Etwa 100 Marxisten aus der ganzen Schweiz trafen sich am Wochenende vom 1. bis 3. April in Bern zur jährlichen Konferenz der marxistischen Strömung Der Funke. Die Konferenz war ein Meilenstein im Aufbau der marxistischen Kräfte in der Schweiz. Die Stimmung reflektierte das.
Die Diskussionen am Wochenende waren nicht aus akademischem Interesse, sondern existenziell, um Strategie und Taktik für den Aufbau der marxistischen Kräfte festzulegen. Ein Highlight war die erstmalige Teilnahme von Tessiner Genossen und der internationalen Gäste der International Marxist Tendency (IMT), von welcher Der Funke die Schweizer Sektion bildet. Ein Genosse aus Frankreich brachte es auf den Punkt: «Ich war wirklich beeindruckt von dem Professionalismus und dem Optimismus! Ich bin wirklich stolz darauf, mit euch die Partei der zukünftigen Weltrevolution aufzubauen!» Besonders aufgefallen sind der Enthusiasmus aller Anwesenden und die Disziplin. Letzteres drückte sich im Umgang mit den Corona-Schutzmassnahmen aus, aber vor allem auch in der Stimmung im Raum.
Diese Elemente fielen nicht vom Himmel: Sie gründeten auf dem Verständnis der Perspektiven des Klassenkampfs in der Schweiz und weltweit – also auf den Ideen des Marxismus, der «Wissenschaft der Perspektiven» (Ted Grant). Das qualitative politische Niveau der RednerInnen war höher denn je. Es ist kein Zufall, dass wir an den drei Tagen Bücher im Wert von 1900.- CHF gekauft wurden – zweifellos ein Rekord für die Schweizer Sektion der IMT!
Niklas aus London leitete die Diskussion zu den Weltperspektiven ein. Er erklärte, dass wir nichts weniger als am Beginn der turbulentesten Periode der ganzen Menschheitsgeschichte stehen! Der Kapitalismus befindet sich im Niedergang. Auf allen Ebenen der Gesellschaft verschärfen sich die Widersprüche.
Entspannung ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Die Krise von 2008 wurde nie gelöst. Das rächt sich jetzt doppelt und dreifach. «The chickens are coming home to roost», wie Niklas sagte. Die Inflation ist ein untrügliches Zeichen eines Systems in Krise. Die Ära der sogenannten Globalisierung ist endgültig fertig; Protektionismus steht auf der Tagesordnung. Die Spannungen zwischend den Grossmächten verschärfen sich, der Krieg kommt in Europa an. Alle diese Elemente verschärfen den Abwärtstrend des Kapitalismus. Sie werden die Arbeitsproduktivität runterdrücken.
Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Der Klassenkampf verschärft sich. Der Krieg stiftet zunächst Nebel und Verwirrung durch das unaufhörliche Gelaber von «nationaler Einheit!» der herrschenden Klasse. Aber wenn sich der Nebel legt, wird klar werden, wer zahlen muss: die Arbeiterklasse, zum Beispiel für die Inflation – ein «Desaster» für die Massen, wie Niklas es ausdrückte. In Sri Lanka sehen wir bereits Reaktionen der Arbeiterklasse. Revolutionäre Prozesse sind in der Vorbereitung.
Die Aufgabe der Marxisten ist die Zerschlagung der Mythen vom «Sonderfall Schweiz». Die Stabilität des Schweizer Kapitalismus basierte darauf, dass sich das Schweizer Kapital Nischenpositionen auf den Weltmärkten erschleichen konnte. Aber die Schweiz ist keine gesunde Insel im kaputten Weltkapitalismus. Durch die globale Krise wird der Kampf um den Kuchen härter – und das Eis für die Schweiz immer dünner! Immer weniger wird das Rosinenpicken des Schweizer Kapitalismus toleriert. Der Prozess ist schon lange am Laufen. Die letzten Ereignisse waren weitere klare Schritte in der Untergrabung der «Schweizer Stabilität»: Die Schweiz musste auf Druck der USA und der EU ihre «Neutralität» aufgeben und die Sanktionen gegen Russland unterstützen.
Als Marxisten lassen wir uns aber nicht täuschen. Die «Neutralität» war dazu da, um zwischen den imperialistischen Grossblöcken zu lavieren – und die Arbeiterklasse auf allen Seiten auszubeuten! Das hatte nichts mit guten Diensten» o.ä. zu tun! Wir unterstützen aber auch nicht die Sanktionen des westlichen Imperialismus. Das sind Kriegsmittel, für welche die Arbeiterklasse auf allen Seiten zahlen muss. Wir vertreten den unabhängigen Klassenstandpunkt der Arbeiterklasse. Der Hauptfeind steht im eigenen Land, auch in der Schweiz. Es ist die Aufgabe der Marxisten hier, den Schweizer Imperialismus zu entlarven.
Auch in der Schweiz wird die kapitalistische Krise auf die Arbeiterklasse abgeschoben und es findet ein Radikalisierungsprozess statt. Es ist ein reaktionäres Märchen, dass es allen Menschen in der Schweiz gut geht. Momentan findet dieser noch unter der Oberfläche statt und ohne einen organisatorischen Ausdruck. Es geht aber in die gleiche Richtung wie auf Weltebene.
Durch das Verständnis der Perspektiven war die Motivation der Genossen unglaublich. Das zeigte sich krass in der Spendensammlung. Wir konnten 77’000 Franken sammeln! Das sind alles Gelder von jungen Arbeitern und lohnabhängigen Studenten! Dies zeigt das enorme Vertrauen, das die Genossen in die IMT und die Ideen des Marxismus haben.
Gleichzeitig konnten wir innerhalb von wenigen Monaten die Sympathisantenbeiträge erhöhen. Zusammen können wir dadurch neu eine regionale westschweizer Fulltimerin finanzieren. So können wir die marxistischen Kräfte in der Romandie verstärkt aufzubauen mithilfe von spezifischen Perspektiven und politischen Artikeln. Damit wollen wir dem grossen Potenzial gerecht werden, das sich uns Marxisten in der Westschweiz bietet – und gleichzeitig Lehren aus der Romandie ziehen, weil dort der Klassenkampf ein Schritt weiter fortgeschritten ist als in der Deutschschweiz.
Kein Wunder herrscht ein so grosser Pessimismus in der Linken: Ohne Perspektiven, ohne die Ideen des Marxismus, ist es unmöglich zu sehen, wie sich hinter und durch Krieg, Krise, Stagflation usw. revolutionäre Prozess vorbereiten. Die Reformisten stecken in der Vergangenheit fest. Die Sekten sind pessimistisch, weil sie nichts verstehen. Sie knicken alle ein und ordnen sich auf die eine oder andere Weise den Ideen der Bourgeoisie unter.
Wir als Marxisten sind optimistisch. Mit dem Werkzeug des Marxismus können wir unter die Oberfläche und durch die Lügen der Bourgeoisie hindurchschauen. Die Revolution ist sich am Anbahnen, auch in der Schweiz! Es fängt mit der Jugend an: Sie sucht nach revolutionären Auswegen, die nur der Marxismus liefern kann.
Jetzt wäre eine revolutionäre Organisation mit einer gewissen Verankerung in der Arbeiterklasse notwendig. Wir müssen den Kampf gegen die Zeit aufnehmen. Diesen Kampf können wir nur mit Einheit in den Ideen des Marxismus schlagkräftig aufnehmen. Dies haben wir an der Konferenz geschafft: Alle ziehen am gleichen Strang!
Für uns ist klar: Der Aufbau der IMT ist die wichtigste Aufgabe. Wir müssen die besten Elemente in der Jugend finden und zu Marxisten ausbilden. Das ist der Weg zu den 200, 500, dann 1000 ausgebildeten marxistischen RevolutionärInnen in der Schweiz. Das sind die Vorbereitungsschritte, wie der Marxismus zu einer Massenkraft werden wird in der nächsten Periode. Das ist der Weg, wie die Arbeiterklasse – bewaffnet mit dem Marxismus – zu unseren Lebzeiten den Kapitalismus stürzen und beginnen wird, den Sozialismus aufzubauen!
Willst du für den Sozialismus zu unseren Lebzeiten kämpfen? Dann trete uns bei und baue mit uns die IMT auf!
Thomas G.
09.04.2022
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