Am 1. November fand der erste Protesttag der Bauarbeiter in der Deutschschweiz statt. Es versammelten sich ca. 1000 Bauarbeiter, um den Kampf gegen die Angriffe des Baumeisterverbands fortzusetzten. Ein Erfahrungsbericht.
Der Gesamtarbeitsvertrag im Baugewerbe – der Landesmantelvertrag (LMV) – läuft per Ende dieses Jahres aus. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) packte die Gelegenheit beim Schopf und griff die Frühpension mit 60 an («Hitzige Lage auf dem Bau»). Dies liessen sich die Bauarbeiter nicht gefallen: Im Juni organisierte die Unia eine Protestdemo in Zürich, an die 18’000 Bauarbeiter aus der ganzen Schweiz anreisten und ihre Kampfbereitschaft zeigten («Reportage: Kampf der Bauarbeiter füllt die Zürcher Innenstadt»).
Der Baumeisterverband liess von seiner Forderung, die Frühpension abzuschaffen, ab. Doch was er mit der linken Hand gab, will er sich mit der rechten wieder nehmen: Der 12-Stunden Tag soll (zwischen März und Dezember) zur Norm werden, 300 flexible Arbeitsstunden, Verlust der Lohnklasse bei Stellenwechsel und Abschaffung des «Lohndumpingartikels».
Auf diesen Kuhhandel lassen wir uns nicht ein: Das, was der SBV betreibt, ist Erpressung und ein Frontalangriff auf die Gesundheit der Bauarbeiter.
Zum Kampf bereit!
Die Gewerkschaften versuchten mit dem SBV Verhandlungen zu führen, doch dieser lässt von seinen Forderungen nicht ab. Die Unia organisierte daraufhin im Oktober die ersten «Protesttage»: im Tessin streikten 3000 Bauarbeiter, am Tag darauf 1500 in Genf — um den Streik sogar um einen Tag zu verlängern («MaurerInnen gegen die Gewalt der Bosse»).
Bern erblüht in Rot
Am 1. November gingen die Protesttage in Bern weiter – mit dabei der Funke. Um 05:15 ging es los. Gemeinsam mit der Unia fuhren wir mit Bussen von Baustelle zu Baustelle, um die Arbeiter abzuholen.
Der Treffpunkt in der Nähe der Schützenmatte füllte sich kontinuierlich. Es wurden Festzelte aufgebaut, alle packten tatkräftig an. Euphorische Stimmung lag in der Luft. Überall wurde über die Angriffe der Baumeister diskutiert. Manch ein Gespräch ging weiter und es wurde Kritik an unserer gesamten Gesellschaftsordnung geübt: «Kommunismus ist kein schlechtes Wort! Die Welt braucht den Kommunismus, ohne ihn sind wir alle verloren», meinte ein Bauarbeiter, als er unsere Zeitung kaufte.
Etwa um elf Uhr waren 1000 Bauarbeiter auf der besetzten Baustelle versammelt. Die Spannung stieg, man konnte es formlich spüren. Nach einer gemeinsamen Mahlzeit ertönten die Stimmen der GewerkschaftssekretärInnen, welche zum Marsch durch die Stadt aufriefen. Es wurde laut: Pfiffe, Rufe und Gesänge. Ein Demonstrationszug wurde formiert. Die Demonstration begann.
Ein rotes Fahnenmeer bahnte sich seinen Weg durch die Stadt. Wir waren laut! Die Kampfbereitschaft der Bauarbeiter war selbst für nicht beteiligte Passanten spürbar. Von einem Unia-Wagen herab ertönten Parolen: «Heute streiken wir einen Tag, für einen Tag stehen die Baustellen in Bern still, doch lenken die Baumeister nicht ein, streiken wir länger. Das wird weh tun, denn die ganze Schweiz steht still ohne unsere Arbeit!»
Ein Warnschuss
Ziel der Demo war der Helvetiaplatz. Dort angekommen, marschierte der Demonstrationszug aber weiter bis zum Gebäude des SBV. Der Hauptsitz des SBV wurde belagert. Roter Rauch vernebelte die Luft. Vom Unia-Wagen wurde eine ca. 1,5 m grosse Attrappe einer Uhr abgeladen, deren Zeiger auf fünf vor zwölf standen. «Hände weg von unserer Gesundheit!», stand auf dem Zifferblatt. Die Attrappe wurde von den Bauarbeitern vor dem Gebäude des SBV einbetoniert. Dies war ein Warnschuss für die Herren in der Chefetage.
Wie weiter?
Am 07. November gehen die Verhandlungen zwischen der Unia und dem SBV weiter. Der Berner «Protesttag» offenbarte die Kampfbereitschaft auch der Berner Bauarbeiter. Nun heisst es für die Gewerkschaften: Keinen Schritt zurück, keine faulen Kompromisse! Jetzt müssen die Interessen der Bauarbeiter mit allen Mitteln erkämpft werden. Lenken die Baumeister nicht ein, so muss der Kampf intensiviert werden. Die Unia muss beim Wort genommen werden: «…dann streiken wir länger»! Es müssten mehrtätige Flächenstreiks durchgeführt werden. Der Funke wird sich zu jeder Zeit solidarisch mit den Bauarbeitern zeigen und sich weiter an den Kämpfen beteiligen.
Matthias N.
Vorstand JUSO Solothurn
Bild von Der Funke
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