Ende Oktober wurde die Region Valencia vom Unwetter «Dana» heimgesucht. Mehr als 230 starben, Zehntausende verloren alles und hielten es tagelang ohne Zugang zu Wasser, Strom und Essen aus. Dies ist einzig und allein dem Missmanagement der Regierung verschuldet, die Profit über Leben stellte. Das Resultat: Klassenhass und Solidarität.
Die sogenannte «Gota fría» (kalter Tropfen) ist typisch zu dieser Jahreszeit an der Ostküste Spaniens. Sie bringt Starkregenfälle, die Sturzfluten und Schlammlawinen auslösen. Doch die katastrophalen Folgen sind menschengemacht: Die Regierung und Bosse opferten für ihre Profite das Leben der Bewohner. Rollen wir chronologisch auf:
Die konservative Regionalregierung Valencias hat in den letzten Jahren bewusst Risikogebiete für den Massentourismus bebaut. Der jetzige Präsident, Carlos Mazón, hat breitflächig den Sozialstaat kaputtgespart und die Behörde aufgelöst, die Notfallmassnahmen bei Unwetter koordinierte.
Dann ignorierte sie alle Warnungen. Bereits vier Tage vor dem Ausbruch warnte die lokale Meteostation vor heftigem Regen, in einigen Ortschaften sogar mit der «Alarmstufe rot». Man wusste, was kommen würde! Hätte man diese Warnungen ernst genommen, systematisch evakuiert und Geschäfte geschlossen, hätte man unzählige Tote verhindert! Aber eine läppische Notfall-SMS kam erst, als am Tag des Unwetters viele in ihren Wohnungen bereits knietief im Wasser standen oder die Flut sie im Auto von der Arbeit nach Hause mitgerissen hatte. Die ersten Todesmeldungen trafen ein, als Mazón genüsslich bei einem luxuriösen Business-Lunch sass. Nicht die Naturgewalt, sondern die mörderische kapitalistische Regierung hat sie getötet!
In wenigen Stunden fiel die Regenmenge des ganzen Jahres. Doch die Arbeiter wurden gezwungen, auf der Arbeit zu bleiben. In überschwemmten Einkaufshäusern eingesperrt, ertranken einige. Mercadona, der grösste Supermarkt des Landes, schickte weiterhin Home-Delivery-Wägen raus in die Fluten. Im Einkaufszentrum Bonaire stieg der Wasserpegel. Die Arbeiter wollten nach Hause. Doch das Management verbot es! Mehrere hundert Angestellte und Besucher wurden über Nacht eingesperrt – unter der Anweisung, gefälligst das Essensangebot des Kinos nicht anzurühren. Leichen in Schlammlawinen, 2’000 Vermisste. Häuser, Strassen, Autos, Wasserzugang, Telefonempfang – alles vom Schlamm zerstört. Hauptsache die Profite der CEOs sind gesichert.
Dann kam die komplette Unfähigkeit der Regierung in der Hilfs- und Aufräumarbeit dazu: Es herrschte Chaos, keine Planung, keine Zentralisierung. Mazón stritt mit der nationalen Regierung Sánchez darüber, wer jetzt schuld sei. Der Einsatz der Armee verzögerte sich. Für viele Bewohner war klar: Sie konnten nur auf sich selbst zählen.
Das kriminelle Missmanagement der herrschenden Klasse war offensichtlich. Nach Jahrzehnten von Krise, Sparmassnahmen, unzähligen Demonstrationen und Massenbewegungen ist die Gota fría der letzte Tropfen in einem langen Prozess von angestauter Wut und Enttäuschung. Die ganze herrschende Clique – von der Königsfamilie über Sánchez bis Mazón – wird zutiefst verachtet. Das neue Ausmass des Autoritätsverlusts dieser Mörder zeigte sich, als sie für ein paar Soli-Fotos in die Stadt Paiporta einreisten. Die wütende Meute beschimpfte sie und beschmiss sogar die Königsfamilie mit Schlamm! «Mörder», «wo wart ihr», «niemand hat uns gewarnt», schrie die Menge. Ein Mann bot seine Schaufel demonstrativ König Felipe VI an (siehe Bild). Ihre Politik tötete seine Freunde und Verwandten. Auch die Massendemonstration von mehr als 200’000 eine Woche später triefte von Hass auf die Regierung: «Es sind keine Tote, sondern Ermordete!», «Mazón, Rücktritt», «Während du am essen warst, sind die Leute gestorben!».
Die Kehrseite des Vertrauensverlustes in die Regierung sind herzerwärmende Momente der Klassensolidarität. Tausende Arbeiter strömten zu den verwüsteten Orten, um ihren Nachbarn und Leidensgenossen zu helfen. Mit Schaufeln und Traktoren räumten sie die überschwemmten Häuser und Strassen frei. Eine ältere Frau meinte, «Freiwillige kommen und fragen, wo man helfen könne. Man gibt sich eine kurze Umarmung, sie nehmen einen Besen und los».
Die Regierung wollte diese Solidarität in institutionelle Bahnen leiten und die Hilfsaktion selbst koordinieren. Zehntausende versammelten sich, standen stundenlang Schlange und sollten dann… Einkaufshäuser putzen. Viele schwärmten nach dieser Zeitverschwendung in selbstorganisierten Gruppen aus.
Von Mazón über die Monarchen bis zum CEO von Mercadona: Diese kriminelle Bande hat für ihre Profite hunderte Tote dem Schlamm überlassen – sie gehört gestürzt, enteignet und ersetzt durch eine Arbeiterregierung, die konsequent das Leben und die Sicherheit aller verteidigt. Das Scheitern der Herrschenden Spaniens zwingt die spanische Arbeiterklasse in Richtung revolutionärer Schlussfolgerungen: Wer Schlamm auf den König wirft, hat bereits vieles verstanden. Und mit jedem weiteren Tropfen wird diese Schicht grösser und wütender.
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