Indien – Im Kampf gegen Privatisierung, Sparmassnahmen und Lohndruck beteiligten sich Millionen von Arbeitenden in ganz Indien am grössten Generalstreik seit Jahren. Gleichzeitig finden Massenproteste gegen das neueste reaktionäre Einbürgerungsgesetz von Präsident Modi statt.
Viele bezeichnen es als den weltweit grössten Generalstreik in der Geschichte der ArbeiterInnenklasse. Am 8. Januar gab es in Indien einen massiven Generalstreik, welcher das ganze Land zum Stillstand brachte. Über 250 Millionen Menschen nahmen teil. Im Kontext der globalen Krise des Kapitalismus hat sich die wirtschaftliche Situation Indiens in den letzten Jahren stark verschlechtert. Mehr als fünf Millionen Menschen wurden in den letzten zwei Jahren arbeitslos. Während diesem Prozess wurden auch die Löhne gedrückt, so dass eine der Hauptforderungen des Streiks die Erhöhung des Mindestlohnes auf 21’000 Rupien (CHF 286.-) pro Monat war. Die Angestellten des öffentlichen Diensts streikten in den meisten Sektoren komplett und landesweit. Auch LandarbeiterInnen und Bauern streikten erstmals grossflächig mit.
Im Vergleich zu den vergangenen landesweiten Streiks nahm die Beteiligung an diesem Streik nochmals zu. Das Wichtigste ist jedoch, dass er während einer fortlaufenden, landesweiten Massenbewegung gegen Präsident Modis neues Einbürgerungsgesetz organisiert wurde.
Das neue Einbürgerungsgesetz erlaubt dem Staat, eine Registrierung aller InderInnen durchzuführen. Wer in diesem Prozess gewisse Fragen nicht beantworten kann, wie z. B. die Frage nach dem Geburtsort, dem kann der Staat, die indische Nationalität entziehen und ihn/sie in spezielle «Straf-Zentren» schicken. Demonstrantrierende in ganz Indien stellen sich gegen dieses reaktionäre Gesetz, welches klar die muslimische Minderheit diskriminiert und dazu dient, die indische Bevölkerung entlang von religiösen und nationalen Grenzen zu spalten. Sie vergleichen die «Straf-Zentren» mit den Konzentrationslagern Hitlers und sagen, dass sie diese Lager bis zu ihrem letzten Atemzug bekämpfen wollen.
Den Massenprotesten wird mit brutalster Polizeirepression begegnet. Sowohl bei einem Studentenprotest an der Jamia Millia Islamia University in Delhi als auch in Meerut, einer Stadt im grössten Teilstaat Uttar Pradesh, ist die Polizei in Häuser eingedrungen und hat wahllos Menschen verprügelt. An Demos benutzt sie Tränengas und schiesst auf Demonstrierende. An vielen Orten forderten die streikenden Arbeitenden und Gewerkschaften deshalb zusätzlich die Rücknahme dieses im Dezember beschlossenen Gesetzes.
Die aktuelle Bewegung gegen Modi und seine Regierung ist sehr heterogen. Verschiedene Strömungen aus einem breiten politischen Spektrum beteiligen sich. Die meisten Anführer der Bewegung kämpfen für demokratische Rechte und religiöse Harmonie und verteidigen die Säkularität der indischen Verfassung. Solange sie aber nicht den Bruch mit dem Kapitalismus fordern, wird ihr Kampf erfolglos bleiben. Denn es bleibt Modi nichts anderes übrig, als die kapitalistische Krise auf die Arbeitenden abzuwälzen, um die Profite der Kapitalisten zu retten.
In der momentanen Phase der Radikalisierung der ArbeiterInnenklasse braucht Modi den Rassismus, um diese zu spalten und von seinen Angriffen abzulenken. Nur die Klassensolidarität und der geeinte Kampf aller indischen ArbeiterInnen kann die Spaltung durch die Herrschenden verhindern. Um zu gewinnen, braucht es ein sozialistisches Programm, für das die ganze ArbeiterInnenklasse kämpft. Nur dadurch kann das rassistische Gesetz (und Modi selbst) besiegt werden. In einem solchen Kampf erkennen die Arbeitenden ihre Fähigkeit, Wirtschaft und Gesellschaft selbst demokratisch zu planen.
Nur eine demokratisch geplante Wirtschaft unter ArbeiterInnenkontrolle kann die Misere der indischen Bevölkerung beenden. Eine sozialistische Umwälzung in Indien wird das revolutionäre Bewusstsein in der ganzen Region entfachen. Die ArbeiterInnen in Pakistan, Bangladesch und anderen Ländern werden folgen und den Weg bereiten für eine sozialistische Vereinigung Südasiens, ein Schritt in die Richtung einer sozialistischen Weltvereinigung.
Vesna Meier
JUSO Zürich
Quelle Titelbild: Brighter Kashmir
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