Soll der Frauenstreik 2019 Veränderung bringen, muss er mit der Symbolpolitik brechen und endlich wie ein richtiger Streik organisiert werden. Die Gewerkschaften stehen in der Verantwortung.
Wir wollen nicht mehr warten: Frauenunterdrückung und der ganze andere Mist gehören schon seit Jahrzehnten auf den Müllhaufen – genau so wie der ausbeuterische Kapitalismus, in dem wir heute noch leben. Aber wer uns illusorisch und ungeduldig nennt, weil wir sagen, dass der 14. Juni 2019 als Generalstreik organisiert werden sollte, nimmt die Frauenbewegungen in der Schweiz und weltweit nicht ernst.
Der Streik bietet ein hervorragendes Mittel, um gegen Unterdrückung und Ausbeutung zu kämpfen: Er lässt Solidarität entstehen und hilft dabei Spaltungen zu überwinden. Aber am wichtigsten: In der gemeinsamen Arbeitsniederlegung erkennen die lohnabhängigen Frauen und Männer, dass sie das System zum Stillstand bringen können – also ohne sie in dieser Gesellschaft nichts läuft. Je mehr Leute sich beteiligen, desto stärker ist die Wirkung. Das sehen auch die Organisatorinnen des Frauenstreiks so, immerhin lautet eine verbreitete Parole: «Wenn Frau will, steht alles still.»
Nichtsdestotrotz ist ein Streik kein Selbstzweck, geschweige denn ein Symbol. Sein Hauptzweck besteht im Durchsetzen unserer Anliegen – in der Veränderung der Welt. Warum sollte das im Kampf gegen Frauenunterdrückung anders sein? Wir weigern uns zu reinen Symbolen reduziert zu werden und einfach «ein Zeichen zu setzen» – für das sind unsere Anliegen zu wichtig!
Ein Streik braucht Vorbereitungsarbeit – keine Frage. Und der Frauenstreik bildet nur einen Schritt in einer längerfristigen Organisation der Lohnabhängigen gegen Unterdrückung. Das ganze System ist zugunsten der Chefs aufgebaut. Wir müssen geeint handeln, um unsere Interessen durchzusetzen. Hier stehen die Gewerkschaften in der Verantwortung: Sie müssen gemeinsam mit den ArbeiterInnen die Arbeitsniederlegung vorbereiten, koordinieren und in den Betrieben mobilisieren. Indem die Gewerkschaften aber aktiv dazu aufrufen, Frauen sollen am Streiktag lediglich eine symbolische Kafi-Pause machen oder einen Ferientag nehmen, entziehen sie sich der Verantwortung. Sie überlassen die Arbeitenden sich selbst und zeigen ihren Unwillen, den Kampf seriös zu führen. Ausserdem machen sie unsere Anliegen so vom Wohlwollen der Chefs abhängig, anstatt in der kollektiven Aktion zu zeigen, wer tatsächlich den Laden schmeisst. So wird der Slogan zu: «Wenn der Chef der Frau will, steht alles still.» Nur: Wieso sollten sie das wollen?
Dasselbe gilt für Aufforderungen, dass Männer am besten in den Kampf miteinbezogen werden, indem sie Frauen die bestreikte Arbeit (sei dies zu Hause oder im Betrieb) abnehmen. Dadurch wird die Macht der gemeinsamen Arbeitsniederlegung untergraben, die Arbeit der Streikenden wird ersetzt, der Streik wirkungslos. Männer werden so einerseits eigenhändig zu Streikbrechern ernannt, andererseits wird unsere Streikfähigkeit wiederum vom Wohlwollen unserer Partner, Arbeitskollegen oder Mitstudenten abhängig gemacht. Als ob das nicht schlimm genug wäre, werden bestehende ideologische Gräben dadurch vertieft: Plötzlich erscheinen nicht mehr unsere Ausbeuter – die Kapitalisten – als unsere Gegner, sondern die Männer dieser Welt. Ihre Solidarität mit unserem Kampf zeigen Männer, indem sie Schulter an Schulter mit uns marschieren und mithelfen, den Streik zu einem vollen Erfolg zu machen. Alles andere ist (Eigen-)Sabotage.
Ausserdem ist der Kampf gegen geschlechterspezifische Unterdrückung nicht allein die Sache von uns Frauen. Wir leiden unter der Mehrfachbelastung durch Lohn-, Haus- und Sorgearbeit. Aber diese hängt eng mit den Geschlechterverhältnissen zusammen, die heute im Kapitalismus herrschen und alle Menschen von einer freien Entwicklung abhalten. Diese Geschlechterverhältnisse dienen in letzter Instanz den KapitalistInnen, um ihre Angestellten effizienter auszubeuten.
Der Kampf für die Befreiung der Frauen ist der Kampf zur Befreiung aller Menschen. Und das heisst: der Kampf gegen den Kapitalismus. Den wollen wir gewinnen: Stellen wir klar, wer unsere Gesellschaft am laufen hält. Dafür muss der 14. Juni so stark und gross wie möglich werden. Und dafür sollten folgende Bedingungen gegeben sein:
Helena W.
JUSO Stadt Zürich
Bild: www.frauen-streiken.ch (mit Veränderung)
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