Am 9. November 1932 schossen junge Rekruten der Schweizer Armee in eine Menge antifaschistischer Demonstranten, wobei 13 Menschen getötet und etwa 100 verletzt wurden. Die Arbeiterklasse kann aus dem tragischen Ereignis Lehren ziehen, insbesondere über wirksame Mittel zur Bekämpfung des Faschismus. 

Vor 90 Jahren befanden wir uns in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, die überall auf der Welt herrschte. In der Tat ist 1932 das schwarze Jahr der Grossen Depression. In der Schweiz gab es fast 68’000 Arbeitslose, davon 10’000 in Genf, und viele von ihnen verfielen der Armut. Die verzweifelte wirtschaftliche Lage entfacht Wut und Polarisierung, die unter anderem zum Aufstieg des Faschismus in ganz Europa führen. Auch in Genf ist das politische Klima sehr angespannt, da die Parteien der traditionellen Rechten von einer Reihe von Finanzskandalen erschüttert wurden. 

Auf der einen Seite wurde die extreme Rechte in Genf von der Union Nationale vertreten, einer offen antidemokratischen Bewegung, deren Anführer ein offener Antisemit war. Bei einer Versammlung dieser Partei eskalierte die Situation und es kam zu einer Schiesserei. Währenddessen war die Linke in unversöhnlich in drei gespalten. Neben der Kommunistischen Partei Genfs (PCG), deren Aktivitäten durch die stalinistische Politik beschränkt wurden, und einer libertären anarchistischen Bewegung, die direkte Aktionen befürwortete, war die einflussreichste linke Kraft zweifellos die Sozialistische Partei Genfs von Léon Nicole. Obwohl er dem linken Flügel angehörte, wurde er in den Nationalrat gewählt. Sein revolutionärer Geist war vor allem verbal. 

Wir sehen also, dass angesichts einer extremen Rechten, die sich aufgrund der Wirtschaftskrise und der Korruption der traditionellen Politik in einer günstigen Position befand, die linken Parteien gespalten waren. Diese sektiererische Spaltung innerhalb der Linken ist vor allem auf die stalinistische Ideologie zurückzuführen, die Sozialdemokraten als Hauptfeind zu betrachten. Es ist klar, dass diese Spaltung der Arbeiterklasse und die politische Spaltung der Linken dem Stalinismus dienen konnte, der die Revolution nicht auf den Rest der Welt ausdehnen wollte. Zudem sieht man, wie diese Haltung dem Faschismus zugutekam, der nicht auf eine gemeinsame Front gegen ihn stiess. 

Zu den Fakten

Vor diesem Hintergrund beschloss die Union Nationale Anfang November 1932, die Führer der Sozialistischen Partei im Rahmen einer Versammlung im Saal von Plainpalais zu provozieren. Da die Behörden sich weigerten, einzugreifen, rief die Sozialistische Partei zu einer Gegendemonstration auf. Da der Staatsrat um die öffentliche Ordnung fürchtete, rief er die Schweizer Armee zur Unterstützung herbei. 

Am Abend des 9. November errichtete die Polizei Strassensperren auf den Strassen, die zum Saal von Plainpalais führten, um die faschistische Versammlung zu schützen. Mehrere tausend sozialistische AktivistInnen versammelten sich entlang der Rue de Carouge. Dort hielt Léon Nicole eine flammende Rede, die für Aufregung sorgte, aber keine grossen Folgen hatte. Dennoch greift die Armee um 21.00 Uhr ein und schiesst nach einigen Auseinandersetzungen mit der Gegendemonstration um 21.34 Uhr in die Menge, wobei 13 Menschen getötet und mindestens 65 verletzt werden. In den folgenden Tagen war das Ereignis auch ein Vorwand für die Bourgeoisie, die Linke der Störung der öffentlichen Ordnung zu beschuldigen und das Kriegsrecht zu verhängen. 

Als Genfer Revolutionäre möchten wir – die Marxisten des Funken – diesen ArbeiterInnen und AktivistInnen, die im Klassenkampf gestorben sind, unseren Respekt bekunden. Doch der beste Weg, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, besteht darin, die notwendigen Lehren aus diesen tragischen Ereignissen zu ziehen. 

Welche Lehren lassen sich ziehen?

Ein erster Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Verbindung zwischen dem Staat, der Bourgeoisie und dem Faschismus. Man muss verstehen, dass der Staat nicht neutral ist. Er existiert dank und zur Verteidigung des herrschenden Systems, in diesem Fall des Kapitalismus. Der Staat und die nationale Bourgeoisie sind daher eng miteinander verbunden, und wenn sie sich entscheiden müssen, ob sie die bürgerliche Demokratie vor dem Faschismus oder ihre wirtschaftlichen Interessen vor der Arbeiterklasse schützen wollen, werden sie sich immer dafür entscheiden, auf Letztere zu schiessen. In Genf kam es 1932 zu einer Situation, in der Arbeiter, die einen radikalen Wandel forderten, für die Kapitalisten gefährlicher waren als die Faschisten, die den Status quo beibehalten und sogar die Linke gewaltsam zerstören würden. Der Staat schickte daher die Armee, um die faschistische Versammlung zu schützen. Die Armee schoss in die Menge der Sozialisten. Die Verbindung zwischen Kapitalismus und Faschismus ist offensichtlich. Der Erste provoziert unweigerlich den Zweiten und der Zweite hilft dem Ersten, sich zu halten. Daher ist die einzige Möglichkeit, den Faschismus endgültig zu zerstören, der Sturz des Kapitalismus. 

Deshalb ist es absolut notwendig, dass sich die Arbeiterklasse mit dem Ziel, den Kapitalismus zu stürzen, zusammenschliesst. Denn nur die Arbeiterklasse als Ganzes hat das Interesse und die objektiven Mittel, dieses System zu zerstören. Um dies zu erreichen, muss sie sich vereinen und um ein revolutionäres und sozialistisches Programm kämpfen. Den Opfern von 1932 wirklich zu gedenken, bedeutet daher für uns MarxistInnen, heute eine Organisation aufzubauen, die auf marxistischen Ideen beruht, den einzigen Ideen, die in der Lage sind, mit dem Kapitalismus zu brechen und die Arbeiterklasse zur sozialistischen Revolution zu führen. 

Bild: Max Kettel, Centre d’iconographie genevoise.

Manon Crettenand
Genf