Die Bundestagswahlen in Deutschland sind vorbei. Wie zu erwarten war, wurden die bisherigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD gründlich abgestraft und erzielten Negativrekorde. Die AfD zieht hocherhobenen Hauptes in den Bundestag ein. Nun ist die Linke gefordert.

Die Wählerinnen und Wähler erteilten den beiden Regierungsparteien mit ihrem Gang zur Urne die Quittung für die Politik der letzten vier Jahre. CDU/CSU und SPD verloren massiv an Stimmen. Martin Schulz hat keine Wunder vollbracht. Der „Schulzeffekt“ verblasste schnell, weil hinter dem neuen Gesicht die alte Fratze der Politik Schröders hervorlugte. Dessen Agenda 2010 hatte für Millionen Menschen Verarmung und sozialen Abstieg bedeutet. Die SPD war nicht gewillt, ihre Politik zu ändern, und tauschte lediglich ein Gesicht aus. 20,3 % bedeuten das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit.

Die Ankündigung, in Zukunft nicht mitregieren zu wollen, ist im Grunde richtig. Ein Verweilen in der Regierung würde zur vollständigen Diskreditierung der Partei und somit zum politischen Tod der SPD führen. Der taktischen Überlegung muss aber zwingend ein Überdenken der Strategie folgen. In die Opposition zu gehen, genügt nicht. Es muss einen Linksschwenk bedeuten. Eine SPD in der Opposition erschwert zwar die Koalitionsbildung, dies allein bringt die SPD aber nicht auf Kurs. Ohne politische Veränderung wird es der SPD gleich ergehen wie anderen sozialdemokratischen Parteien Europas. Deren inkonsequente Regierungspolitik bescherte ihnen Wahlergebnissen im einstelligen Prozentbereich.

AfD und die LINKE

Der massive Stimmenverlust der bisherigen Regierungskoalition ist die Antwort auf ihre Politik. Die WählerInnen sind enttäuscht: Die etablierten Parteien haben weder soziale noch wirtschaftliche Probleme gelöst. Die vergebliche Suche nach PolitikerInnen, die sich den Interessen der Bevölkerung annehmen, liess viele ihr Kreuz bei kleinen Parteien setzen. Von diesen versprechen sie sich eine Alternative zum Status Quo. Wie diese Alternative aussieht, ist zweitrangig. Obschon besorgniserregend, so ist es doch keine Überraschung, dass die AfD massiv zulegen konnte. Die 12.6% bedeuten aber keinesfalls, dass sich ein Achtel der Deutschen mit dem rechtspopulistischen Gedankengut der Rechtsaussen-Partei identifiziert. Vielmehr zeigt auch dieses Ergebnis eine deutliche Verdrossenheit der WählerInnen gegenüber den Mainstream-Parteien. Laut ersten Analysen stimmten 60 Prozent der AfD-WählerInnen nicht aus Überzeugung für die AfD, sondern vielmehr aus einer ohnmächtigen Unzufriedenheit mit der abgehobenen politischen Elite.

Hier ist die LINKE gefordert: Sie muss mit einer radikal linken Oppositionspolitik die Interessen der arbeitenden Klasse vertreten und politische Inhalte präsentieren. Das hat sie im Wahlkampf vermissen lassen. So konnte die Linkspartei nicht sonderlich vom weit verbreiteten Unmut profitieren und bleibt weiterhin unter ihren Möglichkeiten. Sie gewann gegenüber der Wahl von 2013 lediglich 0.6%. In ihrem Stammland, dem Osten, gilt sie als etablierte Partei. Dort musste sie heftig einstecken. Im Westen hingegen schaffte sie es etwas zuzulegen.

 Ausblick

Deutschland steht wohl eine sogenannte Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen bevor. Die Regierungsbildung dürfte sich als schwierig erweisen, zumal Grüne und FDP in wesentlichen Fragen sehr gegensätzliche Position vertreten. Nichtsdestotrotz wird der Druck auf sozialstaatliche Errungenschaften steigen.

Die LINKE, Gewerkschaften und SPD-Basis haben eine hohe Verantwortung beim Aufbau einer breiten gesellschaftlichen Gegenwehr. Die LINKE muss sich inhaltlich klar von der SPD-Führung abgrenzen und eigene Antworten finden. Statt Schmusekurs müssen sich die Gewerkschaften energischer in das politische Geschehen einmischen und mobilisieren. Schliesslich wird nur mit Klassenkampf der AfD der Nährboden entzogen. Die Polarisierung nach rechts kommt aus dem Fehlen einer Alternative auf der linken Seite. Diese Alternative und die sozialistischen Ideen gilt es aufzuzeigen!

Jannis Brugger

Vorstand JUSO Graubünden