Die Inflation belegt den Todeskampf des Kapitalismus und beschleunigt die revolutionäre Gärung. Nur die kommunistische Revolution kann das Privateigentum überwinden und diese zunehmende Barbarei beenden!
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Inflation! Die Krise der Lebenshaltungskosten ist heute Realität. Im letzten Jahr stiegen die Lebensmittelpreise in der Schweiz um 8 %. Auf einem Frühstücksteller liegt heute für denselben Preis wie vor zwei Jahren ein Fünftel weniger. Hinzu kommen permanent steigende Krankenkassenprämien, im Herbst die steigenden Mieten, im Winter die steigenden Strompreise, die kommende Anhebung der Mehrwertsteuer. Die Folge: Seit drei Jahren erleiden wir Reallohnverluste. Das sind 5000.- weniger im Portemonnaie! Die Inflation bedeutet den breitesten Angriff auf unseren Lebensstandard. In der Schweiz leben bereits 1,5 Mio. Menschen an oder unter der Armutsgrenze – Zigtausende weitere Arbeiterfamilien rutschen in Richtung Armut ab!
Die Inflation beschreibt das Steigen der Preise oder, was dasselbe ist, die Entwertung des Geldes: Für die gleiche Geldeinheit kann man sich weniger Produkte oder Dienstleistungen kaufen. Die Bürgerlichen sehen die Ursachen für die Inflation in Zufallsereignissen ohne Zusammenhang. Schuld an der Inflation haben Putin, die Pandemie und Klimakatastrophen, die Lieferketten zerstören, das Angebot verknappen und so die Preise in die Höhe treiben. Warum das alles passiert, dafür haben sie keine Erklärung.
Die Inflation hat verschiedene Ursachen. Diese haben aber einen inneren Zusammenhang: den Kapitalismus. Die Bürgerlichen können und wollen das nicht sehen: Sie verteidigen ihr System. Die weltweite Inflation ist ein Symptom der tiefen organischen Krise, in der die Weltwirtschaft steckt. Sie ist das Fieber, das den todkranken Kapitalismus befällt. Um die Inflation ein für allemal zu besiegen, müssen wir den Kapitalismus stürzen und mit dem Kommunismus ersetzen.
Karl Marx analysierte den Kapitalismus und legte seine inneren Gesetze offen. Im Kapitalismus gibt es in der Hauptsache zwei Klassen: die Kapitalisten (d.h. die Besitzer der Fabriken und Maschinen) und die Arbeiterklasse, die ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten verkaufen muss, um zu überleben. Die Arbeiterklasse erschafft allen Wert in der Gesellschaft. Dieser Wert wird aber aufgeteilt in die Löhne der Arbeiter und die Profite der Kapitalisten. Profite sind also nichts anderes als die unbezahlte Arbeit der Arbeiterklasse. Das zeigt: Die Klasseninteressen stehen im direkten, unversöhnlichen Widerspruch.
In diesem Widerspruch liegt auch die Grundlage für Krisen im Kapitalismus: Die Arbeiterklasse kann sich nie alle von ihr geschaffenen Warenwerte zurückkaufen. Während die Kapitalisten wegen des Profitzwangs und der kapitalistischen Konkurrenz immer mehr Waren produzieren, gibt es eine klare Obergrenze, wie viel die Massen konsumieren können. Im Kapitalismus gibt es daher immer die Tendenz zur Überproduktion. Und wenn die Kapitalisten ihre Waren nicht mehr mit Profit absetzen können, investieren sie nicht mehr und das System kommt in eine Krise.
Die Frage stellt sich also: Warum befindet sich der Kapitalismus nicht immer in der Krise? Die Kapitalisten haben Mittel, um diesen Widerspruch der Überproduktion hinauszuschieben, aber lösen können sie ihn nicht. Im Gegenteil bereiten sie damit umso grössere Krisen vor. Die Inflation heute ist das Endergebnis der Strategie der Kapitalisten, die Weltwirtschaftskrise der 70er Jahre zu überwinden.
Wie schafften sie das? Es gab hauptsächlich zwei Möglichkeiten, den Absatzmarkt zu erweitern: Das eine war die Ausdehnung der kapitalistischen Märkte auf China und die ehemalige Sowjetunion (Globalisierung). Das andere war eine künstliche Erweiterung des Marktes: Die Konsumfähigkeit der Massen wird durch Kredite und Verschuldung künstlich vergrössert. Jedem eine Kreditkarte, eine Hypothek und ein geleastes Auto angedreht, und alle sind glücklich: Trotz tiefen Löhnen können die Arbeiter sich ein kleines Familienglück aufbauen, und die Manager und Bosse schwimmen in Profiten.
Diese Kreditblase platzte 2008 jäh und löste eine weltweite Bankenkrise aus. Um ihr System zu retten, musste Geld her: Die Staaten retteten mit Milliarden die Banken, und die Nationalbanken hielten ein weiteres Jahrzehnt die Wirtschaft mit billigen Krediten am Leben. Das Resultat ist ein historischer Verschuldungsgrad von Haushalten, Firmen und Staaten sowie eine massive Geldschwemme. Sie waren blind und taub für jegliche historische Erfahrung: Dass dieses ganze künstlich geschaffene Geld früher oder später die Inflation anheizen musste.
Da nach wie vor Überproduktion herrschte und die Realwirtschaft wenig Profitaussichten bot, spekulierten Kapitalisten lieber und trieben so die Preise für Immobilien und Kryptowährungen hoch. Das ganze Geld gelangte also kaum in die Realwirtschaft, die inflationäre Wirkung wurde hinausgezögert.
Im Jahr 2020 dann der Wendepunkt: Die Pandemie triggert einen weiteren Wirtschaftseinbruch, wieder schnürt die Bourgeoisie panisch Rettungspakete, um ihr System und ihren Kragen zu retten. Die Dimensionen überstiegen jedoch alles bisher Gekannte. Gab die USA im Zuge der 2008er-Krise 0,8 Billionen USD aus, waren es jetzt bisher 5 Billionen. Die Grösse dieser Beträge, gepaart mit den durch Pandemie und Ukrainekrieg (der selbst Produkt der kapitalistischen Konkurrenz ist) verursachten Störungen von Produktion und Welthandel, löste plötzlich massive Inflation aus.
Die Ursache der Inflation finden wir also nicht einfach in bedauerlichen Zufällen.Treffen immer grössere Geldmengen auf dieselbe Menge Waren, müssen die Waren teurer werden. Aber warum wurden solche riesige Geldmengen in die Zirkulation geworfen? Zusammenfassend sehen wir: Die Inflation ist das Resultat der Versuche der Kapitalisten, die Wiedersprüche ihres Systems hinauszuschieben. Sie haben damit das eigentliche Problem, die Überproduktion, nicht gelöst, sondern eine umso grössere Krise vorbereitet.
Überproduktionskrisen selbst beweisen den ganzen Irrsinn des Kapitalismus: Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte gibt es Krisen und Barbarei nicht aus einem objektiven Mangel, sondern wegen Überfluss. Wir haben heute die Produktivkräfte, um ins Weltall zu fliegen, modernste Städte in der Wüste zu bauen und den ganzen Erdball in Sekundenschnelle zu vernetzen – und gleichzeitig fehlt es Millionen von Familien am Allernötigsten: Trinkwasser, Essen, ein Dach über dem Kopf.
Die Inflation verschärft die Ungleichheit massiv: Alles wird teurer, aber die Löhne von Milliarden von Arbeitern halten nicht mit der Inflation Schritt. Während sich das reichste Prozent (Besitzer von ca. 50 % des globalen Reichtums) seit der Pandemie 75 % des neu geschaffenen Reichtums aneignete, wurden 70 Millionen Menschen neu in extreme Armut gedrängt: die grösste Zunahme der Armut seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Inflation ist also die grösste verallgemeinerte Umverteilung von Reichtum von Unten nach Oben in der Geschichte.
Überfluss auf der einen, künstlicher Mangel auf der anderen Seite – diese Absurdität ist leicht erklärt: Der Kapitalismus hat mit seinen Fabriken, mit der Globalisierung usw. – mit der gesellschaftlichen Produktion – zwar ein riesiges Potenzial geschaffen, doch befinden sich diese immensen Ressourcen im Besitz einer kleinen Minderheit. Das Privateigentum an Fabriken, Land, Gebäuden usw. – den Produktionsmitteln – verhindert, dass ihr volles Potenzial genutzt und für die Bedürfnisse der Menschheit eingesetzt wird. Stattdessen dienen sie der Bereicherung einer winzigen Parasitenklasse, die ihren Reichtum für absurde Abenteuer in Weltall und Tiefsee verschwendet.
Die Lösung liegt in der rationalen Planung dieser Ressourcen zugunsten der gesamten Menschheit. Bereits mit den bestehenden Produktivkräften könnte man morgen allen Menschen eine Grundversorgung zusichern und damit Millionen vor dem Tod retten. Dafür müssen wir das Privateigentum abschaffen und die Kapitalisten enteignen. Die Arbeiterklasse muss die Macht übernehmen und die geschaffenen Ressourcen demokratisch verwalten. Kosmetische Griffe reichen nicht. Es braucht eine kommunistische Revolution!
Die Kapitalisten stecken weltweit in einer tiefen Sackgasse. Die Inflation bedroht überall die soziale Stabilität. Um sie zu bekämpfen, erhöhen Nationalbanken weltweit die Zinsen – mit dem Ziel, die Geldmenge einzudämmen, eine kontrollierte Rezession auszulösen und so die Nachfrage zu drosseln. Grosse Teile der Wirtschaft sind jedoch regelrecht abhängig von günstigen Krediten geworden, können ohne sie nicht überleben. Zahlreiche Firmen sind völlig vom schnellen Geld abhängig. Der Wirtschaft die Billigkredite wegzunehmen, ist etwa so, als würde man einen Junkie auf Drogenentzug setzen. Gleichzeitig beträgt die staatliche Gesamtverschuldung schon 350% der globalen Wirtschaftsleistung: Wir sitzen auf einem Pulverfass.
Seit dem Frühsommer ist die europäische Wirtschaft in die Rezession gerutscht, und das bei einer gleichzeitig hoch bleibenden Inflation von 5.5 %. Kurz: Die Bürgerlichen haben keine Kontrolle über ihr System. Sie versuchen heute ein Feuer zu löschen, indem sie drei neue Brände legen. Das Resultat ist das Schlimmste aus allen Welten: Hohe Inflation kombiniert mit Wachstumsrückgang («Stagflation») und einer Schuldenkrise am Horizont, die schnell zu einer weltweiten Finanzkrise anwachsen könnte. Das zeigt nochmals die Irrationalität des Kapitalismus: Niemand wollte das, und trotzdem wurde nun das schlimmste Szenario Realität.
Was sich ebenso zeigt: Egal wie tief die Sackgasse ist, die Kapitalisten zahlen niemals freiwillig die Zeche. Die Arbeiterklasse soll für die Krise des Kapitalismus zahlen – mit ihren Löhnen, ihren Arbeitsplätzen, ihrem Lebensstandard! Das legitimieren die Bürgerlichen mit der sogenannten Lohn-Preis-Spirale, nach der Lohnerhöhungen und mehr Sozialleistungen für die Inflation verantwortlich seien. Das ist ein dreister Versuch, der Arbeiterklasse die Schuld für ihr eigenes Elend zu geben. In Wahrheit nutzen die Kapitalisten die Inflation, um noch zusätzlich Profite zu scheffeln. Der IMF errechnet, dass fast die Hälfte der Inflation auf Preistreiberei von Grosskonzernen zurückzuführen ist. So haben Nahrungsmittel- und Energiekonzerne ihre Gewinne 2022 verdoppelt. Während die Arbeiterklasse ins Elend stürzt und ihr System an der Klippe steht, denken sich die Kapitalisten: Warum eine Krise verschwenden, wenn man auch da noch profitieren kann? Was für den einzelnen Kapitalisten rational sein mag, ist in seiner Summe irrational. Die herrschende Klasse spielt heute nur noch eine parasitäre Rolle und untergräbt ihr eigenes System. Sie schafft ihren eigenen Totengräber und zwingt ihn in den Kampf: Die Arbeiterklasse, die heute mit Abstand grösste Klasse der Gesellschaft!
Die Inflation in Kombination mit der Rezession war bereits in der 70er-Krise der grosse Treiber des Klassenkampfes. Letztes Jahr sahen wir in Sri Lanka, wie die Inflation die Massen auf die Strassen trieb – bis zur Verjagung ihrer verhassten Regierung. Wir sahen historische Streikbewegungen als Antwort auf die Senkung der Reallöhne. Was besonders auffällt: Neue, völlig unerfahrene Schichten und Sektoren der Arbeiterklasse treten in den Kampf, so die Amazon- und Starbucks-Arbeiter in den USA, die Royal College-Krankenschwestern in Grossbritannien (die in ihrer 130-jährigen Geschichte noch nie gestreikt haben!), der Streik der Erzieherinnen in Ontario, Kanada, der fast in einem Generalstreik endete usw. Die Sackgasse des Kapitalismus zwingt die Arbeiterklasse in den Kampf. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Schweizer Arbeiterklasse ebenfalls in den Kampf tritt. Wir sind in eine Epoche von Revolutionen und Konterrevolutionen eingetreten!
Was ist die Aufgabe von Kommunisten? Wir unterstützen energisch jeden Kampf der Arbeiterklasse gegen jegliche Angriffe. Dabei sagen wir: Unsere Mindestforderung muss die Verteidigung des Lebensstandards sein. Das erreichen wir nur mit einer automatischen Anpassung der Löhne an die Teuerung – alles darunter ist de facto eine Lohnkürzung. Indem die Gewerkschaftsführungen und Sozialdemokratie Lohnforderungen unter der Teuerung stellen, akzeptieren sie die bürgerliche Krisenpolitik. Kommunisten vereinen die Arbeiterklasse gegen alle bürgerlichen Angriffe hinter dem Slogan: Wir zahlen eure Krise nicht! Diese Defensivkämpfe sind notwendig: Erstens, weil die Arbeiterklasse nur so ihren Lebensstandard verteidigen kann und zweitens, weil sie in diesen Kämpfen ihre eigene Macht zu spüren beginnt. Sie lernt, dass sie organisiert als Klasse nichts aufhalten kann. Dass sie die Bosse nicht braucht und selbst am allerbesten weiss, wie die Produktion organisieren, die Patienten pflegen usw.
Als Kommunisten müssen wir genau diese Schule des Klassenkampfes vorantreiben. Nur mit der Enteignung der Kapitalisten und der Machtübernahme kann die Arbeiterklasse ihre Probleme lösen. Unsere Aufgabe ist es, das Programm der kommunistischen Revolution in diese Kämpfe zu tragen. Dafür organisieren wir bereits heute die ernsthaftesten Kämpfer und bilden sie zu Spezialisten der Revolution aus. Dies ist die notwendige Vorbereitung für die kommende Epoche. Wir folgen damit dem Schlachtruf des Kommunistischen Manifests: «Die Proletarier dieser Welt haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!».
Olivia Eschmann, die Redaktion
31.08.2023
Europa — von Emanuel Tomaselli, RKI Österreich — 16. 11. 2024
Berichte & Rezensionen — von Die Redaktion — 15. 11. 2024
Nordamerika — von der Redaktion — 13. 11. 2024
Europa — von Jack Halinski-Fitzpatrick, marxist.com — 11. 11. 2024