Die Polizei Lausannes steckt in der Krise. In den letzten zwei Monaten starben zwei Minderjährige (Camila, 14 Jahre alt, und Marvin, 17 Jahre alt), als sie von der Polizei auf einem Motorroller verfolgt wurden. Das löste die Wut ganzer Quartiere aus und führte in den letzten zwei Tagen sogar zu Aufständen im Stadtteil Prélaz. Die Entdeckung von Whatsapp-Gruppen, in denen Polizisten unter anderem Hitler und den Ku-Klux-Klan verherrlichten, zeigt zudem das Ausmass des Rassismus in der Lausanner Polizei. Rund fünfzig Polizisten, also 10 % des gesamten Personalbestandes, waren an diesen Gruppen beteiligt.
Die Polizei zeigt ihr wahres Gesicht: das einer gewalttätigen Institution, die einige der reaktionärsten Elemente unserer Gesellschaft anzieht, die ihren Hass und ihre Muskeln in den Dienst der Aufrechterhaltung des Status quo der herrschenden Klasse stellen.
Die Heuchelei der Stadtregierung
Um den Jugendlichen vorzuwerfen, dass sie vor solchen Leuten fliehen, die bewaffnet und vom Gesetz beschützt durch unsere Strassen patrouillieren, braucht es eine ordentliche Portion Heuchelei. Hier kommt der Staat ins Spiel – in Person des Lausanner Stadtpräsidenten Junod (SP). Nach dem zweiten Mord in zwei Monaten und solchen öffentlichen Enthüllungen ist es schwierig, die Sache zu vertuschen. Also rief er eine Pressekonferenz ein, erklärte mit ernster Miene und einer Träne im Auge, dass er entsetzt sei. Selbst acht Morde in den letzten zehn Jahren – überwiegend an Opfern rassistischer Gewalt – schienen ihn nicht aufhorchen zu lassen. Er kündigte ausserdem an, dass nicht weniger als 4(!) Polizisten suspendiert worden seien (und weitere werden folgen, keine Sorge). Die Gerechtigkeit ist wiederhergestellt!
Doch die Heuchelei hört hier nicht auf. Der Stadtpräsident ist vor allem besorgt über den Schaden, den diese Fälle für die Autorität der Polizei bedeuten. Er hielt es sogar für angebracht, daran zu erinnern, dass für die von diesen Enthüllungen erschütterten Polizisten ein psychologischer Betreuungsdienst zur Verfügung steht. Für die Angehörigen von Marvin, Camila und den anderen Opfern der Polizei bleibt nur zu hoffen, dass ihre Krankenkasse die Therapie übernimmt.
Die Stadtverwaltung ruft die Jugendlichen, die auf die Strasse gegangen sind, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, zur Ruhe auf. Die RKP lehnt diese Aufforderung ab. Die Gewalt geht nicht von den Jugendlichen aus, sondern von der Polizei und vom Staat, der sie deckt. Solange diese Polizei ungehindert existiert, wird es keine Ruhe geben.
Die Polizei abschaffen! Aber wie?
Angesichts dieser Situation fordern viele die Abschaffung der Polizei. Die RKP ist selbstverständlich für die Abschaffung dieser Miliz des kapitalistischen Status quo. Doch stellt sich die Frage, wie wir das erreichen können.
Wie die Position von Junod zeigt, ist es eine Sackgasse, den Staat aufzufordern, seinen bewaffneten Arm abzuschaffen. Grundsätzlich gilt: Solange wir in einer Welt leben, in der eine herrschende Minderheit die Mehrheit ausbeutet, wird diese Minderheit einen bewaffneten Arm brauchen, um die Mehrheit zu unterdrücken. In Ländern, in denen die Polizei so schwach ist, dass die herrschende Klasse ihr nicht zutraut, sie zu beschützen, bezahlt sie einfach private Milizen, die das an ihrer Stelle tun.
Um die Polizei abzuschaffen, muss also das kapitalistische System als Ganzes beseitigt werden. Das bedeutet, die herrschende kapitalistische Klasse, die uns ausbeutet, und alle Institutionen – darunter die Polizei –, die ihr Recht verteidigen und schützen, Profite auf unserem Rücken zu machen, zu stürzen. Wir müssen ihren Staat durch einen wirklich demokratischen Staat der arbeitenden Mehrheit ersetzen – durch eine Revolution der Massen. Mit diesem Staat werden wir die Gesellschaft und die Produktion so organisieren, dass sie unseren Bedürfnissen entspricht und nicht den Profiten einer kleinen Minderheit.
Dieser Weg mag schwierig erscheinen, doch er ist der einzige realistische. In der aktuellen Krise provozieren die Angriffe der herrschenden Klasse eine immer grössere Wut unter den Arbeitern – eine Wut gegen die Bosse, gegen die Politiker, gegen die Polizei und schliesslich gegen das System als Ganzes. Früher oder später wird der eine Angriff zu viel die Dämme dieser Wut einreissen, und wir werden eine historische Gelegenheit haben, diesem System und seiner mörderischen Polizei ein Ende zu setzen. Deshalb bereiten wir uns schon heute in der RKP darauf vor.Leider verteidigt heute niemand ausser uns diese Position auf grosser Bühne. Die Lausanner SP ruft den Staat dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um das „Vertrauensgefühl“ der Bevölkerung in die Polizei wiederherzustellen.Die PdA (Partei der Arbeit) fordert skandalöserweise mehr Mittel für die Polizei und erlaubt sich gar einen paternalistischen Kommentar gegenüber den Jugendlichen, die sich „ins eigene Fleisch schneiden“, indem sie eine Bushaltestelle zerstören, die „von den Steuern der Bewohner bezahlt“ wurde. Für uns besteht die Aufgabe der Linken nicht darin, dem Staat zu helfen, das Ansehen seiner Polizei aufzupolieren, sondern den Weg zu ihrem Sturz aufzuzeigen. Wenn du damit einverstanden bist, brauchen wir dich dringend, um diese Position mit uns zu verteidigen!
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