Die herrschende Klasse zeigt wahnsinnige Anteilnahme und Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtenden aus der Ukraine. Doch gleichzeitig wollen sie Frontex aufrüsten. Der Bourgeoisie geht es nicht um Menschenleben, sondern um Profite!
In der Schweizer Bevölkerung herrscht aktuell eine sehr grosse Solidarität mit den ukrainischen Kriegsopfern. Es gibt eine enorme Hilfsbereitschaft, was wir natürlich aufs Vollste unterstützen. Und auch die herrschende Klasse scheint plötzlich human geworden zu sein. So bekommen flüchtende UkrainerInnen innert kürzester Zeit den S-Aufenthaltsstatus. Das bedeutet, sie können für mindestens ein Jahr im Land bleiben, erhalten sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt, das Recht auf sofortigen Familiennachzug und Reisefreiheit.
Das sind alles sehr unterstützenswerte Massnahmen. Aber was ist mit afghanischen Flüchtenden? Mit Menschen aus Syrien, dem Irak, Sudan, Jemen und vielen weiteren Staaten? Das Ganze zeigt die wahnsinnige Doppelmoral auf Seiten der Schweizer Bourgeoisie. Ihre momentane Hilfsbereitschaft ist extrem heuchlerisch und zynisch: Sie gilt nur für ukrainische Staatsangehörige. Alle anderen sollen weiterhin gefälligst bleiben, wo sie sind. Um es in den rassistischen Worten von SVP-Nationalrat Thomas Aeschi auszudrücken: «Ausländer, welche in der Ukraine wohnen, aber eben nicht Ukrainer sind, sollen in ihr Heimatland zurückgehen. Es darf nicht sein, dass Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen plötzlich 18-jährige Ukrainerinnen vergewaltigen!»
Diese Ungleichbehandlung der Flüchtenden zeigt sehr deutlich: Der herrschenden Klasse geht es nicht um Menschenwürde und Solidarität. Der Krieg in der Ukraine ist wesentlich ein Krieg zwischen den imperialistischen Kräften des Westens und Russland. Die Schweizer Kapitalistenklasse hat sich zur Verteidigung ihrer eigenen ökonomischen und politischen Interessen in diesem Krieg auf die Seite des westlichen Imperialismus geschlagen. Genau deswegen sorgen sie sich nun plötzlich um das Wohl von gewissen Flüchtenden und setzen ein «humanes» Gesicht auf, während sie sich sonst einen Dreck um diese Menschen scheren. Lassen wir uns von diesen widerlichen Heuchlern nicht täuschen. Unsere Solidarität mit Flüchtenden hat mit dieser Schein-Solidarität nicht das Geringste zu tun!
Noch ein Beispiel? Während sie von Solidarität sprechen, wollen dieselben Leute die barbarische Grenzschutzagentur Frontex ausbauen! Diese verteidigt an Europas Aussengrenzen eiskalt die Interessen des Kapitals und ist verantwortlich für Gewalt, Elend und Tod gegenüber Tausenden von Menschen. Um die Festung Europa zu schützen, zerstören sie Flüchtlingsboote und setzen Menschen auf dem Mittelmeer aus. Sie schicken die Leute zurück in ihren sicheren Tod.
Seit 2009 wird diese abscheuliche Agentur der EU vom Schweizer Staat mitfinanziert, jetzt soll sie massiv ausgebaut werden. Mitte Mai kommt es zur Abstimmung darüber, ob sich der Schweizer Staat mit einem jährlichen Beitrag von 61 Millionen Franken und personeller Unterstützung beteiligen soll.
Laut dem Bundesrat ginge es bei der Abstimmung nicht darum, die Welt zu verbessern, sondern die Schweiz vor unkontrollierter Einwanderung zu schützen und die Handelsbeziehungen mit der EU nicht zu gefährden.
Es ist ihr abscheuliches System, welches Zerstörung und Elend schafft und die Menschen überhaupt erst zwingt zu flüchten. Doch die Bourgeoisie ist nicht bereit für das verursachte Leid zu bezahlen, sondern lässt die Menschen elendig sterben und verhungern. Auf diejenigen Geflüchteten, welche es bis hier schaffen, wartet nichts als Armut, Diskriminierung und Abschottung in den Asylzentren. Hinter der zynischen Anteilnahme der Bourgeoisie kommt ihre abscheuliche Profitgier zum Vorschein. Ihre angebliche Solidarität ist nichts als leere Worte und ein Schlag ins Gesicht für Millionen von Menschen, die ihre Heimat verloren haben, weil ihr Land zu einem Schauplatz für imperialistische Konflikte wurde.
Dabei gäbe es genügend Ressourcen für alle. Wie sich zeigt, können wir in der Schweiz problemlos Tausende von Menschen aufnehmen. Diese Hilfsbereitschaft muss für alle Geflüchteten gelten. Das Geld dafür müssen wir bei den Kapitalisten holen, nur die vereinte Arbeiterklasse kann ihre Villen und Bankkontos enteignen und so den Reichtum allen zur Verfügung stellen. Wir fordern die volle Bewegungsfreiheit und das Recht auf Arbeit für alle. Wir wollen bessere Lebensbedingungen, genügend Wohnraum und eine gute Bildung für alle, die Bourgeoisie soll dafür bezahlen! Wir sagen jeglichem Rassismus den Kampf an, nieder mit der SVP und ihren menschenverachtenden Gesetzen. Vollste Solidarität und Unterstützung mit allen Geflüchteten, egal woher sie kommen! Die Kapitalisten sind nicht in der Lage, ein lebenswertes Leben für alle zu garantieren. Nur wenn ihr Regime gestürzt wird und die Arbeiterklasse die Kontrolle über unsere Gesellschaft übernimmt, können diese abscheulichen Gräueltaten gestoppt werden. Dafür braucht es den geeinten Kampf aller Lohnabhängigen gegen die Festung Europas, gegen den Kapitalismus!
Sina Menn, Unia Bern
14.04.2021
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