markt der weltweit wichtigste Absatzmarkt. Zudem verfügt die USA über die dominanten Finanzmonopole und die grössten Kapitalmärkte der Welt. Zusammengenommen führen diese Faktoren dazu, dass der US-Dollar seit vielen Jahrzehnten die weltweite «Reservewährung» ist, ein «sicherer Hafen» für das globale Finanzkapital.

Der Kapitalismus braucht einen “sicheren Hafen” angesichts der Turbulenzen und Unsicherheit der Märkte. Seit der amerikanische Kapitalismus begann, die Weltwirtschaft zu dominieren, sahen die Kapitalisten den US-Staat als finanziell zuverlässig an. Da die USA wirtschaftlich, politisch und militärisch so stark waren, könnten sie ihre Schulden immer begleichen. Nachdem dieser «sichere» Status einmal anerkannt war, wurde er durch eine Art Rückkopplungseffekt weiter gefestigt. Sobald die Kapitalisten wussten, dass andere Kapitalisten dem US-Staat vertrauensvoll Kredite geben würden, wurde eine Schuldenkrise noch unwahrscheinlicher.

Deshalb hat die USA einen Anteil an der «globalen Aktienmarktkapitalisierung» von 65 %, während ihr Anteil am Welt-BIP nur bei 25 % liegt. Aber warum ist der Aktienwert der US-Firmen so unverhältnismässig gross im Vergleich zur tatsächlichen Wirtschaftsleistung? Hauptsächlich deshalb, weil der globale Handel und die Finanzmärkte angewiesen sind auf diesen «sicheren Hafen» sowie auf das Schmiermittel, das US-Staatsanleihen und der Dollar mittlerweile darstellen. Doch die wirtschaftlichen Grundlagen, die der US-Rolle zugrunde lagen, sind bedeutend erodiert. 

Diese Situation hat der US-Regierung das sogenannte «exorbitante Privileg» gegeben, weitaus mehr Schulden zu tieferen Zinssätzen aufzunehmen, als unter normalen Umständen möglich wäre. Die Vereinigten Staaten konnten ihren Status als «sicheren Hafen» über lange Zeit hinweg ausnutzen. Deshalb sind die Staatsschulden so gross. Dank ihrer einzigartigen Stellung als Zentrum des Welthandels und als grösster Absatzmarkt, konnte die US-Regierung jahrzehntelang über ihre Verhältnisse leben.

Deshalb ist dieses «Privileg» untrennbar mit dem gewaltigen Handelsdefizit der USA verknüpft. Am Ende des Tages haben die USA Schulden bei den Ländern aufgenommen, die ihnen Waren verkaufen (vor allem China), um mit dem geliehenen Geld noch mehr Waren aus denselben Ländern zu importieren. Das ist überhaupt nicht nachhaltig und ein zentraler Widerspruch der Weltwirtschaft.

Deshalb bedeutet ein massives Handelsdefizit auch nicht, dass die USA in einem Handelskrieg alle Trümpfe in der Hand hält.

Die Dollar-Dominanz

Und siehe da: Genau dieser Widerspruch scheint der Grund gewesen zu sein, warum Trump noch in der ersten Woche nach dem «Liberation Day» seine Zölle auf die meisten Länder zurückgeschraubt hat. Indem sie enorme Zölle auf den Rest der Welt erhoben, bedrohten die USA ihren Status als den finanziellen «sicheren Hafen» gleich mehrfach.

Die Zoll-Offensive schwächte das Vertrauen der Kapitalisten in die Stabilität und «Offenheit» des US-Staates. Zur Erinnerung: US-Aktien machen etwa 65 % des globalen Aktienmarktes aus, weil die Kapitalisten das Gefühl haben, dass die US-Wirtschaft stabil ist und dort die «Rechtsstaatlichkeit» unantastbar ist. Die Kapitalisten vertrauen darauf, dass die US-Regierung das Privateigentum «respektiert» und deshalb keine Politik betreibt, die den Interessen der Kapitalisten zuwiderläuft. Plötzlich war das alles in Gefahr. Wegen dieser politischen Volatilität kündigten kürzlich grosse Kanadische und Dänische Pensionskassen an, sich aus dem US-Markt zurückzuziehen.

Die Auswirkungen auf den Dollar, die US-Aktienmärkte und den Anleihemarkt «sehen nach klassischer Kapitalflucht aus». Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit strömte das globale Kapital während der wirtschaftlichen Turbulenzen nicht in die US-Wirtschaft, sondern aus ihr raus. Seit dem «Liberation Day» fällt der Dollar kontinuierlich im Wert. 

Vielleicht möchte Trump einen schwächeren Dollar, weil das die amerikanischen Exporte verbilligen und somit die US-Industrie ankurbeln würde. Er will aber keinesfalls, dass der Dollar seinen Status als Reservewährung verliert – und sollte es auch nicht wollen. Am 30. November letzten Jahres machte er sein Verständnis in einem Post deutlich:

«Die Vorstellung, dass die BRICS-Staaten sich vom Dollar abwenden, während wir tatenlos zusehen, ist VORBEI. Wir verlangen von diesen Staaten eine Verpflichtung, dass sie weder eine neue BRICS-Währung schaffen, noch eine andere Währung unterstützen, um den mächtigen US-Dollar zu ersetzen, andernfalls werden sie mit 100 % Zöllen belegt und können sich vom Zugang zur wunderbaren US-Wirtschaft verabschieden. Sie können sich dann einen anderen «Trottel» suchen! Es besteht keine Chance, dass die BRICS den US-Dollar im internationalen Handel ersetzen – und jedes Land, das es versucht, sollte sich von Amerika verabschieden.»

Der Dollar wird nicht so leicht als globale Reservewährung ersetzt werden. Aber er könnte kurz davor stehen, seine unangefochtene Dominanz zu verlieren. Dann würden die US-Staatsschulden viel teurer werden. 

Tatsächlich stiegen letzte Woche die Zinssätze auf US-Staatsanleihen so schnell wie seit den 1980er-Jahren nicht mehr. Offenbar verkaufte die japanische Regierung die Anleihen in grossem Stil, was die Zinsen befeuerte. Zudem droht die Gefahr, dass auch China als zweitgrösster Einzelgläubiger damit beginnt, Anleihen abzustossen. Wobei es möglicherweise bereits reichen würde, wenn China nur aufhört, neue US-Staatsanleihen zu kaufen. Langfristig wäre das für die USA katastrophal.

Am Samstag, dem 12. April, zitierte das Magazin Forbes einen Devisenstrategen der niederländischen Grossbank ING folgendermassen: «Die Frage nach einer potentiellen Vertrauenskrise in den Dollar hat sich nun endgültig beantwortet – wir erleben eine in all ihren Ausmassen.»

Während Jahrzehnten profitierte die US-Wirtschaft (und damit auch die Weltwirtschaft) von einem Vertrauensvorschuss. Solange die USA sich weiterhin verschulden konnten, um ihren Markt im Zentrum der Weltwirtschaft zu halten, konnten sie sich auch weiter verschulden, um diesen Markt am Laufen zu halten. Eines Tages funktioniert dieser Trick nicht mehr. In diesem Moment ist es wie bei Wile E. Coyote, der plötzlich nach unten blickt und feststellt, dass er längst über den Rand der Klippe hinaus gerannt ist. Was folgt, ist ein tiefer, abrupter Absturz.

Wenn sich die USA nicht länger zu niedrigen Zinssätzen verschulden können, droht ihnen eine massive Finanzkrise sowie der Staatsbankrott, der nur durch ein drastisches Sparprogramm abgewendet werden kann. Trump plant derweil substantielle Steuersenkungen, was das Haushaltsdefizit noch weiter belasten und zu einem weiteren Anstieg der Zinssätze führen würde, die die Regierung zahlen muss. 

Eine US-Staatspleite würde wiederum eine globale Krise auslösen, die sich rasch zu einer neuen Grossen Depression ausweiten könnte. Den USA würden die finanziellen Mittel fehlen, um das Finanzsystem wie 2008 zu retten. Und auch wenn eine Staatspleite abgewendet werden kann, so hätten dafür benötigten Massnahmen (z.B. Geld drucken) ihrerseits schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft. Die Inflation würde massiv zunehmen und das Vertrauen in den US-Kapitalismus zusammenbrechen. 

Spinnt Trump?

Die Krise, die er anscheinend ausgelöst hat, wurde von den Liberalen sofort als Beweis genommen, dass Trump keinen Plan hat, nichts versteht und einen massiven «unnötigen Fehler» begangen hat.

Aber Trumps Zölle sind kein bizarrer «unnötiger Fehler», sondern die Beschleunigung objektiver politischer und wirtschaftlicher Prozesse, die längst im Gange sind. Sie reflektieren die Sackgasse des Kapitalismus im Allgemeinen, und insbesondere den relativen Niedergang des US-Imperialismus.

Es ist allgemein bekannt, dass kaum eine Politik in Washington so breite Unterstützung geniesst, wie der Einsatz von Zöllen und Handelshemmnissen, um China in Schach zu halten. Beide Flügel der herrschenden Klasse der USA unterstützen das. Die Regierung Biden hat massive wirtschaftliche Kriegsführung gegen China betrieben. Bidens Exportbeschränkungen (insb. Technologie) nach China haben aber unbeabsichtigt Trumps Position in diesem Handelskrieg geschwächt. Sie haben die Chinesen dazu veranlasst, in den letzten vier Jahren enorme Ressourcen darauf zu verwenden, mehr mit anderen Ländern zu handeln und eigene Technologien zu entwickeln. Deshalb ist China nun besser auf die Art Handelskrieg vorbereitet, die Trump derzeit führt. 

Auch Bidens Inflation Reduction Act wurde gemeinhin als Form protektionistischer Wirtschaftskriegsführung gegen Europa verstanden. Die Regierung Biden hat den Krieg mit Russland in der Ukraine provoziert, unter anderem um Europa (insbesondere Deutschland) zu schwächen, indem es wirtschaftlich von Russland abgetrennt wurde. Das hatte schlimme Folgen für Europa, aber auch für den US-Imperialismus, weil Russland den Krieg gewinnt.

Eine US-Regierung nach der anderen hat den Status des Dollars instrumentalisiert und missbraucht, indem sie Sanktionen gegen alle ihre Feinde verhängte. Diese funktionieren (soweit sie es überhaupt tun) nur aufgrund der zentralen Stellung des US-Marktes und der US-Finanzinstitute: Wenn die USA Sanktionen verhängen, können sie sich darauf verlassen, dass Unternehmen in der ganzen Welt sich daran halten. Missachten sie die Sanktionen, was ihr gutes Recht ist, werden sie vom US-Markt und dem gesamten globalen Finanzsystem, das die USA über SWIFT kontrollieren, abgeschnitten. Trumps oben zitierte Drohung an die BRICS-Länder ist nur ein groberer Ausdruck der Taktik, die die US-Regierungen schon seit Jahrzehnten anwenden.

Langfristig führt das ständige Sanktionieren jedoch dazu, dass andere Länder Alternativen zum US-Finanzsystem aufbauen. Deshalb haben China und Russland alternative Finanzinstrumente entwickelt, die es Unternehmen und Regierungen ermöglichen, Zahlungen zu tätigen, die das US-Finanzsystem vollständig umgehen.

Die Vorherrschaft des Dollars begann bereits zu bröckeln, bevor Trump wieder sein Amt antrat, und somit stiegen auch die Zinssätze für US-Staatsschulden.

Wie das «Institute for Economic Policy Research» der Universität Stanford feststellte:

«Der Wert der ausstehenden Staatsanleihen fiel von 2020 bis 2023 um 26 Prozent, einer der grössten Einbrüche seit dem Ersten Weltkrieg. Um den Markt für Staatsanleihen während der Pandemie zu stabilisieren, griff die Fed mit dem ein, was Lustig als «schwindelerregende» Käufe von Staatsanleihen bezeichnet. Mehrere Quartale lang, von 2020 bis 2022, kaufte die Fed alle langfristigen Staatsanleihen, die die US-Regierung ausgab. Doch als sie ihre Käufe einstellte, stiegen die Renditen in die Höhe – und die Preise fielen.»

Wachsender Klassenhass

Trump hat seine Wahl gewonnen, weil der US-Kapitalismus in der Krise steckt. Es gibt einen weit verbreiteten Hass auf das Establishment und den Status quo, und die amerikanische Arbeiterklasse hasst die Globalisierung und die Deindustrialisierung, zu der sie geführt hat. Diese Stimmung hat langfristige objektive Ursachen und kann nicht ignoriert werden. Die scheinbar «rationalen» und «vernünftigen» Liberalen haben keine Antworten auf diesen Klassenhass und sind für seinen Anstieg verantwortlich.

Trumps persönliche Vorstellungen bezüglich der Handelsverhandlungen, über die viel spekuliert wird, sind zweitrangig. Trump kam an die Macht, weil er dieser wütenden Arbeiterklasse einen grundlegenden Bruch mit der Politik versprach, die jahrzehntelang zu stagnierenden Löhnen, Deindustrialisierung, Verschuldung und wachsender Ungleichheit geführt hat.

Im Gegensatz zu den liberalen Mainstream-Politikern versucht Trump tatsächlich, seine Versprechen zu erfüllen, ohne sie zu verwässern. Würde er jetzt einen Rückzieher in diesem Handelskrieg machen, wären sein ganzer Wahlkampf, seine Bewegung, seine Versprechen und die Hoffnungen, die er geweckt hat, umsonst gewesen. Der Status quo, die «Globalisten» des «tiefen Staates», wie er sie nennt, hätten dann gewonnen. Der starke Mann, der allen sagt, sie sollen «wie die Teufel kämpfen», hätte schon beim ersten Kampf kapituliert. Die ganze Welt wüsste, dass seine Machtausstrahlung und sein Selbstvertrauen, auf die sich seine Verhandlungsposition stützt, ein Bluff sind. Er steht also unter enormem Druck, dies nicht zu tun.

In Xi Jinping und der chinesischen Wirtschaft trifft die «unaufhaltsame Kraft» von Trump jedoch auf ein unbewegliches Objekt. Würde Xi Jinping einknicken, um den Zugang zum US-Markt wiederzuerlangen, würde er der Welt zeigen, dass China sich schikanieren lässt und somit, dass dies auch passieren wird. China würde damit den Anspruch aufgeben, eine alternative Macht zu den USA im pazifischen Raum zu sein.

Xi Jinpings politische Glaubwürdigkeit in China beruht auf seiner Fähigkeit, China endlich in eine Position zu bringen, in der es die USA herausfordern kann. Sein Regime schürt seit geraumer Zeit eine nationalistische Rhetorik, um sich eine Unterstützerbasis zu schaffen. Die Vorbereitungen für eine solche Konfrontation mit den USA laufen schon lange, und das chinesische Volk weiss das.

In China gibt es ein tiefsitzendes Gefühl der Erniedrigung durch die arroganten Westler. Amerikas Handlungen werden als genau das verstanden, was sie sind: Versuche einer heruntergekommenen imperialistischen Macht, China klein und arm zu halten. Die Kommunistische Partei Chinas stützt ihre Glaubwürdigkeit seit jeher auf die Behauptung, antiimperialistisch zu sein (obwohl China heute in Wirklichkeit eine imperialistische Macht ist) und China zu einer Position der Stärke und Unabhängigkeit zu führen.

Wenn Xi in diesem Kontext Trump gibt, was dieser will, würde dies Xi Jinpings Regime ernsthaft schaden, zumal die Amerikaner diesen Handelskrieg angezettelt haben und die Schuld dafür tragen. Die oben zitierten Äusserungen von J.D. Vance helfen Xi, eine starke politische Hand zu haben. Sie helfen dabei, eine vorübergehende wirtschaftliche Notlage in China akzeptabel zu machen – für die ja schliesslich der arrogante Westen verantwortlich ist – um dem Feind einen kräftigen Schlag zu versetzen.

The Art of the Deal

Weil so viel auf dem Spiel steht, wird es höchstwahrscheinlich irgendwann zu einer Einigung zwischen China und Amerika kommen. Aber Trumps Vorgehen und die relative Schwäche der USA in dieser Situation haben die Einsätze erhöht und es sehr viel schwieriger gemacht, einen Deal zu finden, ohne das Gesicht zu verlieren.

Die US-Arbeiterklasse wird noch wütender werden, sobald sie sehen, dass «America First» nicht das von Trump versprochene «Goldene Zeitalter für Amerika» mit der Rückkehr von gut bezahlten Jobs bedeutet. In der Realität bedeutet es entweder eine ernsthafte Wirtschaftskrise oder eine peinliche Kapitulation vor China oder eine Mischung aus beidem. Aber die grösste aller Illusionen wäre zu glauben, dass die amerikanische Arbeiterklasse das gelassen hinnehmen, als wäre sie aus einer Hypnose erwacht, und zu den Business-as-usual-Liberalen zurückkehren würden.

Der Niedergang des US-Imperialismus und die damit einhergehende scharfe Krise des Kapitalismus bedeutet, dass die Arbeiterklasse so oder so keine andere Wahl haben wird, als für ihre eigenen Interessen zu kämpfen. Und ihr Slogan wird nicht «Amerika zuerst», sondern «Arbeiterklasse zuerst» sein!

Wir erleben den gefährlichsten Handelskrieg seit den 1930er Jahren, wenn nicht sogar seit jeher. Er belegt nicht den Wahnsinn von Trump, sondern die Sackgasse des Kapitalismus. Die Welt ist nicht gross genug für die imperialistischen Mächte USA und China. Ihre Beziehung, früher eine Quelle des Wachstums für die Welt, bedroht jetzt das gesamte kapitalistische Weltsystem. Dafür gibt es keine Lösung auf kapitalistischer Grundlage. Der einzige Weg nach vorn besteht darin, die Weltwirtschaft den Händen der parasitären Milliardäre zu entreissen, die sie zerstückeln und unter sich aufteilen und sie stattdessen in die Hände der Arbeiter dieser Welt zu legen.