Nachdem an der letzten DV in Corpataux von uns beantragt wurde, die Diskussion rund um die Resolutionen zur Situation in Venezuela zu verschieben, wurde dies anlässlich dieser DV nachgeholt. Neben der ursprünglichen Resolution der JUSO Stadt Bern (R1) gab es zusätzlich eine Funke-Resolution (R2) sowie einen Vorschlag der Geschäftsleitung (R3).
Zunächst wurden die beiden letzteren einander gegenübergestellt. Dabei wurde, auch dank einiger präziser Interventionen unserer Genoss*innen, schnell klar, dass der Resolution der GL Inhalt, Positionsbezug und die (Klassen-)Analyse komplett fehlten. Dennoch obsiegte sie gegenüber der unseren. Dies dürfte aber wohl weniger ihrem eigentlichen (fehlenden) Inhalt geschuldet gewesen sein, denn ihr opportunistischer Charakter offenbarte sich einer grossen Mehrheit. Dies widerspiegelte sich auch in der anschliessenden Gegenüberstellung mit R1, wo die Resolution der GL deutlich unterlag (101 zu 60 Stimmen).
Die Resolution der JUSO Stadt Bern muss trotz dem unklaren Positionsbezug zum Konflikt in Venezuela vor allem dafür gelobt werden, dass sie weitaus gehaltvoller war und einen wichtigen Punkt besonders herausstrich: Wir müssen, in Venezuela und weltweit, mit dem Reformismus brechen. Denn dieser hat uns nichts mehr zu bieten!
Der nächste Traktandenpunkt war die Wahl eines neuen GL-Mitglieds. Der Kandidat der marxistischen Strömung, Lukas Nyffeler, hatte bereits sehr früh mit einem politischen Programm seine Kandidatur angekündigt. Darin hatte er einige wichtige Punkte angesprochen (u.a. finanzielle Unabhängigkeit von der SP, Kollegialitätsprinzip in der GL, Bedeutung der politischen Bildung) und dadurch intensive Diskussionen angestossen. Bertil Munk hat kurze Zeit später ebenfalls seine Kandidatur angekündigt und die beiden unterzogen sich im Verlauf der letzten Wochen einem Kreuzverhör dutzender Mitglieder der JUSO während den 7 Hearings, die schweizweit organisiert wurden. Dabei konnten wichtige Differenzen bezüglich politischer Positionen akzentuiert werden, wie die Frage „Reform oder Revolution“, das Thema Feminismus und viele weitere.
Obwohl Lukas in der Wahl Bertil unterlag (66 zu 112 Stimmen), dürfen wir eine sehr positive Bilanz unserer Kandidatur ziehen: Dank Lukas‘ Einsatz war diese Wahl eine der politischsten, die die JUSO je gesehen hat. Anstelle einer Persönlichkeitsentscheidung rückten die politischen Positionen und die unterschiedlichen Analysen in den Mittelpunkt der Entscheidung. Der Funke konnte dadurch dringend notwendige Diskussionen in der JUSO anstossen, denn wie Lukas bereits in seiner Rede sagte „Die revolutionäre Philosophie und die Methoden des Marxismus sind die einzigen Werkzeuge die uns dabei helfen können die grundsätzliche Umgestaltung der Gesellschaft zu erreichen“.
Zu guter Letzt wurde unsere Resolution zur Russischen Revolution besprochen. Die intensive Diskussion rund um die Resolution „Fight like in 1917“ zeigte einmal mehr die Notwendigkeit auf, sich intensiv mit diesem bedeutenden historischen Ereignis, welches wie kein zweites die letzten hundert Jahre Menschheitsgeschichte geprägt hat, auseinanderzusetzen. Der Funke hat dies seit Jahresbeginn mit einer Artikelserie, diversen Veranstaltungen und nun auch mit dieser politischen Diskussion an der DV getan. Leider fand die Resolution, welche die Oktoberrevolution und die Bolschewiki klar verteidigte, keine Mehrheit und wurde mit 79 gegen 55 Stimmen abgelehnt.
Obwohl unsere beiden Resolutionen unterlagen und Lukas mit seiner Kandidatur scheiterte, dürfen wir eine durchaus positive Bilanz dieser DV ziehen. Dabei gilt es insbesondere das hohe politische Niveau der Diskussionen, sowie die Disziplin, die während der gesamten DV herrschte, herauszustreichen.
Dennoch müssen wir auch Kritik äussern: Dass die JUSO Schweiz erst zu diesem späten Zeitpunkt Stellung zur Situation in Venezuela bezieht, muss ein Weckruf sein für kommende Diskussionen. Unsere Solidarität gilt der Arbeiter*innenklasse weltweit und wenn wir nicht bereit sind, zeitgemäss auf solche Ereignisse wie jene in Venezuela zu reagieren, müssen wir unseren Internationalismus ernsthaft in Frage stellen. Weiter ist es zu bedauern, dass trotz unseres Antrags zur Russischen Revolution kein Gegenpapier geschrieben wurde. So wird das Jahr 2017, welches das hundertjährige Jubiläum der ersten erfolgreichen sozialistischen Revolution markiert, verstreichen, ohne dass die Jungsozialist*innen zu diesem historischen Ereignis Stellung bezogen haben. Dies darf einer Partei, welche sich dem Kampf gegen den Kapitalismus verschrieben hat, nicht passieren.
Zu guter Letzt gilt es, unserem Genossen Lukas zu gratulieren. Während der letzten Wochen hat er einen hervorragenden Wahlkampf geführt. Angefangen bei seinem Programm, über die Hearings und Interviews, bis zu seiner flammenden Rede an der Delegiertenversammlung hat er die revolutionären Ideen der marxistischen Strömung vorbildhaft vertreten. Dank seinem unermüdlichen Einsatz und seinem fundierten Wissen konnten die Ideen des Marxismus geduldig erklärt und in weite Teile der Partei hineingetragen werden. Die Diskussionen, die dadurch angestossen wurden, und die daraus gewonnen Erkenntnisse zeigen auf, mit welcher Dringlichkeit die JUSO Schweiz eine revolutionäre Perspektive braucht – oder wie Lukas es formuliert hat: „Wir müssen jetzt lernen und handeln, wir müssen jetzt einen revolutionären Kurs einschlagen!“ Dafür wird der Funke unermüdlich weiter kämpfen.
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