Die sich weltweit ausbreitende Pandemie hat eine globale Rezession ausgelöst. Die herrschende Klasse bemüht sich, Mittel und Wege zu finden, um diesen grausamen Schlag gegen die Wirtschaft abzufedern. In ihrer Verzweiflung brechen sie alle Regeln, die ihre Politik in den letzten 80 Jahren bestimmt haben. Das kapitalistische System steht vor der schlimmsten Krise aller Zeiten.
Wir befinden uns schon in einer Rezession
Wirtschaftsdaten hinken immer hinter den Ereignissen hinterher. Die letzten offiziellen Zahlen für die Wirtschaft wären die für das letzte Quartal 2019, und die nächsten Zahlen werden im April veröffentlicht. Es ist jedoch klar, dass sich die Situation in den vergangenen anderthalb Monaten völlig verändert hat.
Verschiedene Institutionen versuchen nun, das Ausmass der Krise vorherzusagen, aber ihre Modelle sind für die Vergangenheit geschaffen und werden sich schwertun, mit der neuen unvorhersehbaren Situation fertig zu werden. Dennoch gibt es keinen Grund, an der allgemeinen Tendenz der Zahlen zu zweifeln.
Morgan Stanley schätzt, dass die US-Wirtschaft zwischen April und Juni dieses Jahres auf das Jahr hochgerechnet um 30 Prozent schrumpfen wird, nachdem sie von Januar bis März um 2,4 Prozent zurückgegangen ist. Dies würde eine Arbeitslosenquote von 12,8 Prozent in diesem Frühjahr bedeuten – die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1948.
Bereits jetzt haben Millionen von Menschen ihre Arbeit verloren. In der vergangenen Woche haben in den USA 3,28 Millionen Menschen Arbeitslosengeld beantragt – das höchste jemals registrierte Niveau. In Grossbritannien gab es innerhalb einer Woche eine halbe Million neue Antragsteller für einen Universal Credit (Sozialleistung im UK).
Das Institute of International Finance prognostiziert nun einen Rückgang des weltweiten BIP um 1,5 Prozent, wobei die USA um 2,8 Prozent, die Eurozone um 4,7 Prozent zurückgehen und China lediglich um 2,8 Prozent wachsen wird. Die so genannten «Schwellenländer», die einen Grossteil der ehemaligen kolonialen Welt umfassen, werden ihrer Meinung nach um 1,1 Prozent wachsen, aber das wird durch das vorausgesagte Wachstum in Indien und China angetrieben, wenn auch mit einer deutlich geringeren Rate.
Ein grosser Teil der Unsicherheit unserer Vorhersagen dreht sich jedoch um das zweite Halbjahr. Wir rechnen mit einer Rückkehr zum Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 2020, vorausgesetzt, die Quarantäne wird aufgehoben und das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen wird wiederhergestellt. Ob diese Annahmen gerechtfertigt sind, bleibt abzuwarten, und die daraus resultierende Unsicherheit bestimmt alle unsere Prognosen.
Sie haben zwar eine gewisse Vorstellung davon, was im Moment geschieht, aber sie haben wenig Ahnung davon, was in ein oder zwei Monaten geschehen wird, geschweige denn im Herbst. Sie sagen einen Rückgang des BIP in der Grössenordnung von 2009 voraus, vorausgesetzt, dass die Dinge in der zweiten Hälfte dieses Jahres zu einem gewissen Grad an Normalität zurückkehren werden. Dies wird von der Fähigkeit der Staaten abhängen, die Pandemie einzudämmen, die Beschränkungen zu lockern, und Verbrauchern und Unternehmen ein gewisses Vertrauen in die Zukunft zu geben. Das ist keine kleine Aufgabe.
Das Vertrauen der Wirtschaft bricht zusammen. Der PMI (Einkaufsmanagerindex der Eurozone, basierend auf Umfragen bei Unternehmen) fiel von 51,6 auf 31,4, den niedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen (die im Juli 1998 begannen). Jede Zahl unter 50 signalisiert eine Schrumpfung. Der PMI für die USA fiel auf 40,5, was zwar nicht ganz so niedrig wie 2009, aber nahe dran ist. Laut dem Chef-Betriebswirt von IHS Markit, der die Zahlen erstellt hat, würden die Daten einen Rückgang des BIP der Eurozone um 8 Prozent und der USA um 5 Prozent anzeigen. Er fügte hinzu, dass es «unwahrscheinlich ist, dass der Index den Tiefpunkt bereits erreicht hat».
Frankreichs Finanzminister sagte am Dienstag, die Krise sei «nur mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 vergleichbar» und stellte fest, dass die französische Industrie nur auf 25 Prozent ihres normalen Niveaus operiere. Der deutsche Wirtschaftsminister sagte, die Krise stelle «die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft» auf die Probe und «ganze Märkte brechen völlig zusammen».
Zahlen für China sind schwieriger zu bekommen, aber laut einem Index der Financial Times bewegt sich die chinesische Wirtschaft auf 75 Prozent ihres Niveaus von 2019. Gegenüber dem Stand vom 1. Januar ist sie um 35 Prozent eingebrochen. Dies würde einen verheerenden Schlag für die chinesische Wirtschaft bedeuten.
Die ehemaligen Kolonialländer werden hart getroffen. Die «Emerging Markets», wie Ökonomen sie gerne nennen, haben 83 Milliarden Dollar an Investitionen verloren. Mehrere Währungen befinden sich im freien Fall: Der mexikanische Peso, der südafrikanische Rand und der brasilianische Real sind um rund 20 Prozent gefallen, die türkische Lira und die indonesische Rupiah um rund 10 Prozent. Dies kommt zu den früheren Kursverlusten der letzten Jahre hinzu, was zusammengenommen bedeutet, dass diese Währungen zwischen einem und zwei Dritteln ihres Wertes verloren haben. Mit ihrer massiven Abhängigkeit von auf Dollar lautenden Krediten befinden sich diese Länder in einer sehr schwierigen Situation.
Verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Massnahmen
Die herrschende Klasse hat Angst davor, was sich in der Rekordzeit, in der die Massnahmen angekündigt werden, widerspiegelt. In den USA dauerte es diesmal vier Wochen, um ein Rettungspaket zusammenzustellen, während es 2008-2009 über vier Monate dauerte. Das Paket, das sie geschnürt haben, ist ebenfalls doppelt so gross ($2 Billionen gegenüber $1 Billion vor 11 Jahren).
Zusammen haben die USA, die EZB, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Grossbritannien, Kanada und Australien Massnahmen der jeweiligen Zentralbanken in Höhe von 2,2 Mrd. $ und Massnahmen der Regierungen in Höhe von 4,3 Mrd. $ angekündigt. Dies entspricht 17 Prozent des gemeinsamen BIP dieser Länder oder 7,3 Prozent des weltweiten BIP. Die chinesische Zentralregierung hat Massnahmen im Wert von 587 Milliarden Dollar angekündigt, was etwa 5 Prozent ihres BIP entspricht.
Es ist nicht nur die Grösse der Pakete, die vorbereitet werden, sondern alle geltenden Regeln für die Rolle des Staates in der Wirtschaft werden ausser Kraft gesetzt. Mario Draghi, der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, argumentierte in der Financial Times:
Es ist schon jetzt klar, dass die Antwort mit einer deutlichen Erhöhung der öffentlichen Verschuldung einhergehen muss. Die Einkommensverluste des privaten Sektors – und alle zur Schliessung der Lücke aufgenommenen Schulden – müssen schliesslich ganz oder teilweise in den öffentlichen Bilanzen aufgefangen werden. Eine wesentlich höhere öffentliche Verschuldung wird zu einem dauerhaften Merkmal unserer Volkswirtschaften werden und mit einem privaten Schuldenerlass einhergehen.
Kurz gesagt: Die Regierung muss eingreifen, um alle Verluste des privaten Sektors zu garantieren. Das normale Funktionieren des Marktes wird beiseitegeschoben. Bankrotte Unternehmen sollen durch Subventionen, Darlehen und Garantien der Zentralregierung über Wasser gehalten werden. Er fuhr fort:
Obwohl die verschiedenen europäischen Länder unterschiedliche Finanz- und Industriestrukturen haben, besteht der einzige wirksame Weg, um sofort in jede Ritze der Wirtschaft einzudringen, darin, ihr gesamtes Finanzsystem zu mobilisieren: die Anleihenmärkte, vor allem für grosse Unternehmen, die Bankensysteme in einigen Ländern und sogar das Postsystem für alle anderen. Und das muss sofort geschehen, um bürokratische Verzögerungen zu vermeiden. Vor allem die Banken erstrecken sich über die gesamte Wirtschaft und können sofort Geld schaffen, indem sie Überziehungskredite gewähren oder Kreditmöglichkeiten eröffnen.
Die Regierung muss sofort in «jede Ritze der Wirtschaft» eindringen und «bürokratische Verzögerungen» vermeiden. Jahrzehntelang hat man uns gesagt, dass Regierungen ineffizient und verschwenderisch sind und sich so weit wie möglich aus der Wirtschaft heraushalten sollten. Jetzt, da Draghi und seine bourgeoisen Freunde plötzlich vom vollständigen Zusammenbruch des Systems bedroht sind, wollen sie, dass der Staat in jeden Teil der Wirtschaft einbezogen wird und alle Vorschriften und Gesetze ignoriert, die sie in den letzten vier Jahrzehnten eingeführt haben. Der Staat wird schnell zum Garanten für das gesamte Wirtschaftssystem.
Zentralbanken müssen Staatsausgaben finanzieren
In der Vergangenheit bestanden Wirtschaftswissenschaftler auf eine strikte Trennung von Zentralbanken und Regierungen. In ihrem Enthusiasmus, die Unabhängigkeit der Zentralbank zu gewährleisten, führten sie diese Bestimmung sogar in Verfassungen wie den Maastricht-Vertrag ein. Damit sollte verhindert werden, dass die Zentralbanken zu einem Instrument der Fiskalpolitik werden, sondern im Wesentlichen zu Hütern einer sparsamen Finanzpolitik. Dies verkehrt sich nun in sein Gegenteil.
In einem Artikel in der Financial Times erläuterte Philipp Hildebrand, der stellvertretende Vorsitzende des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock, die Gründe dafür. Die Interventionen der Zentralbanken zur Bewältigung der letzten Krise bedeuten, dass «der Spielraum für konventionelle und unkonventionelle Geldpolitik weitgehend ausgeschöpft ist». Stattdessen muss die Fiskalpolitik (Regierungshaushalte) die Last schultern. Aber das ist problematisch:
Auf sich allein gestellt werden die enormen Staatsausgaben schliesslich zu steigenden Anleiherenditen führen, wodurch die Staatsverschuldung schwerer zu finanzieren ist und teurer wird. Dies würde auch die Gefahr einer grossen Krise des öffentlichen Schuldendienstes in sich bergen. (…)
Deshalb muss die Politik zu einem vereinfachenden Verständnis von der Unabhängigkeit der Zentralbanken übergehen.
[…]
Um mit dieser existenziellen Bedrohung für das Fundament des Weltwirtschaftssystems selbst fertig zu werden, muss eine wirklich unabhängige Zentralbank auf ihre Fähigkeit vertrauen, sich explizit mit anderen politischen Organen wie dem Staat zu koordinieren.
Was er im Klartext sagt, ist, dass Regierungen nicht unendlich viel Geld leihen können, weil die Kreditgeber irgendwann aufhören werden zu glauben, dass die Regierung das Geld zurückzahlen kann. Dies wird bedeuten, dass sie höhere Zinsen verlangen werden und eine weitere Kreditaufnahme immer teurer oder sogar unmöglich machen. Um dieses Problem zu lösen, müssen die Zentralbanken «koordinieren», d.h. die Regierung mit Krediten versorgen. Wie macht die Zentralbank das? Indem sie neues Geld schafft. Zusammengefasst: Die Zentralbank muss Geld drucken, um die Ausgaben der Regierung zu finanzieren.
Seit mehr als 80 Jahren hat die herrschende Klasse diese besondere Massnahme vermieden. Warum? Wegen des sehr hohen Risikos, dass sie zu einer Hyperinflation führen wird. Heutzutage halten sie sich für sehr schlau und haben alle Lektionen gelernt, und deshalb wird dies nicht passieren, so wie Gordon Brown sich einst damit brüstete, den Boom-Bust-Zyklus (wirtschaftlichen Krisenzyklus im Kapitalismus) beendet zu haben.
Die Zentralbanken haben diese Politik bereits umgesetzt. So hält die Federal Reserve beispielsweise rund 10 Prozent der gesamtstaatlichen Schulden der USA. Die EZB, die wenige Jahre nach der Krise mit einem schweren Ansturm auf die Staatsschulden konfrontiert war, kaufte über ihre nationalen Zentralbanken innerhalb von vier Jahren Staatsschulden im Wert von 1,9 Milliarden Euro auf. Dies entspricht etwa 20 Prozent der gesamten Staatsschulden der Eurozone. Nun bereiten die Zentralbanken eine weitere Expansion dieser Schulden vor.
Die EZB, die verfassungsrechtlich daran gehindert werden sollte, Staatsdefizite zu unterstützen, hat ihr Anleihekaufprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro angekündigt und erklärt, dass sie allen Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten helfen wird, ihre Kreditkosten zu senken. Die US-Notenbank hat ihren Ankauf von Staatspapieren als im Wesentlichen unbegrenzt erklärt, wobei in der vergangenen Woche eine erste Tranche von 375 Milliarden Euro gekauft wurde. Es wird ein Gesetz vorbereitet, das es der Fed erlaubt, nicht nur kurzfristige Staatspapiere, sondern auch langfristige sowie staatliche und kommunale Anleihen zu kaufen. Tatsächlich wird die Zentralbank die gesamte US-Regierung für das kommende Jahr finanzieren. So etwas gab es noch nie.
Eine Nationalbank
Die Zentralbank wird nicht nur die Staatshaushalte finanzieren, sondern auch die Rolle der Geschäftsbanken übernehmen. Ausfälle bei Hypotheken, Konkurse von Unternehmen usw. werden die Fähigkeit der Geschäftsbanken, mehr Geld zu verleihen, belasten, selbst wenn sie es wollten.
In die Bresche springen Regierung und Zentralbanken. Die deutsche Regierung hat grünes Licht für 800 Mrd. € Darlehen ihrer Investitionsbank gegeben. Das US-Rettungspaket in Höhe von 2 Bio. US Dollar umfasst 850 Milliarden Dollar an Finanzmitteln für Kredite an Unternehmen, darunter 350 Milliarden Dollar für kleine Unternehmen. Auch die Zentralbanken intensivieren ihre Aktivitäten.
Die US-Notenbank hat ein weiteres Massnahmenpaket angekündigt, um die zusammengebrochenen Schuldenmärkte zu sanieren. Sie hat den Kauf von Hypothekenpapieren im Wert von 250 Milliarden Euro angekündigt. Sie bereitet sogar ein Main Street Business Lending Program vor, das kleine und mittlere Unternehmen erreichen soll. Damit soll sichergestellt werden, dass scheinbar unbegrenzte Kredite für Unternehmen aller Grössenordnungen zur Verfügung stehen. Wie der Chefökonom von JPMorgan sagte, verwandelt sich die Federal Reserve in eine Geschäftsbank statt in eine Zentralbank.
Ein System in einer tiefen Krise
Alle Massnahmen, die die herrschende Klasse ergreift, haben ein klares Ziel: alle Unternehmen und Beschäftigten bis zum Ende der Pandemie am Leben zu erhalten. Dennoch gibt es keinen Grund, diese Krise als eine vorübergehende Sache zu betrachten. Sie ist das Ende des Weges für ein System, dessen Leben über Jahrzehnte künstlich verlängert wurde.
Die Ausweitung der Kreditvergabe begann nicht 2008-2009, sondern viel früher. Die Art und Weise, wie die Kapitalisten aus der Krise der 70er Jahre herauskamen, hat den Weg für eine viel grössere Krise heute vorbereitet.
Die Verschuldung war eine Möglichkeit, eine Überproduktionskrise zu überwinden, um sicherzustellen, dass die Unternehmen weiter investieren und die Menschen weiter konsumieren, auch wenn sie sich dies nicht wirklich leisten können. Aber die Ausweitung der Kredite erreicht schliesslich eine Grenze. Man kann diesen schlimmen Tag nur so lange wie möglich hinausschieben.
Wir haben das im vergangenen Jahrzehnt in einer Reihe von Artikeln erläutert. Dies ist keine durch einen Virus verursachte Krise, sondern eine durch den Virus ausgelöste Krise. Die Pandemie offenbart nur alle Verwerfungen, die vorher da waren.
Viele Ökonomen und Politiker hoffen, dass sich die Wirtschaft nach einem kurzen drastischen Abschwung erholen wird, und wahrscheinlich wäre dies auch der Fall gewesen, wenn diese Pandemie schon vor einigen Jahrzehnten aufgetreten wäre. Das System hätte sich relativ schnell erholen können. Doch jetzt sieht die Lage ganz anders aus.
Die deutsche und die japanische Wirtschaft befanden sich bereits in der Rezession, und die Auswirkungen des Trumpschen Steuersenkungspakets von 2018 hatten in den USA nachgelassen. Die chinesische Wirtschaft hatte bereits Anzeichen einer Verlangsamung gezeigt, nachdem die beispiellose Kreditausweitung der chinesischen Wirtschaft zu sinkenden Renditen geführt hatte. Die von Trump initiierten Handelskonflikte hatten den internationalen Handel stark beeinträchtigt. Die Erholung, wenn man sie so bezeichnen will, war bereits zu Ende gegangen.
Daher ist es unwahrscheinlich, dass die Massnahmen, die sie jetzt ergreifen, von vorübergehender Natur sind. Vielmehr wird der Staat die Wirtschaft noch jahrelang unterstützen müssen, denn dazu wäre er auch ohne die Pandemie gezwungen gewesen. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass die Produktivkräfte weit über die Grenzen des Privateigentums hinausgewachsen sind. Der Kapitalismus kann keine fortschrittliche Rolle mehr spielen, und die einzige Möglichkeit für die Bourgeoisie, das System zu flicken, besteht darin, den Staat übernehmen zu lassen.
Der Vergleich mit den Kriegszeitwirtschaften der beiden Weltkriege ist treffend. Gerade in der Zeit zwischen 1914 und 1945 befand sich der Kapitalismus in einer ähnlichen Krise, diese wird allerdings noch tiefer sein.
Doch dafür wird ein hoher Preis gezahlt werden. Trotz der Wünsche der Verteidiger des Kapitalismus in der Arbeiterbewegung gibt es kein kostenloses Geld. Die Politik, die sie jetzt verfolgt haben, wäre bis 2008 als Wahnsinn betrachtet worden, und das nicht ohne Grund. Geld zu drucken, während dem die Produktionskapazität statisch ist oder sogar zurückgeht, wird Inflation erzeugen. Wenn dies unkontrolliert geschieht, wird eine Hyperinflation entstehen. Dies ist einer der Fehler der Wirtschaftspolitik des venezolanischen Präsidenten Maduro. Es ist auch das, was die deutsche Regierung in den frühen 1920er Jahren bekanntlich tat und zu einer revolutionären Krise führte.
In den letzten zehn Jahren hatte die Politik diesen Effekt nicht, aber das lag zum einen daran, dass sie die riesigen Geldsummen, die sie geschaffen haben, weitgehend an Unternehmen weitergegeben haben. Somit haben sie nicht wirklich die Realwirtschaft erreicht, sondern hauptsächlich verschiedene Arten von Vermögensblasen verursacht. Darüber hinaus war die Wirtschaft in einem so schlechten Zustand, dass die Massnahmen der Zentralbanken eher eine Deflation vermieden als eine Inflation hervorgerufen haben.
Was sie jetzt vorschlagen ist weitreichender, sowohl in Bezug auf den Umfang als auch auf die Reichweite. Die Zentralbanken intervenieren direkter, ebenso wie die Regierungen. Gleichzeitig ist das Problem nicht nur ein Mangel an Nachfrage, wie sie es nennen, sondern auf vielen Märkten auch ein Mangel an Angebot. Aufgrund der Pandemie bricht die Produktionskapazität zusammen, und es ist unklar, wie viel davon wieder zurückgewonnen wird. Der Kapitalismus ist ein anarchisches System, das sich nicht planen und kontrollieren lässt. In Krisenzeiten wird er noch unregierbarer, schwer vorhersehbar und chaotisch.
Es gibt bereits eine Inflation bei wesentlichen Dingen wie Toilettenpapier, medizinischen Geräten und Lebensmitteln. Dies kann leicht auch in anderen Sektoren auftreten, die mit Störungen oder mit schnell verändernden Konsummustern zu kämpfen haben. Dies wird sich nur noch verschlimmern.
Wer wir dafür zur Kasse gebeten?
Irgendwann wird jemand die Rechnung dafür bezahlen müssen. Die Bürgerlichen sind jetzt alle «Sozialisten» geworden, da sie darauf bedacht sind, dass der Staat ihnen aus der Patsche hilft. Aber sie werden natürlich versuchen, der Arbeiterklasse die Rechnung zu präsentieren, und sie zur Kasse zu bitten. Die Aktionen der Fluggesellschaften zeigen die Haltung der Bourgeoisie. Der Multimilliardär Richard Branson forderte eine staatliche Rettungsaktion für seine Virgin Atlantic, während dem er gleichzeitig die Angestellten aufforderte, unbezahlten Urlaub zu nehmen. Die Kosten für die Löhne von Virgin Atlantic würden sich auf 4 Millionen Pfund pro Woche belaufen, was bedeutet, dass Branson mit seinen 4 Milliarden Pfund die Rechnung für etwa 20 Jahre auch ohne staatliche Unterstützung bezahlen könnte.
Wenn sie den Weg des Gelddruckens gehen, um die Schulden zu decken, wird dies lediglich zu einer Inflation führen, die die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter und die Ersparnisse der etwas besser gestellten Beschäftigten reduziert.
Die Bourgeoisie ist sich der Schwierigkeiten bewusst. Im US-Kongress wurde beschlossen, allen US-BürgerInnen einen Scheck über 1.000 Dollar zukommen zu lassen, um mögliche Kritik an der Rettungsaktion für die Unternehmen abzuschwächen. Wie es das Wall Street Journal letzte Woche formulierte:
Einige im Kongress drängen darauf, dass Barzahlungen an jeden amerikanischen Steuerzahler zusammen mit der Hilfe der Industrie einbezogen werden. Eine Idee, die am Dienstag mit der Unterstützung von Präsident Trump an Dynamik gewann. Solche Auszahlungen wären populär und würden wahrscheinlich die Kritik an der Unterstützung der Wirtschaft abfedern.
Dies wird die Kritik zunächst einmal abschwächen, aber es wird sehr schwierig sein, in ein oder zwei Jahren für ein weiteres Sparpaket zur Finanzierung der Rettungsaktionen zu plädieren.
Ben Barnake deutete an, dass er überrascht sei, dass die Rettungspakete 2008-2009 keine Massenbewegungen provoziert hätten, eine «populistische Gegenreaktion», wie er es nennt. Aber das taten sie, lediglich mit Verzögerung. In den letzten Jahren hat sich der Klassenkampf überall intensiviert. Diese jüngste Krise wird das Feuer nur noch anheizen. Welche Mittel die Bourgeoisie auch immer einsetzen wird, um zu versuchen, das System zu flicken, sie werden eine Welle von Klassenkämpfen vorbereiten.
Niklas Albin Svensson
In Defence of Marxism, London
Bild: Pixabay
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