Überall in der Romandie nehmen die Lohnabhängigen den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und einen höheren Lebensstandard auf. Dies ist die Folge der aktuellen Krise des Kapitalismus und nur ein Vorgeschmack auf zukünftigen Kämpfe.
Seit einiger Zeit erlebt die Romandie einen Anstieg der Zahl der Arbeitskämpfe. Wir haben insbesondere eine Mobilisierung der Beschäftigten des Genfer Flughafens sowie einen historischen Streik der städtischen Beamten gesehen. In Wirklichkeit sind diese Kämpfe Symptome der Krise, mit der der Schweizer Kapitalismus konfrontiert ist.
Die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse verschlechtern sich von Jahr zu Jahr, und die Gesundheitskrise hat diesen Trend noch verschärft. Dennoch haben alle grossen Schweizer Unternehmen seit der Pandemie starkes Wachstum verzeichnet. Die ArbeiterInnen zahlen für die Krise des Kapitalismus, während die Kapitalisten Rekordprofite einfahren.
Die Krise trifft zuerst die am meisten ausgebeuteten Schichten der Arbeiterklasse. So traten beispielsweise die LieferfahrerInnen von Smood, die mit einer grossen Unsicherheit konfrontiert sind, in einen langen Streik. Tatsächlich mobilisierten sich die Beschäftigten des Essenslieferdienstes, um gegen die grausamen Missbräuche in ihren Verträgen vorzugehen.
Diese in Yverdon entstandene Bewegung breitete sich sehr schnell auf andere Städte aus, alles aufgrund des spontanen Anstosses der Arbeitnehmenden. Aufgrund mangelnder Kampferfahrung, stiess der Kampf schnell an seine Grenzen.
Angesichts dessen nahmen die am stärksten radikalisierten LieferantInnen Kontakt mit der Gewerkschaft Unia auf. Zunächst konnte UNIA eine wichtige Rolle dabei spielen, dass sich der Streik ausweiten konnte. Da es jedoch keine Mehrheitsbeteiligung der Beschäftigten gab, wurden die Aktivitäten von Smood nicht blockiert, so dass die Gewinne des Unternehmens nicht stark gefährdet waren. Das erklärt die Unnachgiebigkeit des Unternehmens.
In der Folge setzte Unia lediglich auf Medienpräsenz und die Zustimmung der CRCT, um die Smood-Führung zu einigen Zugeständnissen zu bewegen. Tatsächlich unterstützte die Kommission für kollektive Arbeitsbeziehungen (CRCT) schließlich Forderungen, die im Sinne der Streikenden waren. Das Management von Smood blieb jedoch hart und weigerte sich, alle Empfehlungen der CRCT umzusetzen.
Die Widerstandsbewegung in Smood zeigt einmal mehr, dass Kämpfe sehr schnell explodieren können. Wir müssen verstehen, dass wir die Periode der relativen Stabilität des Schweizer Kapitalismus hinter uns gelassen haben. Angesichts der Krise bereitet sich die Arbeiterklasse darauf vor, zu reagieren.
In Zeiten starken Wachstums des Kapitalismus war die Bourgeoisie bereit, regelmäßig kleine Lohnerhöhungen zu gewähren. In der gegenwärtigen Krise scheitert jedoch jede gewerkschaftliche Forderung an faulen Ausreden der Arbeitgeber. Wir sehen, dass man dem Staat oder der CRCT nicht vertrauen darf. Es ist nicht mehr die Zeit, die Kapitalisten um einen Anteil an den Gewinnen zu bitten, sondern die Zeit zu kämpfen, um diesen Reichtum einzufordern.
Die Gewerkschaften nehmen die Aussicht auf eine stärkere Radikalisierung und eine größere Kampfbereitschaft jedoch nicht auf. Sie halten an Methoden fest, die im Einklang mit der Sozialpartnerschaft stehen, und schaffen es nicht, die Lücken in der Verankerung in den am meisten ausgebeuteten Sektoren zu schließen. Dies hindert sie daran, das derzeit vorhandene Potenzial zu nutzen, obwohl es die ausgebeuteten Schichten sind, die in Zukunft die Quelle für die Erneuerung der gewerkschaftlichen Praktiken und Organisationen sein werden. Bei Smood zum Beispiel ist die gewerkschaftliche Verankerung nach wie vor fast nicht vorhanden.
Die Kämpfe, die wir heute sehen, sind nur die ersten Ausdrücke der Radikalisierungswelle in der Arbeiterklasse. Die Krise, die derzeit den Kapitalismus durchzieht, berührt immer mehr das Bewusstsein, insbesondere das der Jugend und der am meisten ausgebeuteten Schichten. Die Lohnabhängigen werden in den Kampf getrieben. Zu den oben genannten Beispielen für Streiks könnten wir noch die Klimabewegung, den Frauenstreik usw. hinzufügen, die sich in diesen Prozess einfügen.
All dies zeigt eines: Es ist heute möglich und notwendig zu kämpfen. Solange die Organisationen der Arbeiterklasse den radikalsten Schichten des Proletariats hinterherhinken, solange die Kämpfe nicht über die Sozialpartnerschaft hinausgehen, sind die Kämpfe zum Scheitern verurteilt. Die Demokratisierung der Gewerkschaften und der Aufbau einer revolutionären Organisation sind eine Notwendigkeit. Wir können uns auf niemanden verlassen, ausser auf uns selbst.
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