Historisch ist diese Organisationsform aus einem Kompromiss zwischen der konservativen, katholischen, ländlichen Minderheit und der protestantischen, städtischen Mehrheit entstanden. Durch die gleichstarke Vertretung aller Kantone im Ständerat konnten die katholischen Kanton, gemessen an der Bevölkerungszahl, ein überproportionales Stimmengewicht erlangen. Somit konnten sie verhindern, dass die Mehrheit über ihre Köpfe entscheidet. Auch heute noch wird der Minderheitenschutz als eines der Hauptargumente für föderalistische Strukturen ins Feld geführt. Zumeist werden in diesem Zusammenhang die ländliche Minderheit oder die Sprachregionen genannt.
Was gut klingt hat reale negative Konsequenzen für den Klassenkampf in der Schweiz. Während die herrschende Klasse in ihren Wirtschaftsverbänden zentralistisch organisiert sind und so ihre Agenda für die Schweiz bestimmen, nutzen sie die föderale Struktur des Schweizer Staates um die Kantone gegeneinander auszuspielen und den Widerstand gegen ihre Politik zu atomisieren. Die besten Beispiele dafür sind die Sparmassnahmen auf kantonsebene und der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen.
Als Sozialisten müssen wir uns bewusst sein, dass die Gewichtung von Zentralismus und Föderalismus immer eine Gratwanderung ist, welche von konkreten Begebenheiten und taktischen Überlegungen abhängt. Es geht daher nicht darum die föderale Struktur an sich anzugreifen, sondern die realen Auswirkungen des heute existierenden Föderalismus zu verstehen und sich dagegen zu wehren. Den föderalistisch organisierten Angriffen der Herrschenden müssen wir einen zentralisierten Widerstand entgegenhalten, indem wir die einzelnen Kämpfe verbinden und geeint zurückschlagen.
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