«Die Schweiz und der Kanton Basel-Stadt müssen klare Signale senden, ihre Solidarität mit Israel und der jüdischen Glaubensgemeinschaft bekunden und wirksame politische und rechtliche Massnahmen zum Schutz der Jüdinnen und Juden ergreifen.»
Medienmitteilung vom 10. Oktober 2023 des grossen Rats des Kantons Basel Stadt
Wie der Bundesrat hat auch das Basler Parlament kurz nach Ausbruch des Krieges in Palästina in einer Resolution (obiges Zitat) die volle Solidarität mit Israel erklärt. Begründet wird das mit dem Kampf gegen Antisemitismus und der «besonderen Verantwortung» gegenüber der «jüdischen Glaubensgemeinschaft» aufgrund der Rolle Basels bei der Gründung des zionistischen Staates. Doch diese Begründung ist pure Heuchelei und verschleiert den wahren Grund für die eindeutige Positionierung: die Profitinteressen der herrschenden Klasse.
Die Basler Resolution wurde mit 94:1 Stimmen angenommen. Nicht nur die Bürgerlichen, auch SP und Grüne stellen sich somit klar auf die Seite des unterdrückerischen Staates Israel und des mit ihm verbündeten US-Imperialismus. Die Resolution argumentiert für die Unterstützung für den Staat Israel mit dem Leid der israelischen Zivilbevölkerung und schiebt dem Angriff der Hamas die alleinige Verantwortung für die Eskalation zu. Das durch Israel verübte Massaker in Gaza, mit bereits tausenden Toten bei Verabschiedung der Resolution am 19. Oktober, bleibt unerwähnt.
Stattdessen führt sie aus, dass 10 der ersten 22 zionistischen Kongresse in Basel stattfanden und Theodor Herzl nach dem ersten Kongress notierte: «In Basel habe ich den Judenstaat gegründet». Wie die Schweizer Bourgeoisie ihre imperialistische Politik hinter der «humanitären Tradition» und der «Neutralität» verstecken, so präsentiert auch Basel die heuchlerische Sorge um die jüdische Bevölkerung als einzigen Beweggrund für ihre einseitige Positionierung.
Dabei bedienen sie sich eines Tricks: Sie setzen die jüdische Bevölkerung mit dem Staat Israel und dem Zionismus gleich. Wer also die Juden unterstützt, muss zwangsläufig den Zionismus verteidigen. Aber lange nicht alle Juden unterstützen den Zionismus, wie beispielsweise die Besetzung der Grand Central Station in New York und des Kapitols in Washington DC durch tausende Aktivisten der jüdischen, antizionistischen Organisation «Jewish Voice for Peace» eindrücklich zeigte.
Und die Gleichsetzung der Sicherheit der jüdischen Bevölkerung mit dem Zionismus ist eine dreiste Lüge: Weder die bürgerlichen Gründer der zionistischen Bewegung noch Netanjahu heute scheren sich um das Wohlbefinden der jüdischen Bevölkerung.
Der Zionismus war zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich die bürgerliche Antwort auf den weit verbreiteten Antisemitismus. Er wurde nur von einer Minderheit an jüdischen Kapitalisten vorangetrieben. Von der jüdischen Arbeiterklasse wurde er weltweit kaum unterstützt.
Das ursprüngliche Versprechen des Zionismus war, eine sichere Heimat für das verfolgte jüdische Volk zu schaffen. Dabei wurde die Parole «Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land» herausgegeben. Das war eine krasse Lüge, denn Palästina war sehr weit weg davon, ein unbevölkerter Landstrich zu sein.
Es war immer klar, dass der zionistische Staat nur mit jahrzehntelangem Terror und schliesslich in der Nakba 1947/48, mit der Massenvertreibung der palästinensischen Bevölkerung, entstehen konnte. Das war der Startpunkt für die jahrzehntelange Unterdrückung der Palästinenser. Diese führte nicht nur zu weiteren Massenvertreibungen und Terror für die palästinensische Bevölkerung, sondern konnte auch nie die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung garantieren.
Der Staat Israel konnte und kann von der Gründung bis heute nur mit dieser fortlaufenden Unterdrückung bestehen. So werden die beiden Völker gegeneinander ausgespielt und die jüdische Arbeiterklasse so immer wieder vom Kampf gegen die eigene herrschende Klasse abgebracht.
Der russische Revolutionär Leo Trotzki wies bereits 1940 darauf hin, dass der zionistische Staat alles andere als die Rettung der jüdischen Bevölkerung sein wird:
«Die zukünftige Entwicklung der militärischen Ereignisse kann Palästina durchaus in eine blutige Falle für mehrere hunderttausend Juden verwandeln. Nie war es so klar wie heute, dass die Rettung des jüdischen Volkes untrennbar mit dem Umsturz des kapitalistischen Systems verbunden ist.»
Vol. 6 No. 12, December 1945, Volume 6, No. 12, pages 377-379
Der Angriff der Hamas am 7. Oktober und die darauffolgende ausgerufene nationale Einheit in Israel, die die monatelangen Massenproteste gegen die Regierung Netanjahus beendete, zeigt diesen reaktionären Spaltungsmechanismus und dessen tödliche Konsequenzen für tausende Juden.
Weder den Zionisten noch ihren imperialistischen Verbündeten ging es jemals um den Schutz der jüdischen Bevölkerung. Und so hat auch die Schweizer Parteinahme für Israel nichts mit dem Schutz der Juden und dem Kampf gegen Antisemitismus zu tun, sondern ist nur ein ideologischer Deckmantel für Interessen, die hinter der Aussenpolitik eines jeden bürgerlichen Staates stehen: Die Profitinteressen der eigenen Bourgeoisie.
Und andererseits ist Israel selbst für die Schweiz ein nicht unbedeutender Handelspartner. Zwar ist Israel für die Schweiz nur auf Platz 30 der wichtigsten Handelspartner, umgekehrt ist die Schweiz aber der fünftgrösste Importeur israelischer Güter. Die für Israel wichtige Diamantenindustrie findet in der Schweizer Schmuckindustrie einen unentbehrlichen Abnehmer, umgekehrt exportiert die mächtige Schweizer Pharmaindustrie jährlich Waren im Wert von 780 Mio nach Israel. Novartis, Roche und Lonza betreiben Produktionsstätten in Israel. Und auch für die Elektronik- und Maschinen- sowie die Landwirtschaftsindustrie spielen die Wirtschaftsbeziehungen eine wichtige Rolle.
All das zeigt: Hinter der bundesrätlichen Unterstützung für Israel steckt nicht die Sorge um die jüdische Bevölkerung, weder in Israel noch hier, sondern um die Geschäfte ihrer Exportindustrie. Und auch die Basler Resolution lässt sich weniger durch die sentimentalen Gefühle des Parlaments für die Geschichte des Zionismus erklären, als vielmehr durch die wirtschaftlichen Interessen der mächtigen Basler Pharmafirmen in Israel.
Aber das macht auch die Aufgaben für die Schweizer Arbeiterklasse klar: Sie muss gegen die imperialistischen Unterstützer Israels, das heisst gegen die heuchlerische Schweizer Bourgeoisie kämpfen.
Und anders als oft gesagt kann die Schweizer Arbeiterklasse nicht nur symbolisch Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf leisten. Ohne die massive Unterstützung in Form von Waffenlieferungen, Geld und ideologischem Support steht Israels Kriegsmaschinerie morgen still.
Durch ihre Stellung im Produktionsprozess könnte die westliche Arbeiterklasse den Krieg morgen stoppen. Wenn sie streiken, dreht sich kein Rad mehr, keine Glühbirne scheint und auch keine Artilleriegranate wird abgefeuert.
Den Weg vorgezeigt haben die Arbeiter der israelischen Rüstungsfirma Elbit Systems im britischen Kent, die zusammen mit palästinensischen Aktivisten die Auslieferungen der Firma blockiert haben. In Belgien haben fünf Transportgewerkschaften ihre Mitglieder aufgerufen, keine für Israel bestimmten Waffen abzufertigen. Solche Aktionen müssen ausgeweitet und von den Gewerkschaften aktiv vorangetrieben werden.
Die Aufgabe der Kommunisten ist es, diese Beispiele zu verbreiten. Wo demokratische Strukturen in Gewerkschaften und Organisationen vorhanden sind, sollen Resolutionen in Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf und dem Aufruf zu entsprechenden Aktionen eingebracht werden.
Schlussendlich kann die Arbeiterklasse nur durch den Sturz aller imperialistischen Regimes all diese Kriege beenden und im Sozialismus die Grundlage schaffen, damit all diese Völker in Frieden leben können. Dafür müssen wir eine revolutionäre Organisation aufbauen, die die Arbeiterklasse zur Machtübernahme und zum Aufbau des Sozialismus hier und überall führen kann.
Europa — von Emanuel Tomaselli, RKI Österreich — 16. 11. 2024
Berichte & Rezensionen — von Die Redaktion — 15. 11. 2024
Nordamerika — von der Redaktion — 13. 11. 2024
Europa — von Jack Halinski-Fitzpatrick, marxist.com — 11. 11. 2024