Im Sudan stürzt 2019 eine revolutionäre Massenbewegung das erz-reaktionäre Bashir-Regime. Phasenweise sind mehr als zwei Drittel der Kämpfenden Frauen. Im Libanon stehen Frauen an der Spitze nicht minder revolutionärer Ereignisse. Es gebe keinen anderen Weg als den Sturz der Banken, urteilt eine Libanesin nach viermonatigem Kampf gegen das Regime. Ähnliches in Mexiko, in Spanien, auf der ganzen Welt.
Die Krise des Kapitalismus heisst zunehmende Not für die Ausgebeuteten. So nötigt er diese zum Widerstand – insbesondere arbeitende Frauen, die von der Krise besonders hart getroffen werden. Wir stehen am Beginn einer Periode revolutionärer Kämpfe auf globaler Ebene. Und arbeitende sowie junge Frauen stehen inmitten oder an der Front der Kämpfe.
Frauenstreik
Das Kampfniveau in der Schweiz liegt tiefer. Aber im global verflochtenen Kapitalismus gibt es keine Inseln: Es zeigen sich ähnliche Entwicklungssprünge. In Form des Frauenstreiks trat die breite und tiefe Radikalisierung arbeitender und jugendlicher Frauen ruckartig an die Oberfläche. Er war Beweis des riesigen Kampfpotenzials. Doch zwischen diesem und dem tatsächlich Erkämpften klafft ein Abgrund.
Reformistische Gewerkschaftsführungen und feministische OrganisatorInnen liessen das Potential verpuffen, indem die Bewegung in die Bahnen eines bloss symbolischen «Streiks» – eine Demonstration, kein Streik – geführt wurde. Die Unterdrückung bleibt dieselbe wie davor. Denn Symbole schmerzen die Profiteure der Frauenunterdrückung nicht: die Kapitalisten, gegen die der Kampf für die Befreiung der Frau geführt werden muss.
Kapitalismus und Frauenunterdrückung
Der Kapitalismus erfindet die Frauenunterdrückung nicht. Aber er verankerte sie in seinen Grundfesten: den Arbeitsverhältnissen. Die unterdrückende Hausarbeit wird mehrheitlich den Frauen aufgezwungen. Gleichzeitig werden sie auch in der Lohnarbeit ausgebeutet. Die Kapitalisten holen sich, ganz besonders in der Schweiz, Fünfer wie Weggli. Einerseits schafft die Hausarbeit der Frauen billige ausbeutbare Arbeitskräfte. Andererseits werden Frauen vom Kapital nochmals doppelt ausgepresst durch prekäre Lohnarbeit in «Frauensektoren» oder durch die Lohnungleichheit. Der Sexismus reproduziert auf ideologischer Ebene diese doppelbelastende Rolle arbeitender Frauen, mit der eine Menge von Unterdrückungsphänomenen einhergehen.
Die Kapitalisten profitieren von der Frauenunterdrückung in all ihren Formen. Niemals werden sie auf diese verzichten. Der Kampf gegen die Frauenunterdrückung ist ein Kampf gegen das Kapital und die Gesellschaftsform, in der dieses herrscht. Der Kapitalismus erfindet die Frauenunterdrückung nicht. Aber er muss gestürzt werden, um sie zu beenden.
Klassenkampf
Frauen erleiden Gewalt, Sexismus und Unterdrückung durch selber ausgebeutete Männer. Das ist Tatsache. Doch der Kapitalismus in der Krise hat weder lohnabhängigen Frauen noch Männern irgendetwas zu bieten. So haben sie ein gemeinsames Interesse daran, ihn zu stürzen: Der gemeinsame Kampf der ganzen ausgebeuteten Klasse ist möglich. Er ist notwendig, denn nur als vereinte Klasse haben die ArbeiterInnen die Schlagkraft, um den Kapitalismus zu stürzen. In den aktuellen Kämpfen sehen wir, dass die Lohnabhängigen ihre gemeinsamen Interessen selbst erkennen und in Ansätzen das sie spaltende ideologische Gift des Sexismus überwinden: «United we stand, divided we fall», hiess es vorletzte Woche auf Plakaten protestierender Irakerinnen. Nach monatelangen landesweiten Protesten wurde gegen den Versuch, diese entlang des Geschlechts zu spalten, demonstriert. Männer und Frauen schützten die Demonstration vor Repression.
Sozialismus
Der Kapitalismus ist nicht nur Hindernis zur Überwindung der unterdrückerischen Geschlechterverhältnisse. Er hat aus sich auch die Bedingungen geschaffen für eine neue Gesellschaftsform, in der die materielle Basis für die Unterdrückung der Frau fällt: den Sozialismus.
Im Sozialismus eignen sich die gesellschaftlichen ProduzentInnen ihre Produkte kollektiv an und gestalten und planen die mittlerweile hochentwickelte Produktion demokratisch. Es wird keine materiellen Interessen mehr geben, den Frauen das Joch der Hausarbeit aufzuzwingen. Diese wird – das einzig Rationale vom Standpunkt der arbeitenden Mehrheit – zur gesellschaftlichen Aufgabe und demokratisch organisiert werden. Der Lebensstandard wird gehoben werden; finanzielle Abhängigkeiten als eine unmittelbare Ursache der Unterdrückung verschwinden. Indem der Sexismus seine gesellschaftliche Funktion verliert, wird er bewusst abgeschafft werden können.Wer dafür kämpft, «alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist» (Marx) – und nur darum kann es uns gehen – muss für den Sozialismus kämpfen.
Für die Redaktion
Jannick Hayoz
Inhaltsverzeichnis #88 (März 2020)
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Inside Marxist Tendency
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STAF: Vom Kompromiss zur Niederlage
Wie kämpfen gegen die Angriffe der Bourgeoisie, national und kantonal?
Gehämmert & gesichelt
Arbeitskämpfe in der Schweiz
Europa brennt
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Gemäss jüngsten Umfragen glauben 56% der Weltbevölkerung, dass der Kapitalismus heute mehr Schaden als Nutzen bringt. Warum?
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