Im Baselland verkündete die SP am 9. Mai an einer Medienkonferenz innerhalb einer Woche eine neue Initiative zu sammeln. Niemand soll mehr als 10% des Einkommens für die Krankenkassen-Prämien ausgeben müssen. Heute wird die Grenze bei 20% gezogen, was für viele Haushalte eine enorme Belastung darstellt.
Sammeln im Eiltempo
In den letzten zehn Jahren sind die Prämien jedes Jahr um durchschnittlich 3.6% pro Jahr gestiegen. Fast verdoppelt haben sie sich in den letzten 15 Jahren. Dass sich die SP diesem Thema annimmt ist nur richtig, denn die Krankenkassenprämien nehmen einen immer grösseren Teil der Haushaltsbudgets in Beschlag. Aus diesem Grund hat die Baselbieter SP dies zu einem dringenden Anliegen erklärt und veranstaltete eine Aktionswoche mit über 30 Aktionen. Um die 200 Mitglieder, angeführt von der gesamten Parteielite, sollten die notwendigen 1500 Unterschriften in einer Woche sammeln.
“Mit diesem Effort zeigt die während langer Zeit kaum kraftvoll wahrnehmbare Baselbieter SP wieder öffentlich Kampfeswillen wie damals, als es um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Verwaltungsräten ging” (OnlineReports). Nach gut der Hälfte der Zeit wurde das Ziel bereits erreicht. Die Initiative wurde schliesslich mit 5463 Unterschriften eingereicht. Dies ist sehr erfreulich und zeigt, dass sich mit guten Forderungen die Parteibasis durchaus aktivieren lässt.
Dabei darf es jedoch nicht bleiben! Wie wir immer wieder erklärten, muss die Partei nachhaltig aufgebaut werden, um eine wirkliche Oppositionspolitik zu betreiben. Nur so können weiterreichende Ziele und Forderungen erreicht werden. Gerade unter diesem Gesichtspunkt verdient die Tatsache, dass die Initiative in so kurzer Zeit gesammelt werden konnte, am meisten Anerkennung. Dies deutet an, dass sich durchaus Leben in der Partei befindet.
Mut zur Opposition
Dieses Erfolgserlebnis sollte zu mehr ermutigen. Die Kampagne darf jetzt nicht einfach versanden und verstauben bis kurz vor der Abstimmung. Sie sollte zum Aufbau und zur Verankerung der Organisation eingesetzt werden. So könnten mit weiteren Aktionen viel mehr Lohnabhängige erreicht und einige auch für die Partei gewonnen werden. Zudem könnte sie helfen, die gewonnenen Neumitglieder direkt in die politische Arbeit zu integrieren.
In den meisten Sektionen hängt die gesamte Arbeit an wenigen Personen. Der politische Nachwuchs, der Leben in die Partei bringt, kommt, wie das Präsidium, meist aus der JUSO.
Anstatt die Bewegung zu beenden und die Lohnabhängigen auf die Befreiung von der Belastung warten zu lassen, sollte zum Angriff geblasen werden. Mit dem weiteren Aufbau einer Bewegung rund um die Forderungen im Programm der SP würde dies zum ersten Mal eine Oppositionspolitik bedeuten, die ihren Namen verdient.
Immer wieder stehen wir vor dem Problem, dass das Kräfteverhältnis im Parlament, welches die Vergangenheit widerspiegelt, nicht reicht, um progressive Reformen durchzusetzen. Daraus können wir jedoch nur folgern, dass wir ausserhalb des Parlaments für eine Veränderung des Kräfteverhältnisses sorgen müssen. Den Bürgerlichen muss zugerufen werden: “Ihr habt zwar die Mehrheit im Parlament und in der Regierung, unsere Forderungen haben Mehrheiten auf der Strasse, den Schulen und den Betrieben!”
Die Bürgerlichen haben bei der Vorlage um die Unternehmenssteuerreform III bewiesen, dass sie nicht mit sich verhandeln lassen, solange die Mehrheitsverhältnisse klar sind. Das war auch bei der Ausarbeitung der Rentenreform so. SP-Bundesrat Berset gab zu, dass ein Ausbau gar nicht gesucht wurde. Es wäre auch vergebens gewesen, denn das aktuelle Kräfteverhältnis im Parlament ist klar: Die Bürgerlichen dominieren nach Belieben.
Nachhaltige Veränderungen
Wie kann das Kräfteverhältnis verändert werden? Die SP Schweiz denkt gar nicht daran und versucht sich das wenige zu sichern, was heute – mit begrenztem Erfolg – möglich scheint. Einen leicht anderen Weg gehen einige linke Organisationen (nun sogar der K-Tipp, wenngleich nicht aus sozialistischen Überlegungen), indem sie das fakultative Referendum gegen die Rentenreform ergriffen haben (was wir unterstützen). Damit gibt es eine zweite Abstimmung über die Altersvorsorge, mit einer Frage explizit über die Erhöhung des Rentenalters und die Senkung des Umwandlungsatzes. Ausserdem lässt sich mit dem Referendum die Dauer der Kampagne verlängern.
Das ist so weit richtig und wichtig. Das bürgerliche Establishment kann nur mit einer Bewegung von der Strasse und aus den Betrieben bekämpft werden. Nur kommen leider weder die SP in der “Opposition” noch ihre linken KritikerInnen richtig in Bewegung. Ein Beweis für die Schwierigkeit, eine linke Opposition aufzubauen, aber auch für die Planlosigkeit der Linken, mit dieser Aufgabe umzugehen. So sprang bislang nur wenig aus den jüngeren linken Wahl- und Abstimmungserfolgen heraus. Obwohl die unterdrückten und ausgebeuteten Klassen immer wieder klar ein Interesse für linke Politik bekundeten, schwang das Pendel des politischen Kräfteverhältnisses nie über das bürgerliche Zentrum hinaus.
Also?
Nicht nur der Parteiaufbau ist von grösster Wichtigkeit. Bereits bei der Verkündung der Oppositionsstrategie der SP Baselland haben wir darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht, seine Wünsche und Begehren zu äussern. Bei vielen wird diese Forderung auf offene Ohren stossen, dies zeigten auch die ersten Tage nach der Lancierung der Initiative sehr deutlich. Trotzdem wird die Frage aufgeworfen werden, wer diese Prämienverbilligungen denn bezahlen soll. Die Gedanken müssen zu Ende gedacht und schliesslich konsequent durchgesetzt werden.
Nach wie vor kämpft der Kanton Baselland damit, sein Budget auszugleichen und reiht eine Abbauvorlage an die nächste. Es muss hier ein klarer Klassenstandpunkt eingenommen und klargestellt werden, dass die Lohnabhängigen die Krise nicht bezahlen werden. Um diese Forderungen muss die Bewegung unter der Führung einer klar sozialistischen Partei aufgebaut werden. So wird sie weiter wachsen und das Potential der Stärke der Arbeiterklasse verwerten können.
Jan F.
JUSO Baselland
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