In Zeiten grösster psychischer Not lancieren die UPD-Bosse ihren bisher heftigsten Angriff auf die Lohnabhängigen und Patienten! Diese Frechheit muss bekämpft werden! Aber gegen wen und wie kämpfen wir?
Die UPD – die grösste Psychiatrie im Kanton Bern – streicht drei beliebte Angebote zur Unterstützung und Wiedereingliederung psychisch kranker Menschen. Das Freizeitzentrum Metro, die Holzwerkstatt und das sogenannte Recovery College Bern mussten Ende Januar die Türen schliessen. Infolgedessen werden rund die Hälfte aller Sozialarbeiter im Betrieb entlassen. Das sind 25 Stellen, die weggespart werden.
Und das ist erst der Anfang! Der UPD-Verwaltungsrat wird in den nächsten Monaten alle Angebote und Arbeitsstellen auf Rentabilität prüfen. Wer und was nicht absolut notwendig ist, landet auf der Schlachtbank. Zudem planen die Bosse und der Berner Regierungsrat einen Zusammenschluss der beiden grössten Psychiatrien in Bern – der UPD und der PZM. Davon wären 2’600 Angestellte und über 50% der psychiatrischen Patienten im Kanton betroffen. Koste es, was es wolle – heftigere Angriffe werden folgen!
Diese Angriffe gegen unsere Gesundheit treffen auf eine bereits miserable Situation in der Arbeiterklasse und vor allem in der Jugend. Jeder kennt heute jemanden in seinem Umfeld mit psychischen Problemen. Dieser Eindruck widerspiegelt sich in den Statistiken: Fast 30% der Frauen im Alter zwischen 15 und 24 leiden an einer schweren psychischen Belastung. Fast 5% haben versucht, sich das Leben zu nehmen (BFS, 2022).
Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist das Behandlungsangebot bereits seit Jahren prekär. So müssen Jugendliche oft mehrere Monate warten, bis sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Häufig verschlechtert sich dann ihr Zustand so drastisch, dass sie in der Zwischenzeit mehrfach aufgrund akuter Suizidalität auf die geschlossene Notfallstation aufgenommen werden müssen. Die Versorgungsnot in der Erwachsenenpsychiatrie ist noch schlimmer. Dutzende Psychiatrie-Betten im Kanton bleiben aufgrund des krassen Personalmangels unbesetzt. Patienten, die freiwillig wegen einer Depression kommen, treten am nächsten Tag aus, weil sie in einem Viererzimmer mit psychotischen Patienten übernachten müssen und aufgrund des tiefen Betreuungsschlüssels bei Krisen nicht rechtzeitig Hilfe erhalten.
Heute ist bereits der Normalbetrieb – beispielsweise nachts zwei Pflegende auf 22 Patienten – lebensgefährlich. Für Pflegende in der Erwachsenenpsychiatrie sind Suizidversuche auf der Station nichts Neues. Schon 2022 schrieben die Assistenzärzte einen offenen Brief an die UPD-Geschäftsleitung: «Gewalt und Notfallsituationen häufen sich.» Das Pflegepersonal doppelte nach: «Die Bedingungen in der UPD sind aus Pflegesicht untragbar». Das sind Hilfeschreie vom ausgebrannten Personal, die jetzt mit dem Sparhammer beantwortet werden!
Tatsache ist, dass selbst in einem der reichsten Länder der Welt Elend und Barbarei zur neuen Normalität werden. Laut einem Professor für psychiatrische Rehabilitationsforschung ist die UPD-Sparmassnahme: «absolut fatal für die betroffenen Menschen». Der einzige Kontaktpunkt zu anderen Menschen falle weg. Mit anderen Worten: Der Angriff bedeutet nichts weniger als noch mehr verhinderbare Todesfälle psychisch kranker Menschen und noch mehr Burnouts beim überlasteten UPD-Personal!
Wer steckt hinter diesen kriminellen Angriffen? Der UPD-Verwaltungsrat schiebt die Schuld dem Kanton zu. Dieser sei nicht mehr bereit, die Kosten für bestimmte Leistungen zu tragen. Daraufhin erwidert der Berner Gesundheitsdirektor Schnegg, dass es im Ermessen der eigenständigen Firma UPD sei, Zusatzangebote, die nicht unter Grundversorgung liefen, zu finanzieren – oder eben auch nicht. Offensichtlich interessiert es unseren Gesundheitsdirektor nicht, ob wir wirklich auch gesund leben, solange wir überleben und das Spital nicht Minus macht. Ein weiterer Beweis dafür, warum er seit Jahren der meistgehasste Berner ist!
Die UPD-Bosse und Schnegg bewerfen sich medial gegenseitig mit Schlamm. Und beide haben recht: Es war Gesundheitsdirektor und stolzer Kapitalist Schnegg selbst, der 2017 die Berner Psychiatrien privatisierte und sie somit dem Zwang der Rentabilität aussetzte. Er und die anderen Regierungsräte regieren nicht in unserem Interesse, sondern im Interesse der Kapitalisten. Sie kassieren 280’000 Franken im Jahr, um unter anderem bei unserer Gesundheit zu sparen und gleichzeitig die Unternehmenssteuer um 2% zu senken. Auch der UPD-Verwaltungsrat handelt nicht in unserem Interesse. Als Verwalter eines Privatunternehmens muss er für den Eigentümer – den Kanton Bern – die UPD möglichst rentabel machen. Und zu guter Letzt sind da noch die Krankenkassen, die ihre Profitmargen über unser Wohlergehen setzen und die UPD unter Druck setzen.
Der UPD-Verwaltungsrat, die Kantonsregierung und die Krankenkassen: Sie alle sind Verfechter eines Systems, das immer mehr Menschen psychisch krank macht. Und sie alle weigern sich, die Rechnung dafür – eine anständige psychische Gesundheitsversorgung – zu bezahlen. Mehr noch: Sie höhlen die bestehende Versorgung zunehmend aus und wälzen so ihre Krise auf uns ab. Solange sie bestimmen können, wie es mit unserem Gesundheitswesen weitergeht, wird sich der Teufelskreis weiter drehen.
Kurz nach der Verkündung des Sparhammers stellte die UPD-Leitung ihre lebensfremde, hochnäsige Attitüde auf dem ersten Powerpoint-Slide allen zur Schau: «Fragt nicht, was die UPD für euch tun kann. Sondern fragt euch, was ihr für die UPD tun könnt.» Unsere nüchterne Antwort muss lauten: Wir werden die Patienten und uns vor diesem lebensgefährlichen Abbau retten. Und zwar mit folgendem Plan:
Die 25 Sozialarbeiter und die 3 Angebote müssen unbedingt erhalten bleiben. Die Streichung muss sofort rückgängig gemacht werden. Alles andere ist menschenverachtend.
Die Sparmassnahme rückgängig zu machen, kostet Geld. Dieses muss der Eigentümer, der Kanton Bern, bezahlen. Im Kanton Bern ist bei weitem genug Geld vorhanden! Vor Kurzem hat der Kanton die Steuern für Unternehmen um 2 Prozent gesenkt. Unsere psychische Gesundheit ist mehr Wert als Unternehmensgewinne!
Schnegg wird die Sparmassnahme niemals freiwillig zurücknehmen. Er hat die UPD ja privatisiert, er hat sie zum Sparen verdammt! Schnegg, selber ein Kapitalist, verwaltet das kantonale Gesundheitsdepartement im Interesse seiner Klasse: unsere Gesundheit wird für ihre Profite geopfert. Ihn und seine Regierung können wir nicht von der Rücknahme überzeugen – wir müssen sie zwingen! Unsere Stärke liegt in unserer Zahl: Wir UPD-Angestellten, alle Angestellten im Gesundheitswesen, die ganze Berner Bevölkerung – wir müssen die Regierung unter Druck setzen, bis sie einknickt. Dazu müssen wir kollektive Kampfmassnahmen ergreifen: Solidaritäts-Aktionen, Demos und Streiks!
Um erfolgreich zu kämpfen, brauchen wir Einheit! Wir müssen uns gemeinsam über unsere Forderungen und unseren Plan einig sein und uns organisieren! Dazu brauchen wir möglichst schnell eine Vollversammlung der Belegschaft der UPD und aller Menschen, die sich mit dem Kampf solidarisieren. Dort müssen wir unsere Forderungen und konkrete Kampfmassnahmen für die nächsten Wochen beschliessen und ein Komitee wählen, das den Kampf koordinieren, und uns gegenüber der Geschäftsleitung, dem Kanton und den Medien repräsentieren soll.
Die aktuellen Streiks der Genfer Staatsangestellten zeigen den Weg vorwärts und beweisen, dass die nötige Wut und Kampfbereitschaft für Streikaktionen gegen die Krisenpolitik der herrschenden Klasse heute schon existieren. Die Bedingungen dort sind nicht schlimmer als bei uns – der einzige Unterschied ist der, dass jemand vorangegangen ist und den Kampf in die Hand genommen hat! Eine Handvoll UPD-Arbeiter haben bereits auf eigene Faust mutig vorgeprescht, als sie Solidaritätsbotschaften an die entlassenen Arbeiter auf Transparente gemalt und auf dem Spitalgelände aufgehängt haben. Der Kampfwille ist da, aber er muss in einen tatsächlichen Kampf kanalisiert werden!
Das Potential für einen Streik und eine breite Solidaritätskampagne über die UPD hinaus ist riesig: die psychische Gesundheit in der Bevölkerung ist miserabel, die Armut nimmt zu und die Sparmassnahmen im öffentlichen Bereich, der zunehmende Druck am Arbeitsplatz, sowie Massenentlassungen führen bei breiten Teilen der Bevölkerung zu einer enormen Anstauung von Unmut. Der Streik der Lehrer in Genf hat deshalb auch eine breite Unterstützung in der Bevölkerung, trotz der Hetze der Regierung und der Medien, welche die Streikenden als Geiselnehmer bezeichnen!
Nur wenn wir den Kampf breit organisieren, sind wir geschützt gegen Entlassungen und Repression! Den Streikenden im Unispital Lausanne (CHUV) hat die Spitalleitung mit Kündigung und Bussen gedroht und vorgeworfen, sie würden sich nicht um das Patientenwohl kümmern, wenn sie streikten. Doch erstens sind SIE diejenigen, die das Gesundheitssystem so weit kaputtgespart haben, dass die Patienten und Angestellten tatsächlich nicht mehr sicher sind! Und zweitens können wir den Streik so planen, dass wir Druck aufbauen, aber nicht unseren Patienten schaden. Genau darum braucht es auch einen kollektiven Plan und die Ausweitung des Kampfes über die UPD hinaus.
Petitionen und Bitti-Bätti werden uns nirgendwo hinführen. Stattdessen müssen wir in die Offensive gegen Schnegg und seine Sparpolitik. Um diesen Kampf aufzunehmen, braucht es konsequente Klassenkämpfer, die keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen und voranzugehen!
Dieser Kampf kann und muss der Startschuss sein zum permanenten Kampf gegen die gesamte kapitalistische Krise. Alles was wir gewinnen, werden sie uns wieder wegnehmen, solange sie an der Macht bleiben. Ihr System hat ausgedient und kann offensichtlich nicht mehr für unsere grundlegendsten Bedürfnisse sorgen!
Darum gründen wir Kommunisten eine Kampforganisation, die den Kampf gegen dieses ganze verrottete System und seine Verteidiger überall aufnimmt – die Revolutionäre Kommunistische Partei!
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