Ein Jahr nach dem Tode von Hugo Chávez drohen seinem Lebenswerk – der bolivarischen Revolution in Venezuela – tödliche Gefahren. Es gehört oftmals zum Schicksal revolutionärer Führungsperönlichkeiten, dass nach ihrem Tode diejenigen, die sie zu ihren Lebzeiten bekämpft haben, sie plötzlich loben und gleichzeitig ihre Ideen verfälschen, verwässern und wie einen Kater kastrieren.

ChavezAls Karl Marx 1883 starb, machten sich einige seiner Anhänger daran, seine Lehre von ihrem revolutionären Inhalt zu befreien. Leute wie Bernstein und Kautsky setzten sich als die legitimen Schüler von Marx in Szene und förderten im Gewande “neuer Ideen” einen reformistischen Revisionismus. Dies galt in dieser Epoche auch für Heinz Dietrich, der den Anspruch erhob, die angeblich völlig neue Idee des “Sozialismus im 21. Jahrhundert” erfunden und geprägt zu haben.

Bei näherer Betrachtung erweisen sich die sogenannten “neuen” Spielarten des Sozialismus als schwacher Abklatsch uralter Ideen von Proudhon und utopischen Sozialisten aus dem vorletzten Jahrhundert, die vor 150 Jahren schon vor Marx widerlegt wurden. Lenin beanspruchte nie eine “neue und originelle” Lehre, sondern verteidigte ein Leben lang die “alten Ideen” gegen die Revisionisten. Doch nach Lenins Tod revidierten Stalin und seine Anhänger Lenins Ideen, um die Machtübernahme durch eine bürokratische Kaste in der Sowjetunion zu rechtfertigen. Stalin liess Lenins Leiche einbalsamieren und wie ein religiöses Relikt in einem Mausoleum aufbahren. Lenins Witwe Krupskaja beschwerte sich darüber: “Er hat ein Leben lang gegen Ikonen gekämpft und wurde jetzt selbst zur Ikone gemacht.”

Nun stellt sich für alle Unterstützer der  Bolivarischen Revolution die Frage: Sind mit Hugo Chávez auch seine Ideen begraben worden? Verteidigen diejenigen, die posthum schmeichelhaft über ihn reden, wirklich seine Ideen und setzen sie in die Tat um?

Konterrevolution erhebt ihr Haupt

Eines liegt klar auf der Hand: 16 Jahre nach ihrem Beginn ist die Bolivarische Revolution ernsthaft gefährdet. Die Kräfte der Konterrevolution sind wie schon im April 2002 auf der Strasse, randalieren und schaffen Chaos. Hinter den Horden aufgehetzter Kleinbürger und entwurzelter Lumpenproletarier zieht die Oligarchie die Fäden. Und hinter der Oligarchie steht Washington. Durch direkte Aktionen bewaffneter faschistischer Schlägerbanden versucht die herrschende Klasse den Umsturz der demokratisch gewählten Regierung. Das ist eine Zinke der kapitalistischen Offensive. Die andere besteht darin, das wirtschaftliche Leben mit Sabotage und Kapitalstreik zu überziehen, die Wirtschaft mit Spekulation und Wucher zu hemmen und Waren des täglichen Gebrauchs durch Horten künstlich zu verknappen.

Während sie immer von Demokratie reden, wollen sie sich dem Willen der Mehrheit nicht beugen. Sie werden sich nie mit einer Regierung aussöhnen, die eine Politik im Interesse der Bevölkerungsmehrheit betreibt. Wer das in 16 Jahren nicht verstanden hat, wird es nie und nimmer verstehen. Die Revolution muss vollendet werden.

Angesichts offener Konterrevolution hat Präsident Nicolás Maduro die Arbeiterklasse aufgerufen, sich zusammenzuschliessen und zur Verteidigung der Revolution zu mobilisieren. Er hat sie aufgefordert, die Arbeitermilizen zu stärken. Und er unterstützt Anti-Putsch-Komitees. Solche Schritte sind absolut richtig und nötig. Aber das wirft auch die Frage auf: wie ist es möglich, dass die Revolution trotz der vielen Fortschritte immer noch gefährdet und umkehrbar ist?

Reformisten werden behaupten, dass die Revolution zu weit fortgeschritten sei und dass es nötig sei, der “zivilisierten Opposition” Zugeständnisse zu machen und die Unterstützung der Mittelschichten zu gewinnen. Vor nicht allzu langer Zeit rief auch die bolivarische Führung zu “Frieden und Liebe” auf und buhlte damit um die Gunst der Opposition, die sich aber leider weiter wie ein bissiges Biest gebärdet.

Unter den alten Römern gab es den Satz: “Wenn Du Frieden willst, bereite Dich auf den Krieg vor.” Das ist ein sehr gesunder Ratschlag. Der Krieg zwischen den Klassen ist noch erbarmungsloser als der Krieg zwischen den Nationen. Die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Unterdrückern und Unterdrückten lässt sich nicht mit schönen Worten und Reden überwinden. Es muss zwangsläufig zum Kampf und Kräftemessen kommen. Wehe der Seite, die dabei verliert!

Dies ist eigentlich allen Seiten bewusst. Aber es gibt immer noch Reformisten, die dieser Wahrheit nicht ins Auge blicken wollen und sich für Realisten halten und dabei die grössten Utopisten sind. An einem Tag rufen sie die Massen zur Verteidigung der Revolution auf, und einen Tag später ruft die Regierung zur Versöhnung mit ihren Feinden auf und bietet ihnen Zugeständnisse etwa beim Desivenumtausch und in anderen Fragen an.

Funktioniert diese “kluge Taktik”? Hat sie jemals funktioniert? Nein! Im Gegenteil belegt die Geschichte der Bolivarischen Revolution seit 2002, dass alle Versuche, die Opposition mit Zugeständnissen und Dialog still zu halten, genau das Gegenteil dessen bewirkt haben, was sie eigentlich bezwecken sollten. Denn die Konterrevolutionäre sehen darin ein Zeichen der Schwäche und das ermuntert sie, noch aggressiver aufzutreten.

Was ist mit den Organisatoren und Verantwortlichen des Putsches 2002 und der Wirtschaftssabotage 2003 geschehen? Die Mehrheit von ihnen läuft frei im Lande herum und findent sich jetzt unter den massgeblichen Drahtziehern und Organisatoren der aktuellen reaktionären Offensive. Wenig oder gar nichts ist gegen die Aufwiegler eingeleitet worden, die die Verantwortung für die Unruhen nach Maduros Wahlsieg am 15. April 2013 tragen, bei denen mindestens elf Menschen getötet wurden. Die Botschaft aus dem Miraflores-Präsidentenpalast ist gemischt, zweideutig und widersprüchlich. Aber die aktuelle prekäre Lage duldet keine Doppeldeutigkeit und Unklarheit. Es bedarf einer klaren und entschlossenen Führung.

Das Krebsgeschwür der Bürokratie

In seiner Amtszeit als Präsident musste sich Hugo Chávez von seinen Feinden vieles vorwerfen lassen. Aber niemand beschuldigte ihn jemals der Korruption. Wer ihn auch nur oberflächlich kannte, wusste, dass er absolut unbestechlich war. Er kämpfte nicht für seine persönliche Bereicherung, sondern für die Sache des Sozialismus.

Vor einigen Jahren hatte ich eine interessante Unterredung mit dem Präsidenten. Er lud mich ein, ihn auf einer Wahlkampfreise auf die Insel Margarita zu begleiten. Mitten in der leidenschaftlichen Menge sagte er zu mir: “Schau, Alan, trotz der Unzulänglichkeiten der Bolivarischen Revolution ist diese Revolution immer noch lebendig.” Dies zeigte sich auch an der begeisterten Menschenmenge, die sich um das Auto scharte und “Viva Chávez!” rief und den Fahrer zum Anhalten zwang, um Chávez zu berühren und ihm Briefe zu überreichen. Chávez war offensichtlich über einige Dinge besorgt und frustriert: “Schau dir das an, und wir haben immer noch nicht den Gouverneur hier gewonnen.” Er deutete auf das Wahlplakat des Kandidaten William Fariñas und fragte mich: “Alan, wenn dieser Mann gewählt wird, was sollte er dann tun?” Ich antwortete direkt: “Er soll auf die Leute hören, ihre Botschaft verstehen und sie umsetzen.”

“Genau”, sagte Chávez, “aber darin liegt unser Problem. Einige Gouverneure verlieren nach der Wahl den Kontakt mit der Basis und heben ab. Einige umgeben sich mit reichen Leuten und schönen Frauen und verlieren die Anbindung an die Bevölkerung. Das ist ein ideologisches Problem. So lange wir keine ideologisch geschulten Gouverneure haben, werden wir uns immer wieder mit ein und demselben Problem herumschlagen müssen. Du bist doch ein guter Schriftsteller. Warum schreibst du nicht ein paar Broschüren und erklärst darin die Frage des Sozialismus in einfachen Worten? Wir könnten sie hier massenhaft verbreiten.”
Ich antwortete ihm: “Ja, das kann ich tun, und ich bin auch der Ansicht, dass ein ideologischer Kampf notwendig ist, aber es bedarf auch wirksamer Kontrollmechanismen von unten.” An dieser Stelle klang die Stimme des Präsidenten etwas müde: “Ich kann doch nicht alles tun”, sagte er: „Es ist absolut notwendig, dass die Menschen in diesem Prozess aktiv mitwirken und die Kontrolle in die eigenen Hände nehmen.”

Damals schrieb ich: “Dies sind einige Widersprüche der Revolution, die gelöst werden müssen.” Aber ein Jahr nach dem Tode von Hugo Chávez sind die Probleme, die ihm damals Sorgen bereiteten, nicht nur noch nicht gelöst, sondern sie haben sich noch verschärft und ausgebreitet.

So lange Chávez lebte, mussten die bürgerlichen Karrieristen und Bürokraten den Kopf einziehen. Sie waren gezwungen, ihren Karrierismus unter einem roten Hemd zu verbergen. Bei öffentlichen Veranstaltungen und Kongressen der Sozialistischen Partei (PSUV) erlernten sie die Parole “Viva Chávez! Viva la Revolución!” Sie riefen immer lauter als alle anderen. Aber gleichzeitig fingen sie an, Chávez und die Revolution zu untergraben. Im Angesicht des Präsidenten gaben sie sich ehrerbietig und kriecherisch. Aber hinter seinem Rücken flüsterten sie Sätze wie: “Was soll der ganze Quatsch mit dem Sozialismus? Der Mann weiss doch nicht, wovon er spricht. Er ist ein hoffnungsloser Utopist.” Hinter den Kulissen wurde ein unterschwelliger Krieg gegen Chávez und die Linke geführt. Linke Minister und Aktivisten wurden systematisch abgesetzt, isoliert und neutralisiert.

Chávez schöpfte aus dem Kontakt mit den revolutionären Massen immer viel Kraft und Mut und ebenso konnte er die Massen begeistern und ermutigen wie kein zweiter in der bolivarischen Führungsschicht. Die Bürokraten, die keinen Kontakt mit den Massen und kein Gespür für ihre Probleme haben, verbringen ihr Leben in vollklimatisierten Büros und fürchten die Massen wie die Pest. Sie fühlten sich bei den Massenversammlungen mit Chávez immer unwohl und unternahmen alles, um die Anzahl dieser Versammlungen zu beschränken. Sie wirkten wie ein Filter, um den Kontakt des Präsidenten zu kämpfen der Basisaktivisten und Linken zu verhindern.

Zu seinen Lebzeiten war der Präsident von einem eisernen Ring von Bürokraten umgeben, die seine Erlasse und Anordnungen systematisch sabotierten und Marxisten und Linken den Zutritt verwehrten. Ich habe das mit eigenen Augen und Ohren erlebt, und zwar nicht gestern, sondern schon vor zehn Jahren, als Chávez noch gesund und voller Schaffenskraft war. Ich selbst war einmal ein Opfer solcher Machenschaften und erlebte hautnah die extreme Sabotage im engeren Kreis der Bürokratie um Chávez im Präsidialamt. Sie versuchten mit allen Mitteln, meine Kontakte zum Präsidenten zu unterbinden und man sagte mir klipp und klar: “Wir wollen nicht, dass Sie mit dem Präsidenten reden.” Meine Erfahrung war keineswegs einzigartig.

Jetzt lebt Chávez nicht mehr und insofern ist das Problem gelöst. Die Leute, die Chávez als konterrevolutionäre Bürokratie beschrieb, spüren jetzt, dass sie uneingeschränkt handeln können. Sie fühlen sich wie die Herren. Das ist für die Revolution tödlich. Bürokratie ist wie ein Krebsgeschwür, dass sich durch die Eingeweide hindurch frisst und sie von innen heraus wie ein riesiger, grässlicher Bandwurm verschlingt.

Das Steuer herumreissen!

Die Rechte nutzt jetzt jedes Problem im Lande für ihre Zwecke aus und übertreibt die Lage masslos, um die den Namen der Revolution zu beschmutzen. Natürlich müssen wir die Lügen der Opposition widerlegen und die konterrevolutionären Intrigen bekämpfen. Das Problem liegt aber auch darin, dass zumindest einige der von der rechten Opposition benannten Probleme wenigstens teilweise eine reale Grundlage haben.

16 Jahre nach dem Beginn der Revolution wurden wichtige soziale Errungenschaften erreicht. Es ist absolut notwendig, diese Errungenschaften zu verteidigen und die Konterrevolution zu bekämpfen. Aber können wir ehrlicherweise wirklich sagen, dass nach 16 Jahren die Ziele der Revolution realisiert sind? Hugo Chávez war sicherlich nicht dieser Auffassung, und wir sind es auch nicht.

Er hielt keine zuckersüssen Reden, um das Nervensystem der Bürokraten zu beruhigen, sondern drückte im Gegenteil seine Unzufriedenheit und Enttäuschung über die realen Zustände aus. Dies lässt sich am deutlichsten aus seiner letzten Rede an den Ministerrat herauslesen, die unter dem Titel “Golpe de Timon” (Das Steuer herumreissen) veröffentlicht wurde.

Am 20. Oktober 2012, wenige Tage nach seinem Wahlsieg in der Präsidentschaftswahl mit 56 Prozent der Stimmen, leitete Chávez die erste Kabinettssitzung. Er kritisierte dabei scharf den lahmen Fortgang der Revolution und verlangte von den Ministern eine Selbstkritik für ihre Versäumnisse:
„Das führt uns zum Thema der Demokratie, des Sozialismus und seines absolut demokratischen Wesens, während zum Wesen des Kapitalismus das Antidemokratische und Exkluierende sowie die Durchsetzung des Kapitals und der kapitalistischen Eliten gehört. Nicht so der Sozialismus, der Sozialismus befreit; der Sozialismus ist Demokratie und die Demokratie ist Sozialismus: im Politischen, im Sozialen, im Wirtschaftlichen.
(…) Jorge spricht darin von den Faktoren, die während des Übergangs entscheidend sind: Einer dieser Faktoren ist die Umgestaltung der wirtschaftlichen Basis des Landes, damit diese ihrem Wesen nach und grundlegend demokratisch wird. Denn die wirtschaftliche Basis eines kapitalistischen Landes ist nicht demokratisch, ist antidemokratisch, exkluierend, und dadurch entsteht Reichtum und zwar grosser Reichtum für eine Minderheit, eine Elite, die Grossbourgeoisie, die grossen Monopole, und dadurch entstehen Armut und Elend für die grosse Mehrheit.”

In  dieser Rede hob Chávez die zentrale Idee hervor, dass die Gesellschaft grundlegend geändert werden muss, und zwar sowohl hinsichtlich der Produktion als auch hinsichtlich der staatlichen Strukturen. Chávez betonte mit Nachdruck, dass der Kapitalismus Sklaverei bedeutet und der Sozialismus nur durch eine radikale Abschaffung des Kapitalismus errichtet werden kann, also durch eine Revolution.

Chávez beschwerte sich bitter darüber, dass die Kommunen nicht eingerichtet wurden, obwohl es ein Ministerium für Kommunen gab. Und der Präsident zog daraus die richtige Schlussfolgerung:
„Warum? Weil viele denken, dass die Kommunen nur dieses Ministerium etwas angehen. Das ist ein schwerwiegender Fehler, den wir begehen. Begehen wir ihn nicht mehr! Jetzt bedeutet Kommune Volksmacht, nicht Herrschaft vom Miraflores-Präsidentenpalast oder von der Leitungsebene dieses oder jenes Ministeriums, von dem aus wir alle Probleme lösen werden.“

Es ist in der Tat ein grundlegender Fehler, wenn man denkt, dass Arbeiterräte durch administrative behördliche Anweisungen, also von oben und aus Ministerien heraus geschaffen werden könnten. Selbst wenn die Minister daran interessiert wären, Räte zu schaffen (das ist aber nicht der Fall), dann wüssten sie nicht, wo sie anfangen sollen. Die bürokratische Mentalität des Staatsbeamten mit seiner organischen Verachtung für “einfache Leute” macht ihn nicht nur skeptisch, sondern feindselig gegenüber kreativen Massen-Machtorganen.

Kommunen und Arbeiterräte

Die Idee der Kommune bezieht sich auf die Pariser Kommune von 1871, dem weltweit ersten Arbeiterstaat. Die Kommune war ein glänzendes Kapitel in der weltweiten Geschichte der Arbeiterklasse. Erstmals überhaupt stürzten damals die Volksmassen unter der Führung der Arbeiterklasse den alten Staatsapparat und begannen immerhin mit der Veränderung der Gesellschaft. Ohne klar umrissenen Aktionsplan und ohne Führung und ohne Organisation entfalteten die Massen einen erstaunlichen Mut, Kühnheit, Initiative und Kreativität. Marx und Engels verfolgten die Entwicklungen in Frankreich sehr genau und stützten sich darauf bei der Entwicklung ihrer Theorie von der “Diktatur des Proletariats”. In ihren Fussstapfen machte Lenin weiter, der die Pariser Kommune als Modell der Arbeitermacht in Russland anführte.

Zum 40. Jahrestag schrieb Lenin 1911 unter dem Titel „Dem Andenken der Kommune“: „Die Kommune entstand spontan; niemand hatte sie bewusst und planmässig vorbereitet. Der verlorene Krieg gegen Deutschland, die Entbehrungen während der Belagerung, die Arbeitslosigkeit unter dem Proletariat und der Ruin des Kleinbürgertums; die Entrüstung der Massen über die oberen Klassen und über die Behörden, die ihre völlige Unfähigkeit erwiesen hatten, das dumpfe Gären in den Reihen der Arbeiterklasse, die mit ihrer Lage unzufrieden war und eine andere soziale Ordnung anstrebte; die reaktionäre Zusammensetzung der Nationalversammlung, die für das Schicksal der Republik fürchten liess – alles dieses und noch vieles andere traf zusammen und trieb die Pariser Bevölkerung zur Revolution des 18. März, die unerwartet die Macht in die Hände der Nationalgarde, in die Hände der Arbeiterklasse und des Kleinbürgertums, das sich dieser angeschlossen hatte, legte.“

Die Massen lernen stets vom Leben, nicht aus Büchern. Natürlich besteht die Aufgabe einer revolutionären Strömung darin, sich auf die Zukunft vorzubereiten und die Kader zu erziehen und zu bilden. Aber diese Kader müssen in der Lage sein, einen Weg zu den Massen zu finden. Die Bürokraten halten sich immer für die klügsten Menschen, die über den „ignoranten“ Massen stehen. Sie betrachten die ArbeiterInnen als kleine Kinder, die nur auf  Befehle „von oben“ reagieren. Ganz anders Marx und Engels, die auch nicht einen Moment die Kommune idealisiert oder ihre Augen vor Verwirrungen, Schwächen und Fehlern verschlossen haben, und trotzdem von der ersten Minute an ihre wahre Bedeutung erkannten!

Hugo Chávez‘ Haltung hatte nichts gemein mit der der hochmütigen Bürokraten. Er wusste, dass ohne die Kommunen, d. h. ohne die bewusste Teilnahme der ArbeiterInnenklasse an der Verwaltung der Industrie, des Gesellschaft und des Staates, der Sozialismus nur eine leere Worthülse aus dem Mund eines Funktionärs sein würde.

Trotz aller unbestrittenen Fortschritte der letzten sechzehn Jahre bleibt der venezolanische Staat ein kapitalistischer, der gesalbt ist mit ein wenig „sozialistischem“ Öl. Viele Staatsbeamte sind ein Überbleibsel der Vierten Republik vor 1999 und unter den neuen, jüngeren sind viele Karrieristen, die Lippenbekenntnisse für die Revolution ablegen, um in ihren Ämtern zu bleiben, aber schon morgen, wenn die Konterrevolution erfolgreich zu werden scheint, ihre Meinung ändern.

Die Bürokratie agiert als Trojanisches Pferd innerhalb des Staatsapparates. Marx erklärte: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“. Es ist offensichtlich so, dass ein Staatsbeamter, der eine Millon Bolivar verdient, sich wie ein Kapitalist benimmt. Wie sollte dieser bürokratische Staat abgeschafft und durch einen Staat unter der Kontrolle der ArbeiterInnen, der Bauern und der übrigen arbeitenden Bevölkerung ersetzt werden? Die Antwort gab Lenin, als er aus der Erfahrung der Pariser Kommune vier Bedingungen für einen solchen Staat aufführte:

  • Freie und demokratische Wahl aller Staatsfunktionäre mit dem Recht auf Abwahl.
  • Kein Beamter erhält einen Lohn, der höher ist als der eines Facharbeiters.
  • Kein stehendes Heer und keine Polizei, sondern eine Volksbewaffnung.
  • Sofortiger Übergang dazu, dass alle die Funktionen der Kontrolle und Aufsicht verrichten, dass alle eine Zeitlang zu „Bürokraten“ werden, so dass daher niemand zum „Bürokraten“ werden kann.

Die russische Oktoberrevolution 1917 brachte eine neue revolutionäre Regierung an die Macht, die ihre Autorität vom Kongress der Arbeiterräte erhielt. Die dringendste Aufgabe dieser Regierung bestand darin, die Herrschaft der Sowjetmacht, d. h. die Herrschaft der ArbeiterInnenklasse, auf ganz Russland auszuweiten. Am 05. Januar 1918 gab die Regierung ein Dekret heraus, in dem  erklärt wurde, dass alle lokalen Sowjets von diesem Zeitpunkt an, mit der Macht der früheren Regierung auszustatten seien und „das ganze Land mit einem Netzwerk aus neuen Sowjets überzogen werden muss“.

Ursprünglich war der Sowjet, die demokratischste und flexibelste Form der Volksvertretung, die je konzipiert wurde, einfach ein erweitertes Streikkomitee. Die Sowjets (oder ArbeiterInnenräte) , die im Kampf der Massen entstanden, nahmen extrem an Bedeutung zu und wurden schliesslich in Organe der revolutionären direkten Regierung umgewandelt. Die Delegierten wurden auf jeder Ebene gewählt und konnten jeder Zeit abgewählt werden. Kein Deputierter oder Beamter erhielt mehr als ein Facharbeiter. Es gab keine bürokratische Elite.

Wie Chávez war Lenin darauf bedacht, dass die Massen an der Führung der Industrie und des Staates beteiligt waren. Im November 1917 schrieb er einen Appell an die Prawda:

„Genossen! Werktätige! Denkt daran, dass ihr selber jetzt den Staat verwaltet! Niemand wird euch helfen, wenn ihr euch  nicht selber vereinigt und nicht alle Angelegenheiten des Staates in eure Hände nehmt. Eure Sowjets sind von nun an die Organe der Staatsgewalt, bevollmächtigte, beschliessende Organe.“ (Lenin Werke, Bd. 26, S. 298 – 302)

Im Dezember 1917 schrieb Lenin:
„Eine der wichtigsten Aufgaben, wenn nicht die wichtigste, besteht jetzt darin, diese selbstständige Initiative der Arbeiter und überhaupt aller Werktätigen und Ausgebeuteten bei der schöpferischen und organisatorischen Arbeit in möglichst breitem Umfang zu entwickeln. Mit dem alten albernen Vorurteil, nur die sogenannten „höheren Klassen“, nur die Reichen oder diejenigen, die durch die Schule der reichen Klasse gegangen sind, seien imstande, den Staat zu verwalten, den organisatorischen Aufbau der sozialistischen Gesellschaft zu leiten, muss unter allen Umständen aufgeräumt werden.“ (Lenin Werke, Bd. 26, S. 402-414)

Das von Lenin und Trotzki errichtete demokratische Regime wurde unter Stalin liquidiert und durch eine monströse bürokratische Karikatur ersetzt. Leider sind nicht wenige „Kader“ der PSUV ehemalige Stalinisten, denen die marxistisch-leninistischen Vorstellungen aus stalinistischer Sicht beigebracht wurden und die nie Lenins Ideen von der ArbeiterInnendemokratie verstanden oder akzeptiert haben. Viele Jahre haben diese Menschen die bürokratischen stalinistischen Regimes vorbehaltlos unterstützt und ihre Verbrechen gerechtfertigt. Das war schon schlimm genug. Aber seit dem Niedergang der UdSSR sind sie zu dem falschen Schluss gelangt, dass der Sozialismus nicht funktionieren könne und sie haben dann den Kapitalismus umarmt.

Diese ehemaligen „Kommunisten“ sind die schlimmsten Reformisten geworden, haben aber ihre alten bürokratischen stalinistischen Neigungen beibehalten. Nachdem sie die sozialistische Perspektive vollkommen aufgegeben haben, haben sie kein Vertrauen in das kreative Potenzial der ArbeiterInnenklasse und deren Fähigkeiten, Industriebetriebe und die Gesellschaft zu führen. Das ist genau das Gegenteil von dem, wofür Hugo Chávez stand.

Die Sabotage der ArbeiterInnenkontrolle

Die Bürokraten sind weit davon entfernt, Dinge wie die Arbeiterinnenkontrolle und -selbstverwaltung, die Ausgangspunkte für eine ehrliche demokratisch Kontrolle einer sozialistischen Gesellschaft, zu fördern. Vielmehr haben sie begonnen, einen Krieg dagegen zu führen und alles in ihrer Macht Stehende getan, sie zu sabotieren und auszumerzen.

Das Problem besteht genau darin, dass die Bürokraten aus den Ministerien systematisch die Keime einer Volksmacht und ArbeiterInnenkontrolle in Bolivar und vielen anderen Gegenden erstickt und vernichtet haben. Diese Haltung steht in Widerspruch zur Haltung von Chávez, der die Vorstellungen von der  Arbeiterinnenkontrolle von ganzem Herzen begrüsste, wann immer die ArbeiterInnen diesen Vorschlag machten. Durch diese bürokratische Blockade wurden viele Basisaktivisten entmutigt und so wurde die Revolution geschwächt und gleichzeitig die Position der Reaktion gestärkt.

Selbst bei der Ausarbeitung des neuen Arbeitsgesetzes (LOT) wurden die Bestimmungen über ArbeiterInnenräte weggelassen, weil die Bürokratie diese ablehnte. Es gibt also nur den einen Weg, die ArbeiterInnenkontrolle von unten zu realisieren, nämlich durch die direkte Aktion und Initiative der ArbeiterInnen selbst. Aber hier stossen sie auf den aktiven Widerstand der Bürokratie, einschliesslich der Gewerkschaftsbürokratie.

Der regierungsnahe sozialistische Gewerkschaftsbund Bolivarisch Sozialistische Arbeiterzentrale (CBST) steht der Schaffung von ArbeiterInnenräten offen feindselig gegenüber. CBST-Präsident Wills Rangel behauptete, dass die ArbeiterInnenkontrolle in Staats- und anderen Unternehmen nur dazu „beiträgt, eine weitere Spaltung zu erzeugen“. Rangel vergisst dabei ganz einfach, dass die ArbeiterInnenkontrolle die Revolution in den Jahren 2002 und 2003 rettete, als die Unternehmer die Erdölförderung sabotierten und die ArbeiterInnen aussperrten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Produktivität enorm gestiegen ist, wenn den ArbeiterInnen die Möglichkeit gegeben wurde, die Leitung der Betriebe in die eigene Hand zu nehmen.

Es gibt in Venezuela eine lebendige Bewegung für die ArbeiterInnenkontrolle, die teilweise aus den Erfahrungen von besetzten Fabriken wie INAF, Inveval und Gotcha rührt. Aber die ArbeiterInnenkontrolle kann im Endeffekt nur erfolgreich sein, wenn sie zu einer breiteren Bewegung für die Enteignung der wichtigsten Wirtschaftsbereiche, besonders der Banken und der Grossunternehmen und der Errichtung einer sozialistischen Planwirtschaft unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der ArbeiterInnenklasse führt.

Die PSUV

Im gesamten Land unternehmen die Bürokratie und die Reformisten, die so genannten Bolivarianer, die rote Hemden tragen, aber in Wirklichkeit der Sache der Bourgeoisie innerhalb der Bewegung dienen, alles in ihrer Macht stehende, um die revolutionäre Initiative der Massen zu ersticken und zu sabotieren, genau wie sie die revolutionäre Initiative von Präsident Chávez zu Lebzeiten sabotiert und blockiert haben.

Präsident Chávez rief die Sozialistische Partei PSUV ins Leben, um die Gesellschaft im Interesse der Mehrheit der VenezolanerInnen, der ArbeiterInnen, der Bauern und Bäuerinnen, der Armen und Besitzlosen zu verändern. Sie sollte kein Mittel für den Aufstieg von Karrieristen sein. An der bolivarischen Basis herrscht Unzufriedenheit über die Art und Weise, wie die Bewegung von Bürokraten an der Spitze sämtlicher Institutionen kontrolliert wird. Der Prozess der Auswahl von KandidatInnen bei Wahlen hat z. B. an verschiedenen Orten, wo alternative Revolutionäre gegen die offiziellen Kandidaten antratehaftenn, zu ernst Problemen geführt.

Präsident Maduro hat zu Einheit und Disziplin aufgerufen. Wir sind natürlich für Einheit und Disziplin, diese können aber nur garantiert werden, wenn die innere Demokratie voll ausgeschöpft wird. Auf Parteitagen muss die volle und freie Diskussion von Ideen und Differenzen gewährleistet sein. Die Parteiführung muss die Basis wirklich repräsentieren. Nur dann wird es möglich sein, von den Mitgliedern Einheit und Disziplin einzufordern. Aber die Aussichten für den nächsten Parteitag der PSUV sind nicht gut. Es ist schon gemeldet worden, dass Bürgermeister und Gouverneure die Hälfte der Delegierten stellen werden. Die Basis wird von Karrieristen und Postenjägern zur Seite gedrängt.

Jorge Martin schreibt:
„Seit der Präsidentschaftswahl 2013 sind eine Reihe prominenter radikaler und linker bolivarischer Journalisten ohne Erklärung aus den staatlichen TV- und Radiosendern entfernt worden. Es besteht der Verdacht, dass dies Zugeständnisse an die Oppositionsmedien waren, so dass diese ihre Kritik an der Regierung abschwächen. Was auch immer die Wahrheit sein mag, das Ergebnis ist klar: Kritische linke Stimmen werden zum Schweigen gebracht und es wird ihnen die Möglichkeit genommen, sich an eine grössere Zuhörerschaft zu wenden. Keines dieser Zugeständnisse wird die Opposition mässigen, sondern kann im Gegenteil die aktivsten Kräfte der revolutionären Bewegung demoralisieren.“

Während die Bürokratie korrupte Beamte mit Samthandschuhen anpackt, ist sie bei der Unterdrückung des linken Flügels unerbittlich. Das Schicksal meines Freundes Eduardo Samán ist dafür ein deutliches Beispiel. Eduardo ist für seine unleugbare Ehrlichkeit und Integrität bekannt und ein engagierter Unterstützer der bolivarischen sozialistischen Revolution. Er wird von den Massen wegen seiner leidenschaftlichen Kampagne gegen den Wirtschaftskrieg der Bourgeoisie respektiert und bewundert.

Diese Bewunderung wird nicht von der bolivarischen fünften Kolonne geteilt, die ihn dafür hasst. Nicht zum ersten Mal ist Samán jetzt ohne glaubhaften Grund aus seinem Amt entfernt worden. Viele andere ehrliche AktivistInnen sind ausgegrenzt, entlassen oder aus dem Amt entfernt worden. Diese Aktionen der Reformisten untergraben die Revolution. Sie verbreiten Ernüchterung und Skepsis unter den Massen und haben eine verheerende Auswirkung auf die Moral der Chavistas. Dies zerfrisst die Revolution von innen und bereitet den Boden für neue Offensiven der Konterrevolution.

Das Vermächtnis von Hugo Chávez vollenden!

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Rede, in der Chávez zum ersten Mal verkündete, er sei Sozialist. Ich erinnere mich, wie tausende Chavistas in roten Hemden aufstanden, um zu jubeln und zu applaudieren. Aber ich bemerkte, dass dieser wilde Enthusiasmus nicht von den bolivarischen Ministern geteilt wurde. Da gab es schon einige bedrückte Gesichter auf der Tribüne. Es scheint, als ob nicht alle für das revolutionäre sozialistische Programm des Präsidenten waren.

Von Anfang an wurde Chávez‘ revolutionäre sozialistische Botschaft von zwei Seiten attackiert: Da waren die auf der Rechten sichtbaren Feinde der Revolution und die versteckten in ihrer Mitte. Die Reformisten haben sich nie mit der Idee des Sozialismus in Venezuela anfreunden können. Aber die gesamte Geschichte und besonders die Geschichte Südamerikas zeigt, dass man keine halbe Revolution machen kann. Die Revolution darf nicht auf dem halben Wege stehen bleiben, sonst wird es zu einer Katastrophe kommen. Bei der oben genannten Veranstaltung, bei der Chávez sich eindeutig für den Sozialismus aussprach, strafte er die Reformisten, die sich für einen „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus aussprachen, mit Spott. Chávez gab zu, dass er selbst einmal Anhänger dieser Idee war, diese jetzt aber ausdrücklich zurückwies und sie als „Farce“ bezeichnete. „Es gibt keinen dritten Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus“, sagte er. Und damit liegt er hundert Prozent richtig.

Einer der Hauptwidersprüche des Reformismus liegt darin, dass er es der kapitalistischen Marktwirtschaft unmöglich macht zu funktionieren und gleichzeitig jedoch keine sozialistische Planwirtschaft einführt. So landen wir in der schlimmsten aller möglichen Welten. Eine gewisse Zeit hat die venezolanische Wirtschaft auf Grundlage der riesigen Erdölreserven überlebt. Aber das konnte nicht für immer gut gehen. Der Fehler, die Oligarchie nicht endgültig zu enteignen, bedeutet, dass es nicht möglich ist, die Produktivkräfte zu planen.

Zwar gibt es in Caracas ein Planungsministerium. Aber man kann nicht planen, was man nicht kontrolliert und man kann nicht kontrollieren, was man nicht besitzt. Die Kernbereiche der Wirtschaft bleiben in privaten Händen, also in den Händen der Bourgeoisie, die der bolivarischen Revolution immer feindlich gegenüber stand und immer noch in der Lage ist, mit einem Kapitalstreik die Wirtschaft zu sabotieren. Privates Kapital ist aus dem Land abgeflossen, um produktive Investitionen lahmzulegen. Die Regierung versucht das durch Kontrolle zu stoppen. Das aber bekämpft das Übel nicht an der Wurzel, weil private Kapitalisten nach wie vor die Schlüsselbereiche der Produktion kontrollieren.

Das bedeutet eine ernste Bedrohung für die Zukunft der Revolution. Gut situierte Beamte, Bürgermeister und Gouverneure halten regelmässig selbstgefällige Reden, die mit bombastischer Rhetorik und beruhigendem Optimismus gespickt sind. Wenn man ihnen zuhört, hat man das Gefühl, es gäbe keine Probleme, keine Schwierigkeiten und die bolivarische Welt sei vollkommen in Ordnung. Aber die einfachen Menschen wissen es besser.

Der starke Anstieg der Inflation (56,3% Jahresrate im Januar 2014) zeigt, dass sich die wirtschaftliche Krise vertieft, so wie ein Fieberhermometer eine steigende Temperatur und damit eine sich verschlimmernde Krankheit anzeigt. Andererseits gibt es einen wachsenden Mangel bei bestimmten Gütern. Diese beiden Faktoren fressen den Wert der Löhne auf und führen zu einem sinkenden Lebensstandard. Dadurch wird die Geduld und Loyalität der Massen enorm strapaziert. Andererseits erzürnt es die Mittelklasse und treibt sie in die Arme der Reaktion.

Die Massen haben die Revolution in jedem entscheidenden Stadium gerettet und sie nach vorne getrieben. Als 2002 Teile des Militär mit Unterstützung der Oligarchie und der US-Regierung Chávez gewaltsam stürzen und eine Diktatur errichten wollten, gingen die Massen – die wirklich treibende Kraft der Revolution – auf die Strassen, um ihr Leben zu riskieren und die Revolution zu retten, während die Bürokraten sich unter ihren Betten versteckten oder versuchten, sich mit dem nächsten Flieger ins Ausland abzusetzen. Die Revolution wird überleben, solange die Massen, die ArbeiterInnen, die Bauern und Bäuerinnen, die Armen in Stadt und Land, ihr die Treue halten. Aber der Glaube der Massen an die Revolution ist einem schweren Test unterzogen worden und das bringt die Revolution in grosse Gefahr.

Die einzigen Kräfte, die die Revolution verteidigen können, sind die revolutionären Massen und in erster Linie die ArbeiterInnenklasse. Die ArbeiterInnen würden mit viel grösserer Kraft und Zielstrebigkeit kämpfen, wenn ihre eigenen Fabriken unter ArbeiterInnenkontrolle stünden. Durch die Sabotage der verschiedenen Elemente der ArbeiterInnenkontrolle handelt die Bürokratie wie ein Mann, der sich den Ast absägt, auf dem er selbst sitzt. Irgendwann werden die Arbeiterinnen sagen: „Warum sollen wir den Appellen folgen? Wir haben das alles schon zuvor gehört. Sie reden von Sozialismus und Revolution, aber wir sehen keinen Unterschied zwischen den bolivarischen Chefs und denen, die wir vorher hatten.“

Der einzig effektive Weg zur Verteidigung der Revolution, liegt darin, diese zu Ende zu führen. Dazu muss der alte bürgerlich-kapitalistische Staat durch einen neuen revolutionären Staat auf der Grundlage von ArbeiterInnenräten ersetzt werden. Durch Enteignung der Oligarchie und Überführung der Produktionsmittel in öffentliches Eigentum ist eine demokratische Wirtschaftsplanung möglich. Das wäre auch die beste Hommage an den Kampf, dem Hugo Chávez sein Leben gewidmet hat.

Übersetzung: Tony Kofoet und Hans-Gerd Öfinger