Jahr für Jahr kürzen die Bürgerlichen bei Gesundheit, Bildung und Sozialwesen. Jetzt beginnt eine neue Stufe dieses Angriffs auf unsere soziale Infrastruktur. Halbverdeckt schnüren Bund und Kantone Abbaupakete mit desaströsen Folgen für die Arbeiterklasse. Das bereitet Massenkämpfe vor.

Überall neue Sparpläne

Der Bundesrat gibt den Ton an für die Sparschlacht: Um das Militär mit zusätzlichen Milliarden aufzurüsten, sollen wir den Gürtel enger schnallen. Pro Jahr sollen fünf Milliarden Franken gekürzt werden. Das sind 5 % des Budgets! Den Plan für diesen brutalen Kahlschlag hat eine «Expertengruppe» um den ehemaligen Chef-Gewerkschafter Serge Gaillard ausgearbeitet. Am härtesten gekürzt wird in den Sozialwerken:  um 1,7 Milliarden, insbesondere bei AHV, Gesundheitswesen, Kita-Verbilligungen und Unterstützung von Flüchtlingen. Mit je 500 Millionen Einsparungen leiden aber auch die Bildung, der öffentliche Verkehr, die Klimasubventionen und die Entwicklungszusammenarbeit. Beim Bundespersonal werden 350 Millionen gespart. Es ist nicht überraschend, dass dieser breite Angriff auf die Arbeiterklasse extrem unbeliebt ist, wie eine SRF-Umfrage zeigt.

Die Pläne auf Bundesebene sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Viele weitere Sparmassnahmen verstecken sich in den Budgets der 26 Kantone, 2136 Gemeinden und unzähligen staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen, z.B. Verkehrsbetriebe, Stromkonzerne und Spitäler. Viele nationale Kürzungen beeinflussen direkt die kantonalen Budgets und werden dann lokal unterschiedlich umgesetzt. Eine genaue Übersicht über den geplanten Sozialabbau ist deshalb unmöglich. Die aktuellen Budgetdebatten in den Kantonen zeigen aber eindeutig, dass ein regelrechter Spar-Tsunami auf uns zukommt.

Der Kanton Appenzell kürzt im Jahr 2025 3 Millionen, der Jura 54 Millionen und der Thurgau 112 Millionen. St. Gallen schafft das «Weihnachtsgeld» für Sozialhilfebezüger ab und im Glarus erhalten Lehrlinge keine günstigen ÖV-Tickets mehr. Im Tessin verlieren 2’000 Familien die Prämienverbilligungen, während die Prämien um 10 % teurer werden. Zürich und das Wallis schaffen den Teuerungsausgleich für Staatsangestellte ab und der Kanton Baselland streicht 350 Stellen. Die Studiengebühren werden an der Uni Bern sowie an der ETH und EPFL erhöht. Der Urner Finanzdirektor fasst die Situation treffend zusammen: «Wir werden Massnahmen ergreifen müssen, die wehtun und alle treffen.» 

Panzer statt Pflege, Bomben statt Bücher

In den Kantonen ist das Gesundheitswesen ein besonders beliebtes Ziel: Spitalschliessungen, Abbau der Versorgung und des Personals sind vielerorts Realität. Die meisten Spitäler sind in finanzieller Schieflage und die Kantone lassen sie entweder kollabieren oder zwingen ihnen drakonische Sparmassnahmen auf. Der Kanton Zürich lässt das Spital Wetzikon fallen, dem 170 Millionen Franken fehlen. Das wird nicht nur Hunderten den Job kosten, sondern auch ca. 350’000 Menschen ohne ausreichende Gesundheitsversorgung zurücklassen. In Bern verlangt Gesundheitsdirektor Schnegg ein brutales  Sparpaket von der Inselgruppe (70 Millionen Defizit), die jetzt angekündigt hat, bis zu 300 Kündigungen auszusprechen. Das Spital in Freiburg muss 60 Millionen sparen.

Auch die Bildung steht in den meisten Kantonen unter Beschuss. Dabei mangelt es da schon lange an Ressourcen. Seit Jahren berichten die Schlagzeilen nach den Sommerferien von überfüllten Klassen und Tausenden von fehlenden Lehrkräften. Diese fallen Reihenweise mit Burnout aus: Der Beruf macht jeden dritten Lehrer krank. Und das ist erst der Anfang! Bund und Kantone schliessen Schulen, erhöhen Prüfungs- und Studiengebühren, bauen Bildungsangebote ab und vergrössern die Klassen. Zum Beispiel wird in Solothurn nicht nur eine Berufsschule geschlossen und das Fächerangebot am Gymnasium verkleinert, sondern den Lehrern auch mehr Lektionen bei gleichbleibendem Lohn aufgebuckelt.  Diese letzte Massnahme wurde letztes Jahr auch in Genf ergriffen.

Wir zahlen eure Krise nicht!

Seit Jahrzehnten erleiden Bildung, Gesundheit und Soziales ständige kleine Einschnitte, die sich zu grossen Problemen akkumuliert haben. In den nächsten Jahren versprechen die Kapitalisten, diese Abbaupolitik zu intensivieren. Das wird extrem schmerzhaft für alle, die nicht auf Privatschulen und -Kliniken ausweichen können. Die Arbeiterklasse leidet doppelt und dreifach: Alles wird teurer, der Stress nimmt zu, Jobs verschwinden und schliesslich zerstören die Sparmassnahmen die sozialen Errungenschaften. In Gesundheit, Bildung, Verkehr und dem Sozialwesen wird unsere Zivilisation abgebaut. Dabei wäre in den Kassen der Konzerne und den Konten der Bonzen genug Geld da. Diese Situation ist zunehmend untragbar.

Die Arbeiterklasse wird nicht umhin kommen, sich zu wehren und der hinterlistigen Sparpolitik Massenmobilisierungen entgegenzusetzen. Bislang blieb der Widerstand lokal vereinzelt, auch weil SP und Gewerkschaften im Kantönligeist feststecken. Das Potential für eine nationale Bewegung wächst aber täglich! In Zürich und St. Gallen demonstrierten Lehrer und in Lausanne streikte das Spitalpersonal. In Genf und dem Tessin gibt es seit Jahren breitere Mobilisierungen. Das steht überall bevor.