Lies doch auch Teil 1 und Teil 3 des Interviews.
Was hast du denn gegen Reformismus? Muss man nicht den Leuten hier und jetzt helfen?
Das Problem des Reformismus sind nicht die Reformen. Nein – wir müssen jetzt, hier und heute den Kampf für konkrete Reformen wie bessere Löhne, bessere Behandlung von Migrierten und für den Kampf gegen Sexismus angehen. Das Problem ist, dass der Reformismus heute nicht mehr in der Lage ist, Verbesserungen zu erkämpfen. Er reisst diese Probleme und Kämpfe aus ihrem Zusammenhang, zerstückelt sie und beschränkt sich prinzipiell auf das im System machbare. ReformistInnen haben kein Vertrauen darin, dass die Ausgebeuteten und Unterdrückten sich befreien und eine andere Gesellschaft errichten können.
Sie beschränken die Forderungen auf das für die Herrschenden akzeptable?
Genau! Kurz gesagt: ReformistInnen stützen das kapitalistische System, indem sie seine Grenzen akzeptieren. Um es an einem konkreten Beispiel aufzuzeigen: In der Wirtschaftskrise ist das aktuelle Rentenniveau nicht mehr akzeptabel – also müssen die ReformistInnen eine Kürzung der Renten oder eine Erhöhung des Rentenalters akzeptieren. Für sie werden einzelne Forderungen zum Selbstzweck. Um lebenswichtige Reformen zu erreichen und langfristig zu halten, müssen sie auf ein revolutionäres Ziel ausgerichtet sein. Man muss die inneren Zusammenhänge der Probleme aufzeigen und ein gemeinsames Programm, eine gemeinsame Lösung präsentiert werden. So kann jeder Kampf ernsthaft geführt, Verbesserungen erkämpft und die Grenzen des Systems durchbrochen werden.
Welche Rolle soll die JUSO dabei spielen?
Eine sehr wichtige Frage: Wir müssen die verschiedenen Kämpfe vereinen. Zuerst analytisch, indem wir Ursachen feststellen und Strategien entwerfen. Dann praktisch, indem wir in ausbrechende Kämpfe gegen Imperialismus, Sparmassnahmen oder Patriarchat intervenieren. Dort kämpfen wir mit, bringen unsere Ideen ein und überprüfen unsere Ansichten an der Realität. Dann vereinen wir die Kämpfe politisch, indem wir die aktivsten KämpferInnen auch bei uns organisieren und aus den verschiedenen Bewegungen ein gemeinsames politisches Programm schmieden. Das ist auch, was ich mit der “Einheit von Theorie und Praxis” meine. In einem ersten, konkreten Schritt sollte die JUSO sich als DIE Kraft im Kampf gegen Sparmassnahmen an den Unis und den Schulen etablieren. Dafür müssen wir in die bereits stattfindenden Kämpfe intervenieren, sie vereinen und so unsere Schlagkraft vergrössern.
Und dann gibt es Revolution?
Wenn wir unsere Arbeit gut machen, die Widersprüche der Gesellschaft erkennen und richtig intervenieren, dann formiert sich eine Klasse, die mit ihren Verbündeten die Macht hat, das alte marode System zu stürzen. Revolutionäre Politik setzt sich somit als oberstes Ziel, das Klassenbewusstsein der Lohnabhängigen zu fördern, deren Organisierung voranzutreiben und eine sozialistische Perspektive für ihre Kämpfe aufzuzeigen. Die JUSO muss sich als ein Werkzeug für die Organisation der arbeitenden Klasse verstehen. Dafür stehe ich ein, und würde es auch in der Geschäftsleitung tun.
Lukas ist nicht der einzige, der für den freiwerdenden GL-Sitz kandidiert. Am Sonntag erklärt er uns, was seine Position von derjenigen seines Kontrahenten unterscheidet.
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