25 Frauen sind im Jahr 2021 ermordet worden. 42% der Frauen haben häusliche Gewalt überlebt. Auch in der Schweiz gelten Frauen offensichtlich immer noch als Eigentum der Männer. Wer sind unsere Verbündeten im Kampf um unsere Freiheit?

«In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet.» (stopfemizid.ch) Zur Zeit des Schreibens des Artikels wurden in der Schweiz, im Jahr 2021, 25 Frauen ermordet. Femizide sind der schlimmste Ausdruck von Gewalt gegen Frauen. Laut der Forschungsstelle Sotomo haben 42% der Frauen in der Schweiz häusliche Gewalt überlebt. 

Im Kapitalismus haben Menschenleben keinen Wert. Insbesondere das der Frauen. Das ist in der Schweiz nicht anders. Trotz dem gigantischen Frauenstreik, welcher gezeigt hat, dass wir genug haben, verschlechtert sich auch in der Schweiz die Situation. Die Lohnungleichheit nimmt zu, das Frauenrentenalter wird von den Bürgerlichen angegriffen, in Frauenhäuser wird nicht investiert, obwohl man weiss, dass sie chronisch unterfinanziert sind. Die herrschende Klasse der Schweiz ist nicht nur untätig, sondern sie kreiert mit ihrer Politik Bedingungen, welche die Situation der Frauen verschlechtern.

Du gehörst mir

In der Nacht alleine nachhause zu gehen, ist für eine Frau gefährlich. Aber am gefährlichsten sind für Frauen die eigene Familie, insbesondere der eigene Partner. Laut dem Bundesamt für Statistik sind 54% der Frauenmörder der eigene Partner, 19% der Vater und 17% der Ex-Partner. Die Phase nach einer Trennung gilt für eine Frau als besonders gefährlich. Angesichts des vorherrschenden bürgerlichen Familienbildes und Rollenbildern ist das auch wenig überraschend. Die Frau gilt als schwach und muss beschützt werden. Die Kehrseite sind Kontrolle und Besitzanspruch. Diese Ideologie wird von Hollywood, der Musikindustrie und vielem mehr aufrechterhalten. Der Ausspruch «du bist mein» und «leidenschaftliche» Gewalt wird romantisiert. Es ist ein harter Lernprozess, den Frauen durchgehen müssen, dass es keine romantische Form von Gewalt gibt. Anzeichen von Kontrollwahn und Aggressionen bei einem Partner werden nicht besser, sondern schlimmer. Anders als in den Romanen dargestellt, lassen sich Männer nicht durch die Liebe einer Frau ändern.

Diese ideologische Bombardierung hat aber eine reale Grundlage. Nämlich die Klassengesellschaft, heute in Form des Kapitalismus. Die Unterdrückung der Frau ist nicht erst im Kapitalismus entstanden, sondern sie ist historisch überliefert. Mit dem Entstehen des Privateigentums wurde die Frau zum Eigentum des Ehemannes. Dies war nötig, um zu garantieren, dass die Männer der besitzenden Klassen sicher sein konnten, dass sie ihre Erben identifizieren können. Heute drückt sich die Unterdrückung der Frau auf eine kapitalistische Art und Weise aus. Unsere besitzende herrschende Klasse, die Kapitalisten, müssen die Frau ebenfalls an den Mann fesseln. Die Frauen werden doppelt geknechtet, einerseits als günstige Arbeitskräfte, andererseits als Haussklavin in der Familie. Und sie können als Puffer dienen, an denen der Frust als erstes ausgelassen wird. 

Nur die Kapitalisten profitieren

Auch wenn die Kapitalisten ihr Image noch so lila anstreichen. Sie sind die einzigen welche von der Frauenunterdrückung profitieren und sie aufrecht erhalten. Das tun sie, indem sie durch Sparmassnahmen, Lohnsekungen, etc. Lebensbedingungen hervorrufen, die Gewalt florieren lassen. Die mexikanische Aktivistin Maria Salgueiro, die seit Jahrzehnten gegen Femizide in Mexiko kämpft, stellt zum Beispiel fest, dass Täter meist Männer sind, die arbeitslos oder in prekären Arbeitsverhältnissen sind. Die Jahrzehnte der Angriffe auf die Arbeitsbedingungen der ArbeiterInnen in Mexiko haben zu extremer Armut und gar einem sozialen Zerfall geführt. Dies trifft Frauen und Kinder besonders hart. In Mexiko werden mittlerweile täglich 10 Frauen getötet. 

Gleichzeitig führen Teilzeitarbeit, Lohnungleichheit und schlechtbezahlte Frauenberufe dazu, dass Frauen noch grössere Hürden haben, um vor einem gewalttätigen Partner fliehen zu können. Die Weigerung der Bürgerlichen, die Frauenhäuser auszubauen, die Frauenlöhne zu erhöhen und gratis Kinderbetreuung zu garantieren, verunmöglichen die Flucht. Wir müssen der harten Realität ins Auge blicken: solange wir die materielle Grundlage für die Unterdrückung nicht vernichten, bleiben wir unterdrückt. Das heisst wir müssen den Kapitalismus stürzen. Denn die Unterdrückung der Frau ist tief mit dem Gewebe des Kapitalismus verbunden. 

Falsche Freunde

Um den Kapitalismus zu stürzen, müssen wir verstehen, wer unsere Verbündeten sind. In linken Kreisen will man Femizide mit Appellen an den Staat für mehr Frauenhäuser bekämpfen. Auch wenn wir das befürworten müssen wir jedoch klar die blinde Staatsgläubigkeit kritisieren. Der bürgerliche Staat ist nicht unser Freund. Er ist unser Feind! Die Praxis zeigt, dass Appelle verhallen, dass die Probleme bekannt sind und dass nichts getan wird, denn ein besseres Leben für Frauen ist einfach nicht profitabel. Letzten Endes ist der bürgerliche Staat das wichtigste Werkzeug der Kapitalisten, um ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten. Die einzigen, die fähig sind, den Kapitalismus zu stürzen sind die ArbeiterInnen. Sie sind es, die alle Räder auf der Welt zum Drehen bringen, sie haben kein Interesse an Profit, sondern sie wollen ein schönes Leben. 

Dies bedeutet nicht, dass wir die Arbeiterklasse romantisieren. Sexismus herrscht in der Arbeiterklasse vor, wir haben gesehen, je prekärer die Arbeitsbedingungen desto schlimmer für die Frau. Aber der Sexismus ist die Ideologie der herrschenden Klasse, der Kapitalisten. Die Arbeiter haben keine materielle Notwendigkeit, die Frau zu knechten. Sie haben kein Eigentum, das sie vererben müssen, um ihre gesellschaftliche Macht zu wahren und somit keinen Grund die Frau zu knechten. Der Sexismus spaltet die Arbeiterklasse in zwei Teile, nach dem Motto Teile und Herrsche, so ist sie Rohmaterial zur Ausbeutung. Werden die Arbeitsbedingungen der Frauen verschlechtert, folgt im nächsten Schritt der Angriff auf den Rest der Klasse. Das werden wir bei der Erhöhung des Frauenrentenalters sehen. Auf Frauenrentenalter 65 folgt Rentenalter 67 für alle. Der Sexismus schadet der Arbeiterbewegung. Und nur die Arbeiterklasse ist fähig, alle Formen der Unterdrückung zu überwinden. Deshalb ist es einer der wichtigsten Aufgabe von uns Revolutionärinnen und Revolutionären, den Sexismus in der Arbeiterbewegung zu bekämpfen.

Kriegerinnen der Arbeiterbewegung

Immer wieder hören wir, dass streiken männlich sei und dass die Arbeiterbewegung keinen Platz für Frauen habe. Das ist eine schädliche Lüge. Wir sind Arbeiterinnen und die Arbeiterbewegung gehört uns genauso wie den Männern. Wir werden am härtesten ausgebeutet und das macht uns auch zu den krassesten Kriegerinnen. In jedem revolutionären Prozess sehen wir, wie die Frauen an vorderster Front stehen und wie die sexistischen Vorurteile sich anfangen aufzulösen. Wir müssen die materiellen Umstände beseitigen, welche Gewalt hervorbringen. Unser Kampf gegen die spaltenden Vorurteile ist eine eine Voraussetzung dafür. Denn nur die vereinte Arbeiterklasse kann die sozialistische Gesellschaft aufbauen. Eine Gesellschaft, in der es keinen Privatbesitz mehr gibt, und somit die Vorstellung, einen Menschen zu besitzen, unmöglich ist. Dann können wir endlich herausfinden, was es heisst zu lieben, ohne Gefahr zu laufen, eingesperrt oder gar getötet zu werden.

S. Varela
JUSO Stadt Bern
30.12.2021