Das iberische Bankensystem steht vor dem Zusammenbruch. Während neue Bankenrettungspakete geschnürt werden, wird bei der Bevölkerung massiv gekürzt. Und jetzt kommt Spanien sogar noch unter den “EU-Rettungsschirm”.
Die “Märkte” zweifelten in den vergangenen Wochen immer mehr an Spaniens Fähigkeit die Krise zu lösen. Die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen haben Anfang Juni fast ein Niveau erreicht, bei dem Griechenland, Irland und Portugal unter den EU-Rettungsschirm gehen mussten, weil sie sich auf den Märkten nicht mehr finanzieren konnten. Die massiven Schulden der Banken infolge der geplatzten Immobilienblase und das hohe Budgetdefizit (2011: 9%), das wiederum durch Bankenrettungspakete und den Einbruch der Wirtschaft explodiert ist, sind die beiden grossen Schwachpunkte Spaniens.
Ein Ende dieser Krise ist nicht in Sicht. Die Immobilienpreise sind noch immer um ca. 20% zu hoch. Die Banken sitzen auf einem Berg fauler Kredite. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit (2007: 1,8 Mio., 2012: 5,6 Mio.!) können viele Menschen ihre Raten nicht mehr zahlen. Die Banken gewährten auch der Bauwirtschaft grosszügig Kredite. Viele Bauunternehmen sind mittlerweile aber pleite. Die Folge ist, dass die Banken eine Unzahl an halbfertigen oder leerstehenden Häusern besitzen, die sie auf dem Markt nicht mehr verkaufen können.
Aufgrund des lang anhaltenden Wirtschaftsbooms in der vorangegangenen Periode haben Banken aus anderen EU-Ländern (allen voran Deutschland) grosszügig Kredite in Spanien vergeben. Somit hat die Krise in Spanien unmitelbar weitreichende Konsequenzen für den Rest Europas.
Ausgelöst wurde die jetzige Bankenkrise durch die Pleite von Bankia, der viertgrössten Bank des Landes. Bankia musste mittlerweile notverstaatlicht werden. 340.000 kleine SparerInnen zittern nun um ihre Einlagen. Das restliche Bankensystem, so die spanische Regierung, sollte durch neue staatlich vorgeschriebene Regulierungen abgesichert werden. Aber von Anfang war das Vorhaben der konservativen Regierung in Madrid ein Wunschtraum. Woher sollten die Banken die dafür nötigen 100 Mrd. Euro hernehmen? Private Kreditgebern kommen unter diesen Bedingungen nicht mehr in Frage. Im ersten Quartal 2012 verzeichnete Spanien bereits eine Kapitalflucht in der Höhe von 97 Mrd. Euro! Der spanische Staat selbst erwies sich ebenfalls ausserstande dies zu leisten. Die bisherigen Sparpakete, die z.B. eine sehr harte Pensionsreform brachten, machten gerade einmal 30 Mrd. Euro aus. Dieser Vergleich sollte ausreichen, um zu zeigen, dass ein weiteres Bankenrettungspaket in der genannten Höhe von 100 Mrd. sozial nicht mehr durchsetzbar ist.
Spanien verlangte daher eine Intervention der Europäischen Zentralbank. Die EU wird im Gegenzug aber weitere Sparpakete und die Bedienung der Schulden fordern. Dies wird aber die Rezession weiter vertiefen und eine soziale Explosion vorbereiten, wie wir in Griechenland gesehen haben. Die Bürgerlichen stehen somit vor einem gewaltigen Widerspruch.
Während an der Spitze des Staates eine Stimmung der nationalen Einheit geschaffen wird, und die Sozialdemokratie in der Tat die konservative Regierung unterstützt, brodelt es in der Gesellschaft. Die Finanzspritzen für Bankia haben den Menschen gezeigt, dass Geld vorhanden ist, dass aber die politischen Prioritäten nicht mit den Interessen der Lohnabhängigen und der Jugend übereinstimmen. Die Bereitschaft für die Kosten der Krise der Banken aufzukommen, nimmt immer mehr ab. Bei den jüngsten Regionalwahlen drückte sich dies in starken Stimmenzuwächsen der Linkspartei Izquierda Unida aus. Dies zeigt sich sehr schön am jüngsten Kampf der Bergarbeiter. Die geplante Kürzung der staatlichen Subventionen, mit der sich die Regierung 500 Mio. Euro sparen will, ist nur ein Bruchteil der Ausgaben für die Rettung der Bankia. Bergarbeiter, Hafenarbeiter, LehrerInnen usw. führen derzeit sehr militante Kämpfe.
Die Regierung antwortet mit ungewöhnlicher Härte. Seit dem Generalstreik Ende März wurden mehrere GewerkschafterInnen verhaftet, weil sie an Protestaktionen teilgenommen hatten. In einem Fall lautet die Anklage auf “Gründung einer kriminellen Organisation”. Ihr “Verbrechen” war es bei einem Streikposten teilgenommen zu haben.
Spanien steuert ungebremst auf sehr stürmische Ereignisse zu. Harte Abwehrkämpfe und soziale Explosionen sind eine wahrscheinliche Perspektive. Vor diesem Hintergrund werden immer grössere Teile der ArbeiterInnenklasse und der Jugend zu dem Schluss kommen, dass der Kapitalismus beseitigt werden muss. Diesen Prozess zu unterstützen, ist die Aufgabe der spanischen MarxistInnen in der Izquierda Unida rund um die Zeitung “Lucha de Clases”.
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