Die Pandemiebekämpfung des Bundesrates erinnert an einen schlechten Witz, der schlechter wird, wenn man ihn wiederholt. Aber die Realität ist bitterternst: Die fünfte Welle eskaliert. Die Infektionszahlen steigen mittlerweile auf über 12’000 pro Tag und die Intensivstationen schlagen (wieder) Alarm: «Die Triage hat bereits begonnen: Wir müssen jetzt schon entscheiden, wer einen Intensivplatz bekommt und wer nicht.» Nach zwei Jahren Pandemie haben sich die herrschende Klasse und ihr Bundesrat gründlich entblösst: Sie sind absolut unfähig, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, geschweige denn sie zu lösen. 

Wir zahlen für ihre Untätigkeit

Die Pandemiestrategie war von Anfang an ein einziges Fiasko. In jeder möglichen Situation wurde die Verantwortung für die Bekämpfung des Virus auf die Kantone und Gemeinden sowie das Individuum abgeschoben. Nach jeder Welle wurde das Virus wieder heruntergespielt und das Ende der Pandemie verkündet. Damit wurde das Nichtstun der Regierung gerechtfertigt. (Minimale) Massnahmen wurden immer erst beschlossen, nachdem wir bereits mitten in der nächsten Welle steckten. 

Eine einheitliche und konsequente Herangehensweise gab es zu keinem Zeitpunkt. Um die Virenausbreitung zu kontrollieren und einzudämmen, wären neben einer wissenschaftlichen Impfkampagne ein konsequentes Contact Tracing-System, breitflächiges Massentesten und gezielte Lockdowns/Quarantäne bei voller Lohnfortzahlung und Kündigungsschutz nötig. Nichts davon wurde ernsthaft angegangen. Die Einschränkungen betrafen ausschliesslich die Freizeit – währenddessen konnten sich die Bevölkerung munter weiter in überfüllten ÖVs, am Arbeitsplatz und in den Schulen anstecken. Auch in der bisher schlimmsten Welle bleibt das Motto: ​​«Wir beobachten die Situation». Die Pseudomassnahmen (Home Office-Empfehlung, Quarantäne, Teil-Gratis-Tests) lösen nichts – auch 2G nicht.

Die Pandemiebekämpfung ist chaotisch und widersprüchlich, dennoch folgen die Bürgerlichen und ihr Bundesrat einem Prinzip: Wo immer möglich müssen die Profite gesichert sein, der Rubel muss rollen – dafür zahlt die Arbeiterklasse mit ihrer Gesundheit, den Arbeitsbedingungen und ihrem Lebensstandard.

Sie gehen über Leichen!

Im Gesundheitswesen ist dies für alle offensichtlich: Nach 30 Jahren Sparmassnahmen und Privatisierungen war das Gesundheitswesen bereits vorher am Anschlag. Die Situation hat sich  aber in eineinhalb Jahren Pandemie nochmals drastisch verschlechtert: Hunderte weitere Betten und dutzende Stationen mussten geschlossen werden, denn das Personal kann nicht mehr. Seit letztem Jahr haben weitere 10-15% gekündigt oder ihr Pensum reduziert, Burnouts und Krankheitsausfälle gehören zum Alltag. Bereits in der 2. Welle hätten mit mehr Ressourcen 137 Todesfälle direkt verhindert werden können. 
Der Bundesrat entblösst seine kapitalistische Fratze: Mit der bürgerlichen Klasse stellte er sich gegen die Pflegeinitiative und ihre Forderungen nach mehr Lohn und Personal. Das historische Ja der Schweizer Arbeiterklasse für die Pflegeinitiative zeigt das Riesenpotenzial, wenn die Arbeiterklasse für ein gemeinsames Programm kämpft. Die Kapitalisten lassen sich nicht zur «Vernunft» bringen. Seit Jahrzehnten fährt die herrschende Klasse das Gesundheitswesen an die Wand und beweist auch in der grössten Gesundheitskrise ihre völlige Unfähigkeit, die psychische und physische Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen: Um ihre Profite zu schützen, gehen sie über Leichen!

Ablenkung und Spaltung

Seit einem Jahr erklärt der Bundesrat die Impfung als «Lösung der Pandemie». Wir haben von Anfang an betont, dass wir für den Impfschutz sind, dies aber nur ein Teil der Lösung ist. Die Durchseuchung der Bevölkerung bereitete weltweit den Boden für Virusmutationen, die selbst den Impfschutz aufheben könnten. Mit Omikron haben wir nun den letzten Beweis dafür. 

Jeder Versuch, den Fortgang der Pandemie auf die Ungeimpften abzuschieben, ist eine zynische Ablenkung vom Versagen der herrschenden Klasse und ihrer Regierung. Die Arbeiterklasse wird anhand der Impffrage gespalten – die Massnahmen in Richtung Impfpflicht nehmen zu. Die SP ordnete sich bedingungslos dem Bundesrat und dessen Sündenbockpolitik unter.
Wir stellen uns klar gegen den linksliberalen Mythos, dass die «Dummheit der Bevölkerung» schuld an der fortwährenden Krise ist. Es ist eine völlige Bankrotterklärung einer Gesellschaftsordnung, wenn sie die Menschen nicht davon überzeugen kann, ihr Leben und das ihrer Angehörigen zu schützen, indem sie sich impfen lassen. Und die Verantwortung dafür liegt bei der herrschenden Klasse.

Gesundheit vor Profit!

Das Virus macht nicht halt vor nationalen Grenzen. Dennoch sehen wir überall Impfnationalismus, das Horten von Impfdosen der reichen Länder, das Festhalten an Patenten und Profiten der Pharmakonzerne. Solange nicht die ganze Welt geimpft ist, wird das Virus weiter mutieren. Gleichzeitig bereichert sich die herrschende Klasse in der grössten Krise: Europas Milliardäre sind heute um 1 Billion Dollar, die Schweizer um 115 Milliarden reicher als vor einem Jahr – ein Rekord! 

Unser Programm geht vom Grundsatz «Gesundheit vor Profit» aus. Dazu gehört der massive Ausbau von Impf-, Test- und Forschungskapazitäten durch die Verstaatlichung der Pharma und die Abschaffung der Patente. Das Gesundheitswesen muss unter Arbeiterkontrolle nach den Bedürfnissen der Angestellten und der ganzen Gesellschaft organisiert werden. Zur Finanzierung dieser  Massnahmen: Verstaatlichung der Banken und Versicherungen und der Vermögen von Milliardären.
Das ist die einzige Möglichkeit für eine rationale Pandemiebekämpfung, bei der unsere Gesundheit und nicht die Profite im Zentrum stehen. Es liegt im Interesse der gesamten Arbeiterklasse, sich um dieses Programm zu organisieren und gegen jegliche Spaltungen anzukämpfen, die den gemeinsamen Kampf unserer Klasse verhindert. Der Kampf gegen die Pandemie muss ein Kampf gegen die herrschende Klasse und den Kapitalismus sein!

Die Redaktion Der Funke
16.12.2021

Bildquelle: nau.ch