Am Mittwochabend gingen über 1000 Menschen gegen den sozialen Kahlschlag im Kanton Bern auf die Strasse. Ein Bericht.
Das bürgerliche Kantonsparlament will auf dem Rücken der “Wehrlosesten” unserer Gesellschaft die Firmen-Gewinnsteuern senken. Um den Interessen der KapitalistInnen zu dienen, geht den PolitikerInnen offensichtlich kein Sozialabbau zu weit. Doch am Mittwoch bewiesen auch die “Wehrlosen” ihren Kampfesmut.
In der kommenden Woche wird das Kantonsparlament ein Sparpaket von SVP-Gesundheitsminister Pierre Alain Schnegg im Umfang von kurzfristig 88 und langfristig 185 Millionen Franken debattieren. Die Kürzungen im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich werden besonders Alleinerziehende, Frauen, RentnerInnen, Menschen in Ausbildung, Geflüchtete und MigrantInnen sowie ArbeiterInnen mit einem tiefen Einkommen treffen.
Diverse staatliche Sozialstellen und Hilfsorganisationen verlieren Subventionen. Die INFRA Bern zum Beispiel, die kostenlose Rechtsberatung für Frauen anbietet, wird mit ungenügender finanzieller Unterstützung auskommen müssen – oder ist zum Schliessen gezwungen. Mit dem gesparten Geld will das Kantonsparlament Steuergeschenke für Unternehmen im Wert von 200 Millionen Franken finanzieren.
Widerstand formiert sich
Seit der Bekanntgabe des Sparpakets im Juni hat sich eine breite Basis dagegen gebildet. Bereits im September haben rund 3000 Menschen gegen den „Entlastungsplan 2018“ in Bern demonstriert. Ein Kollektiv, namens „Sozialen Kahlschlag Stoppen“ hat die Demonstration am Mittwoch organisiert. Die Gruppe hat sich im Rahmen des Sparplans im Kanton Bern gebildet und besteht aus Frauen, Männer, Kinder, SchülerIinnen, Alten, Behinderten, Kranken, Bedürftigen, Staatsangestellten und vielen mehr. Durch den selbstorganisierten Widerstand wollen sie eine genügend starke Bewegung aufbauen, die dieser Spar- und Abbaupolitik entgegenwirken kann.
Über 1’000 Menschen
Eine bunte Mischung aus Familien, Studierenden, SchülerInnen, Pflegepersonen und anderen Betroffenen versammelten sich in der Berner Altstadt, um Widerstand gegen die geplanten Sparmassnahmen des Kantons zu zeigen. Der Demonstrationsumzug zog mit einer heiteren, dennoch kämpferischen Stimmung durch die Stadt und versammelte sich am Schluss vor dem Rathaus.
Im Verlauf des Abends hielten starke Stimmen aus den betroffenen Kreisen lebendige Ansprachen. Dabei schilderten sie nicht nur ihre individuelle Betroffenheit, sondern lehnten die Sparmassnahmen als Ganzes ab. Bei einem Redebeitrag wurde die Solidarität auch mit den streikenden Gefangenen der Berner Justizvollzugsanstalt Thorberg erklärt und mit reichlichem Applaus verstärkt.
Nach der eröffnenden Diskussion zu den Sparmassnahmen wurden die tagenden ParlamentarierInnen am Rathausplatz durch Trillerpfeifen, Protestparolen und Buhrufe in Empfang genommen. Nach weiteren Parolen und Ansprachen haben sich die OrganisatorInnen mit dem Mani-Matter-Klassiker „Dene wos guet geit“ von den Demonstrierenden verabschiedet.
Keine Alternative?
In den jetzigen Zeiten der weltweiten Wirtschaftsstagnation werden die bürgerlichen Argumente des attraktiven Finanzplatzes als Umverteilungen nach oben entblösst. Die gelungene Mobilisierung aus verschiedenen sozialen Schichten zeigt, dass viele Menschen die bürgerlichen Angriffe auf die Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung nicht stillschweigend hinnehmen. Die Beteiligten machten einen ersten Schritt, um aus der Defensive in die Offensive zu gehen. So wurde auch mehrmals betont, dass es genügend Geld für alle gibt und die Reichen immer reicher werden.
Ausserdem war die Solidarität zwischen allen Betroffenen im Mittelpunkt. Die OrganisatorInnen riefen dazu auf, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen und Kürzungen in jeglichen Bereichen vehement zu bekämpfen. Je brutaler gespart wird, desto klarer wird es den Menschen, dass nur eine geschlossene Reihe aller ArbeiterInnen die Macht des Kapitals bekämpfen kann.
Sparmassnahmen sind kein Berner Phänomen, sondern eine Folge des Kapitalismus. Wir müssen uns mit allen möglichen Bewegungen gegen bürgerliche Abbaupolitik innerhalb und ausserhalb der Schweiz solidarisieren. Nur so können wir der skrupellosen Logik des Kapitals Trotz bieten und die gemeinsamen Interessen aller ArbeiterInnen sichern.
Abi M.
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