Mit dem Aufwind, den die feministische Bewegung im Kampf gegen die Unterdrückung der Frau derzeit erlebt, findet in Teilen der Linken und innerhalb des Feminismus die Idee des „Hausarbeitslohns“ wieder mehr Echo. Dabei wird die von Frauen geleistete Hausarbeit als „unbezahlte“ Arbeit klassifiziert und behauptet, dass die Kapitalisten Kosten sparen, indem sie sich auf diese unbezahlte Arbeit stützen. Wo steht der Marxismus in dieser Frage? Ein Artikel unserer spanischen Schwesternzeitung Lucha de Clases.
Silvia Federici, eine prominente Feministin und eine der eifrigsten Verfechterinnen von Hausarbeitslöhnen, unterstützt diese Forderung mit folgender Begründung:
Dieser Lohn wäre ein Weg, um das Wesen der Care-Arbeit grundlegend zu verändern und zu betonen, dass es sich dabei an und für sich um einen Job handelt. Hausarbeit muss als bezahlte Tätigkeit betrachtet werden, da sie zur ‚Produktion von Arbeit beiträgt und Kapital produziert und damit jede andere Form der Produktion möglich macht.‘ (Revolución en punto cero, S.21)
Man kann diese Ideen wie folgt zusammenfassen: Im Elternhaus werden die Arbeiterkinder – die ArbeiterInnen von morgen – produziert, verpflegt und aufgezogen. Die Kapitalisten bekommen diese Arbeit umsonst. Sie tragen nichts zur Erziehung der ArbeiterInnen bei, welche dann in den Arbeitsmarkt eintreten und in den Unternehmen ausgebeutet werden. Außerdem ist die „Schöpferin“ dieser „reproduktiven Arbeit“ (d.h. diejenige, die die Arbeitskraft produziert) die Hausfrau, welche keinen Cent dafür bekommt. Ihre „Arbeit“ wird vom Kapitalismus als ungelernte und als wenig wertvoll abgetan, nur die Arbeit von Männern außerhalb des Zuhauses wird wertgeschätzt. Daraus folgt: wenn der Mann für seine als wertvoll erachtete Arbeit Lohn erhält, dann muss „Reproduktionsarbeit“, die für die Entstehung einer neuen Generation ArbeiterInnen unbedingt notwendig ist, dieselbe Anerkennung erhalten. Die Hausfrau sollte folglich ein Gehalt bekommen. Das würde ihr auch erlauben, innerhalb der Familieneinheit Unabhängigkeit zu erlangen.
Wenn wir uns mit theoretischen Fragen beschäftigen, müssen wir uns auf die grundlegenden Prinzipien besinnen, um die korrekten Schlüsse zu ziehen. Die marxistische Position zu dieser Frage basiert auf zwei Aspekten. Der erste ist der wissenschaftliche Standpunkt der Marxschen Arbeitswerttheorie, und zwar in Bezug auf die Zusammensetzung des Werts der Arbeitskraft (d.h. die Zusammensetzung des Lohns). Der zweite ist ein politischer, sozialistischer Standpunkt, der mit den allgemeinen Interessen der Arbeiterklasse und speziell der arbeitenden Frauen in ihrem Kampf für soziale Befreiung, für den Sozialismus und für die Überwindung der patriarchalischen Familie übereinstimmen muss.
Wir werden die von der Hausfrau geleistete Hausarbeit aus diesen beiden Perspektiven analysieren, um so die Forderung eines Hausarbeitslohns zu bewerten. Der Einfachheit halber werden wir dafür das grundlegendste Beispiel als Ausgangspunkt nehmen: eine Arbeiterfamilie, in der der Mann auswärts arbeitet, mit der hausarbeitenden Frau zu Hause.
Zunächst einmal sollten wir definieren, was der Wert der Arbeitskraft – also der Lohn – ist und wie er ermittelt wird. Arbeitskraft ist eine Ansammlung von physischen und intellektuellen Fähigkeiten, die es einem Arbeiter ermöglichen, Arbeit für ein Unternehmen / einer Einrichtung / ein anderes Individuum zu leisten, die mit einem Lohn abgegolten wird.
Der Wert der Arbeitskraft, ausgedrückt in Löhnen, wird auf die gleiche Weise bestimmt wie der jeder anderen Ware: durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die zu ihrer Produktion erforderlich ist, d.h. durch die Menge an notwendigen Mitteln zum Lebensunterhalt, die unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen jeder Epoche die Reproduktion des Arbeiters sichert. So kann der Arbeiter mit seinem Lohn die notwendigen Mittel erwerben, um seine Arbeit täglich fortsetzen zu können: Nahrung, Wohnung, Kleidung, Bildung, Transport usw.
Die Reproduktion der ArbeiterInnen durch den Lohn hat einen doppelten Charakter: die Reproduktion der eigenen Arbeitskraft des Arbeiters, damit er jeden Tag Arbeit verrichten kann, und – das ist der springende Punkt – die Möglichkeit, eine Familie zu gründen, die die geschlechtliche Reproduktion zukünftiger ArbeiterInnen sicherstellt, damit die kapitalistische Produktionsweise weiter funktionieren kann, auch wenn die verschlissene Arbeitskraft aus dem Produktionsprozess ausscheidet.
Marx und Engels beziehen sich in all ihren Texten zur Ökonomie auf die oben beschriebene Definition von Löhnen. Marx schreibt:
„Was ist nun also der Wert der Arbeitskraft? Wie der jeder andern Ware ist der Wert bestimmt durch das zu ihrer Produktion notwendige Arbeitsquantum. Die Arbeitskraft eines Menschen existiert nur in seiner lebendigen Leiblichkeit. Eine gewisse Menge Lebensmittel muß ein Mensch konsumieren, um aufzuwachsen und sich am Leben zu erhalten. Der Mensch unterliegt jedoch, wie die Maschine, der Abnutzung und muß durch einen andern Menschen ersetzt werden. Außer der zu seiner eignen Erhaltung erheischten Lebensmittel bedarf er einer andern Lebensmittelmenge, um eine gewisse Zahl Kinder aufzuziehn, die ihn auf dem Arbeitsmarkt zu ersetzen und das Geschlecht der Arbeiter zu verewigen haben. Mehr noch, um seine Arbeitskraft zu entwickeln und ein gegebnes Geschick zu erwerben, muß eine weitere Menge von Werten verausgabt werden.” (Karl Marx, Lohn Preis und Profit, 1865.)
Marx hebt in demselben Text folgendes hervor:
„Seine äußerste Grenze [des Lohnes] ist durch das physische Element bestimmt, d.h. um sich zu erhalten und zu reproduzieren, um ihre physische Existenz auf die Dauer sicherzustellen, muß die Arbeiterklasse die zum Leben und zur Fortpflanzung absolut unentbehrlichen Lebensmittel erhalten. Der Wert dieser unentbehrlichen Lebensmittel bildet daher die äußerste Grenze des Werts der Arbeit.” (Ebenda)
Es ist wichtig festzuhalten, dass Marx selbst unmissverständlich betont, dass der Lohn nicht nur als Mittel zum Unterhalt des einzelnen Arbeiters, sondern auch zum Unterhalt seiner Familie (zu der auch die Hausfrau und die Kinder gehören) erzielt wird. Wie Marx in Das Kapital erklärt:
„Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt nicht nur durch die zur Erhaltung des individuellen erwachsnen Arbeiters, sondern durch die zur Erhaltung der Arbeiterfamilie nötige Arbeitszeit.“ (Karl Marx, Das Kapital, eigene Hervorhebung.)
Und weiter:
„Der Eigentümer der Arbeitskraft ist sterblich. Soll also seine Erscheinung auf dem Markt eine kontinuierliche sein, wie die kontinuierliche Verwandlung von Geld in Kapital voraussetzt, so muß der Verkäufer der Arbeitskraft sich verewigen, ‚wie jedes lebendige Individuum sich verewigt, durch Fortflanzung‘. Die durch Abnutzung und Tod dem Markt entzogenen Arbeitskräfte müssen zum allermindesten durch eine gleiche Zahl neuer Arbeitskräfte beständigt ersetzt werden. Die Summe der zur Produktion der Arbeitskraft notwendigen Lebensmittel schließt also die Lebensmittel der Ersatzmänner ein, d.h. der Kinder der Arbeiter, so daß sich diese Race eigentümllicher Warenbesitzer auf dem Warenmarkte verewigt.“ (Karl Marx, Das Kapital)
Auch Engels schreibt ist seinem Text „Rezension des Ersten Bandes Das Kapital“:
„Was ist der Wert der Arbeitskraft? Der Wert jeder Ware wird an der Arbeit gemessen, die zu ihrer Herstellung erforderlich ist. Die Arbeitskraft existiert in Form des lebenden Arbeiters, der zum Leben und auch zum Unterhalt seiner Familie, die den Fortbestand der Arbeitskraft auch nach seinem Tod garantiert, ein gewisses Maß an Lebensunterhalt benötigt. Die zur Herstellung dieser Lebensgrundlagen erforderliche Arbeitszeit stellt daher den Wert der Arbeitskraft dar. Der Kapitalist bezahlt den Arbeiter wöchentlich und kauft ihm so den Einsatz seiner Arbeitskraft für eine Woche ab. Bis jetzt hoffen wir, dass die Ökonomen uns in Bezug auf den Wert der Arbeitskraft mehr oder weniger zustimmen werden.“ (F. Engels, Rezension des ersten Bandes von Karl Marx‘ Kapital für das Demokratische Wochenblatt)
Interessant sind auch Marx Ausführungen zu den Kosten für Ausbildung und Erziehung des Arbeiters, die ebenfalls im Lohn beinhaltet sind:
„Um die allgemeine menschliche Natur so zu verändern, dass sie Fertigkeiten und Geschicklichkeit in einem bestimmten Arbeitszweig erwirbt, der zu einer entwickelten und spezifischen Arbeitskraft wird, ist eine bestimmte Ausbildung oder Schulung erforderlich, die wiederum eine mehr oder weniger große Menge an Warenäquivalenten umfasst. Je nach dem Charakter der Arbeitskräfte werden die Kosten für die Ausbildung höher oder niedriger sein. Diese Lernkosten, die im Falle der gewöhnlichen Erwerbsbevölkerung extrem niedrig sind, werden daher in den Geldbetrag eingerechnet, der für ihre Produktion ausgegeben wird.“ (Kapital, Band 1. Kapitel IV „Die Umwandlung von Geld in Kapital“, Abschnitt 3, Kauf und Verkauf der Erwerbsbevölkerung).
Der zentrale Punkt ist folgender: Wie Marx und Engels erklären, deckt der Lohn des Arbeiters einerseits die Arbeitszeit ab, die notwendig ist, um den Arbeiter innerhalb gegebener gesellschaftlicher Bedingungen zu erhalten, damit er jeden Tag an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann, und andererseits für die Reproduktion der Arbeitskraft; d.h. um eine Familie zu gründen und einen Nachkommen zu hinterlassen. Kurz gesagt: Die so genannte „reproduktive Arbeit“, wie ein Teil der feministischen Bewegung die Hausarbeit definiert, wird bereits durch den vom Arbeiter verdienten Lohn abgedeckt.
Aus der Sicht der Gesetze des Kapitalismus besteht keine ökonomische oder moralische Ungerechtigkeit darin, die Hausfrau nicht direkt für die Arbeit zu bezahlen, die sie im Haushalt verrichtet. Der ihr zustehende vermeintliche Lohn, welchen sie für ihren Lebensunterhalt benötigen würde, ist bereits im Lohn des Mannes oder in den Löhnen der arbeitenden Familienmitglieder enthalten. Das ist keine Ungerechtigkeit in der kapitalistischen Ausbeutung, sondern ein Zeugnis der Unterdrückung und häuslichen Versklavung der Hausfrau unter der kapitalistischen Produktionsweise. Frauen sind dazu verdammt, die Rolle der Mägde für ihre Männer und Kinder zu spielen und dazu finanziell vollständig von ersteren abhängig zu sein. Aus diesem Grund ist die Forderung nach einem Lohn für Hausfrauen eine unmöglich zu verwirklichende Utopie. Sie hat keine Grundlage in der wissenschaftlichen Ökonomie und ist zusätzlich reaktionär, wie wir in weiterer Folge ausführen werden.
Nähern wir uns der Sache aus einem anderen Blickwinkel. Nehmen wir an, die Frau verrichtet produktive Arbeit, die darin besteht, zur Erzeugung von Lohnarbeitern in Form ihrer Kinder und ihres Mannes beizutragen (sie bereitet das Essen zu, badet ihre Kinder, pflegt sie, wenn sie krank werden, kleidet sie, putzt und unterhält das Haus usw.). So müsste die Frau als Arbeiterin betrachtet werden, die genau wie ihr Mann einen Preislohn haben sollte, der sich aus den Mitteln für den täglichen Lebensunterhalt zusammensetzt. Tatsächlich gibt es aber natürlich keinen Kapitalisten, der sie direkt bezahlt. Sie wäre also dazu verdammt in Armut zu verhungern – das ist aber in der Realität nicht der Fall.
Woher kommen also die Mittel für den Lebensunterhalt der Hausfrau? Woher kommt das Geld, mit dem die Erziehung der Kinder, die Gesundheitsfürsorge oder das Haus, in dem sie lebt, bezahlt wird – wenn doch die Hausfrau keinen Cent erhält? Egal, wie man es dreht und wendet, die Antwort ist klar. Alle notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt der Frau und ihrer Kinder (Nahrung, Unterkunft, Kleidung, Bildung, Gesundheit, Strom usw.) können nur vom Lohn des Mannes kommen. Würde der Lohn des Mannes also nur die Mittel für seinen eigenen Lebensunterhalt beinhalten, gäbe es für seine Frau und seine Kinder gar nichts. Oder sind die Kapitalisten so entgegenkommend, dem Arbeiter einen Lohn zu zahlen, durch den viele Menschen (eher schlecht als recht) leben können? Im Grunde genommen ist dem so.
Würden die Kapitalisten der Argumentation von Leuten wie Federici Beachtung schenken, würden sie sagen:
„Was du vorschlägst, klingt gut für uns. Die Frau muss für ihre Arbeit bezahlt werden, und da von dem Lohn, den wir dem Arbeiter zahlen, derzeit mehr als eine Person leben kann, werden wir den Lohn des Arbeiters auf das Notwendigste reduzieren, damit er über die Runden kommt, als ob er allein leben würde. (Welch ein Glück, dass uns nun linke Berater darauf hinweisen, dass wir unwissentlich für zweihundert Jahre die Gesetzmäßigkeiten der ‚Marxschen Arbeitswerttheorie‘ gebrochen haben!) Wir werden ab jetzt der Hausfrau den ihr zustehenden Anteil geben, damit sie von ihren eigenen Mitteln leben kann“.
Anders gesagt, Arbeitgeber würden jeden Monat zwei Löhne aushändigen – einen für den Angestellten, und einen weiteren für seine Frau.
Ein Einkommen für die Hausfrau zu sichern wäre ein großer Sieg für den feministischen Kampf, wenn auch um den Preis, dass der Lohn des Ehemanns um die Hälfte gekürzt würde. Am Ende hätte sich nichts geändert; die Summe beider Löhne würde denselben Lohn ergeben, den der Mann vorher bekommen hat. Kein Kapitalist würde mehr geben, als er vorher gegeben hat. Was würde das also beweisen? Schlichtweg, dass der Lohn des Mannes die Mittel für den Lebensunterhalt von Frau und Kindern beinhaltet. Das ist es, was wir damit auch zeigen wollten, und was Marx und Engels schon vor anderthalb Jahrhunderten erklärt haben.
Diese Realität über die Eigenschaften des Familienlohns wird in vielerlei Hinsicht tagtäglich bestätigt. In einem rückständigen kapitalistischen Land wie Spanien fand die großflächige Einbeziehung der Frauen in den Arbeitsmarkt später statt als in Westeuropa und Nordamerika. Es ist folglich nicht ungewöhnlich, dass ältere Menschen erzählen, dass vor 40 oder 50 Jahren die Familie mit einem einzigen Lohn (dem des Ehemannes) auskam. Heute aber müssen beide Partner arbeiten, und selbst dann kommen sie oft kaum über die Runden. Wie wirkt sich das auf die marxistische Theorie über die Lohnzusammensetzung in der Arbeiterfamilie aus?
Die stattgefundene Veränderung besteht darin, dass die massenhafte Integrierung von Frauen in den Arbeitsmarkt dazu geführt hat, dass die Kapitalisten den allgemeinen Durchschnittslohn tendenziell senken. Sofern die Frau arbeitet, benötigt der Mann keinen „Extra“-Zuschlag mehr, um den Rest der Familie zu unterstützen.
Das hatte Marx schon erklärt, als er die Auswirkungen der Maschinerie auf die arbeitende Familie diskutierte. Dabei berücksichtigte er nicht nur die Einbindung der Frau in die außerhäusliche Arbeit, sondern auch die der Kinder:
„Die Maschinerie, indem sie jedes Mitglied der Familie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt den Wert der Arbeitskraft des Mannes auf seine ganze Familie. Sie entwertet also seine Arbeitskraft. Der Ankauf der Arbeitskraft einer vierköpfigen Familie mag vielleicht mehr kosten als früher der Ankauf der Arbeitskraft des Familienoberhauptes, aber dafür treten vier Tage Arbeit an die Stelle von einem, und ihr Preis fällt im Verhältnis zum Überschuß der überschüssigen Arbeitskraft von vier gegenüber der überschüssigen Arbeitskraft von einem. Damit die Familie leben kann, müssen nun vier Menschen nicht nur arbeiten, sondern überschüssige Arbeit für den Kapitalisten aufwenden. Wir sehen also, dass die Maschinerie, während sie das menschliche Material, das den Hauptgegenstand der Ausbeutungsmacht des Kapitals bildet, vermehrt, zugleich den Grad der Ausbeutung erhöht.“ (Karl Marx, Abschnitt 3. Kapitel 15 ‚Maschinerie und große Industrie‘. Das Kapital, Bd. 1., 1867).
Mit anderen Worten: Der Lohn, der es einer Familie erlaubt, sich selbst zu versorgen, wird individuell abgewertet, je mehr Mitglieder der Familie in den Arbeitsmarkt einbezogen werden. Das bestätigt wiederum, dass jeder individuelle Lohn dann einen Anteil des gesamten Familienunterhalts enthält.
Es ist natürlich nicht so, dass jeder Kapitalist die Löhne seiner Arbeiter einzeln und unter sorgfältiger Abwägung derer jeweiligen Situation anpasst. Es wird aber der Durchschnittslohn an die gegebenen Umstände (anhängig von Branche, der geografischen Lage und den dazugehörigen typischen Familienverhältnissen und den durchschnittlichen Lebenskosten) angepasst – so wie wir das auch von anderen Teilen der kapitalistischen Wirtschaft wie Preisen, Profitraten, Mehrwertraten etc. kennen.
Marx diskutiert die Auswirkungen der außerhäuslichen Arbeit der Frau auf die Arbeiterfamilie sehr ausführlich und sagt in einer der Fußnoten im Kapital folgendes:
„Da gewisse Funktionen der Familie, z.B. Warten und Säugen der Kinder usw., nicht ganz unterdrückt werden können, müssen die vom Kapital konfiszierten Familienmütter mehr oder minder Stellvertreter dingen. Die Arbeiten, welche der Familienkonsum erheischt, wie Nähen, Flicken usw., müssen durch Kauf fertiger Waren ersetzt werden. Der verminderten Ausgabe von häuslicher Arbeit entspricht also vermehrte Geldausgabe. Die Produktionskosten der Arbeiterfamilie wachsen daher und gleichen die Mehreinnahme aus. Es kommt hinzu, daß Ökonomie und Zweckmäßigkeit in Vernutzung und Bereitung der Lebensmittel unmöglich werden.“ (Karl Marx, Anm. 39. Abschnitt 3. Kapitel 15 ‚Maschinerie und große Industrie‘. Das Kapital, Bd. 1., 1867)
Schlicht gesagt, so wie das Familieneinkommen durch die Erwerbstätigkeit, steigen auch die Erhaltungskosten der Familie, entweder durch einen höheren Verbrauch von Grundprodukten (Kleidung etc.) oder dadurch, dass es notwendig wird für die Betreuung der Kinder, die Reinigung des Hauses usw. jemanden einzustellen.
Ein letzter Aspekt, den es zu analysieren gilt, ist die Behauptung der Theoretikerinnen dieser neuen feministischen Tendenz, dass Hausfrauen Arbeiterinnen sind die ihre Kinder zu „Arbeitskraft“-Waren machen, zu neuen Lohnarbeitern, die einen „Tauschwert“ besitzen. Wie schon besprochen wird behauptet, dass Hausfrauen für diese Arbeit überhaupt keine Vergütung erhalten. Es lohnt sich, diesen Punkt an dieser Stelle zu vertiefen, um weitere Schlussfolgerungen ziehen zu können.
In dem Buch Reproduktive and Domestic Labour schreiben Isabel Larrañaga, Begoña Arregui und Jesús Arpal:
„Die Überschattung der reproduktiven Arbeit durch die produktive Arbeit rührt von der Unterscheidung zwischen Gebrauchswert und Tauschwert her, die von der Wirtschaftstheorie unterstützt wird. Durch diese Unterscheidung wird Arbeit, die auf die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse abzielt, als Gebrauchswert bezeichnet, während Produkte, die für den Tausch auf dem Markt bestimmt sind, als Tauschwert bezeichnet werden. Der Handel, der nur Waren einen Wert gibt, die einen Tauschwert liefern können, entzieht der Reproduktionsarbeit ihre gesellschaftliche Relevanz und verweist sie damit in den häuslichen Bereich, da ihr wirtschaftlicher Nutzen nicht messbar ist. Die Logik des Kapitals hat Arbeit und Beschäftigung miteinander vermengt und uns ein enges und einseitiges Verständnis von wirtschaftlicher Aktivität aufgezwungen.“
Auf die gleiche Verwirrung zwischen Gebrauchswert und Tauschwert sowie auf das gleiche Missverstehen des Lohnbegriffs stoßen wir bei einem anderen prominenten Verfechter der Hausarbeit, Iñaki Gil de San Vicente:
„Wenn wir den Wert, der im häuslichen oder reproduktiven Bereich investiert wird, in die bezahlte Arbeit einbeziehen würden, wäre das Lohnniveau viel höher als es derzeit ist, aber das ist nicht der Fall… Da es keinen Mechanismus gibt, der die reproduktive Arbeit anerkennt, wird der von ihr erzeugte Wert vom Kapitalisten enteignet. Daher liegt es im Interesse des kapitalistischen Systems, die hauptsächlich von Frauen geleistete Reproduktionsarbeit zu verbergen. Würde man diese unbezahlte Arbeit offenlegen oder beziffern, würde die Profit- und Akkumulationsrate des Kapitals sinken.“ (aus: Capitalism and the National and Social Emancipation of Gender)
Diese gesamte Argumentation, die sich als marxistische auszugeben versucht, wonach die Hausfrau Werte (=Kinder) produziert, ist schlichtweg falsch.
Erstens wird ein Teil des Arguments durch die Tatsache widerlegt, dass die Bildung der Kinder – ein wesentlicher Teil ihres Ausbildungsprozesses als zukünftige Lohnarbeiter – außerhalb des Hauses stattfindet: im Kindergarten, in der Grundschule, in der weiterführenden Schule, in der Hochschule und an der Universität, ohne dass die Mutter (oder der Vater) direkt daran beteiligt sind. Zweitens haben wir gesehen, dass diese Ausgaben bereits im Lohn des Mannes enthalten sind, der diese Leistungen in Form von Steuern oder Gebühren bezahlt. In gleicher Weise haben wir bereits ausführlich behandelt, dass Unterhaltskosten für das Kind, die Mutter und andere Familienausgaben im Lohn des Mannes enthalten sind.
Das Problem von Federici, Gil de San Vincente und deren AnhängerInnen ist, dass sie nicht erklären können, warum die Kapitalisten den Müttern (und Vätern) keinen Cent zahlen, obwohl sie deren produzierte Ware – die Kinder, die Lohnarbeiter – kaufen, um sie in ihren Firmen anzustellen. Wem kauft der Kapitalist diese Ware ab? Nicht der Mutter, nicht dem Vater, sondern der „Ware“ Arbeitskraft selbst, also von den Kindern. Junge Arbeiter bekommen Lohn, einen Tauschwert für ihre im Unternehmen geleistete produktive Arbeit – einen Lohn, der ihnen und nur ihnen gehört. Mit diesem Lohn erwerben jungen Arbeiter die Dinge, die sie für das alltägliche Leben benötigen, was ihren Anteil an den Kosten des Familienheims einschließt. Möglicherweise entscheiden sie sich auch dazu, ganz auf eigenen Beinen zu stehen.
Das bringt uns zu folgender Schlussfolgerung: Ein Gegenstand, unabhängig von seinem Gebrauchswert, wird erst zur Ware mit einem Tauschwert, wenn er auf den Markt kommt und dort gegen Geld gehandelt wird. Der Umstand, dass menschliche Arbeit aufgebracht wurde, um ihn zu produzieren, macht ihn noch nicht zur Ware. Ein Paar Schuhe, dass ich für den eigenen Gebrauch hergestellt habe, besitzt zwar einen Gebrauchswert – es befriedigt ein spezifisches Bedürfnis – ist aber keine Ware. Erst wenn ich die Schuhe auf den Markt bringe, um sie zu verkaufen, werden sie zur Ware mit einem Tauschwert, gegen den ich sie eintauschen kann. Die Lohnarbeit charakterisiert [im Unterscheid zur Sklavenarbeit], dass ihr Eigentümer der „freie“ Arbeiter ist (der seine Arbeitskraft für eine gewisse Zeit an einen Kapitalisten verkauft). Die Arbeitskraft ist also erst dann eine Ware, wenn sie den Arbeitsmarkt betritt, nicht davor. Und sie wird von ihrem Besitzer auf den Markt getragen, d.h. von den Arbeitern selbst.
Die Arbeit der Hausfrau ist also keine Warenproduktion, seien es nun ihre Kinder oder etwas anderes. Die sogenannte Hausarbeit beinhaltet die Aufrechterhaltung des Familienheims – ganz im Sinne der Haussklaven im alten Rom. Der Unterschied ist, dass die Frau im Kapitalismus rechtlich gesehen eine „freie Bürgerin“ ist.
Die Frau produziert Gebrauchswerte für den Familienkonsum, so wie wir es aus alten Bauernfamilien kennen. Die Kinderbetreuung innerhalb der Familie fällt in diese Kategorie der Gebrauchswerte und nicht in die der Waren, welche verkauft werden. Wenn die Kinder zu Arbeitern werden, wird ihre Arbeitskraft offensichtlich zu einer Ware und erhält einen Tauschwert, der die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit widerspiegelt, die in ihre Produktion investiert wurde. Die Tatsache, dass Kinder vielleicht in der Zukunft dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden, gibt ihnen noch keinen Tauschwert. Es macht sie heute noch nicht zur Ware. Partner entscheiden sich nicht mit dem erklärten Ziel für Kinder, die Kapitalisten mit Arbeitern zu versorgen, sondern aufgrund menschlicher Neigungen. Fortpflanzung und Kindererziehung liegen außerhalb des Kreislaufs der kapitalistischen Ökonomie. Erst wenn Kinder sich dazu entschließen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, können sie Teil der „Arbeiterschaft“ werden, indem sie ihre Arbeitskraft an andere verkaufen. In diesem Moment wird ihre Arbeitskraft zur Ware mit einem Tauschwert, und sie selbst Teil der Lohnsklaverei.
Das steht jedoch alles nicht im Widerspruch zur Tatsache, dass Kapitalisten gezwungen sind, ihren Arbeitern einen Lohn zu zahlen, der es ihnen erlaubt, sich fortzupflanzen und ihre Kinder zu erziehen. Die Kapitalisten sind dazu gezwungen, weil sie ihre Arbeiterkräfte ständig erneuern müssen – sei es aufgrund von Erschöpfung, Alter oder dem Tod eines Arbeiters. Mit dieser Bezahlung haben die Kapitalisten zwar noch keine Garantie, dass ihnen diese Rechnung auch aufgeht: Vielleicht entschließt sich ein Paar gegen Kinder, oder vielleicht versterben diese frühzeitig, oder sie treten nie in die Lohnarbeit ein. Aber der Kapitalist hat keine andere Wahl, als dieses Risiko auf sich zu nehmen, und das aus einem sehr banalen Grund. In einer Gesellschaft, in der die Lohnarbeit dominiert, wird eine Familie keine Kinder haben, wenn sie es sich nicht leisten kann. Das gesamte System der Lohnarbeit würde in sich zusammenbrechen, weil es keine Menschen gäbe, die für andere Menschen arbeiten könnten. Denn ohne Arbeiter gäbe es auch keine kapitalistische Produktion.
Unsere Ablehnung von Hausarbeitslöhnen ist von einem politischen, sozialistischen Standpunkt genauso entschieden wie aus ökonomisch-wissenschaftlicher Sicht.
Wir haben schon gezeigt, dass die Stellung der Hausfrau jener der Haussklaven im alten Rom sehr ähnlich ist. Sie wird von ihrem Herrn ernährt, gekleidet und versorgt. Dadurch ist sie an den Mann und seinen Willen gekettet. Ein bekanntes Zitat von Marx besagt: „Frau und die Kinder sind die Sklaven des Mannes“. Engels zitiert in seinem Werk über den Ursprung der Familie Marx und stellt fest:
„Die moderne Familie enthält im Keim nicht nur Sklaverei (servitus), sondern auch Leibeigenschaft, da sie von vornherein Beziehung hat auf Dienste für Ackerbau. Sie enthält in Miniatur alle die Gegensätze in sich, die sich später breit entwickeln in der Gesellschaft und im Staat.“ (Friedrich Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates)
Heute versuchen ehemalige MarxistInnen wie Federici die Sozialwissenschaft in Bezug auf die Stellung der Frau 150 Jahre zurück zu werfen. Den „marxistischen Feminismus“ hat Federici in den 1970er Jahren hinter sich gelassen. Auf ihre alten Tage hat sie die Freuden der Hausarbeit wiederentdeckt und positioniert die Frau der Arbeiterklasse wieder zwischen Töpfe und Pfannen, Windeln und Mopps, dümmlichen Seifenopern und ohne Ausbildung oder Beschäftigung.
Federici behauptet:
„Die Forderung nach einem Lohn für Betreuungsarbeit war für viele Frauen wirklich befreiend, da Frauen so verstehen, dass das, was sie tun, eine Arbeit ist: nicht natürlich, sondern Ausbeutung.“ (Interview, 24.5.14 eldiario.es)
Was wir hier haben, ist eine moralistische Theorie („Was soll heißen, dass die Arbeit der Hausfrau nicht produktiv sei?! Warum wird nur die Arbeit des Mannes ökonomisch wertgeschätzt?!“), ohne jeglichem wissenschaftlichen Wert, wie wir gerade erklärt haben.
Die Bezahlung der Hausfrau würde tatsächlich nicht nur den Lebensstandard der Arbeiterfamilie und damit das Freiheitsniveau der Hausfrau unverändert belassen, sondern auch die Vorstellung von der Hausfrau als Lasttier, das den ganzen sozialen Druck, der auf Arbeiterfamilien lastet, auf seinem Rücken trägt, verewigen (einschließlich psychischer und körperlicher Misshandlung). Sie würde weggesperrt werden vom sozialen Leben, gefangen in ihren eigenen vier Wänden und zu Arbeit gezwungen, die an ihrem Körper zehrt und ihren Geist vernebelt. So wird sie leichter zur Verteidigerin des Status Quo bewegt, was auch eine konservative Haltung zur politischen und gewerkschaftlichen Aktivität der Männer und Kinder befördert.
Selbst die Mehrheit der feministischen Bewegung in den 1960er und -70er Jahren hat dies verstanden, die in Einklang mit den MarxistInnen die häusliche Sklaverei der Frau verurteilte. Gerade in Spanien unter dem Eindruck des Kampfes gegen die Franco Diktatur wäre jedeR, der die Forderung nach Lohn für häusliche Arbeit bei einem feministischen oder linken Treffen erhoben hätte, ohne Umschweife und völlig zurecht einfach rausgeworfen worden.
Heute allerdings gibt es sowohl in der Linken als auch der feministischen Bewegung eine ganze Reihe an „TheoretikerInnen“, die diese Position verteidigen. Häusliche Arbeit sei emanzipatorisch und müsste bezahlt werden, was der Kapitalismus jedoch verweigere. Die Forderung nach staatlichen Subventionen oder Entschädigungen durch die Kapitalisten tarnt die Haussklaverei und erhält sie damit weiter aufrecht.
Warum Federici und Co. heute eine ganz andere Position als früher vertreten, hat einen ganz einfachen Grund: Sie behaupten zwar noch immer MarxistInnen zu sein – denn ohne dieses Etikett würden sie ihren Anti-Establishment-Glamour verlieren und nicht so viele Bücher verkaufen oder zu so vielen Konferenzen eingeladen werden. Gleichzeitig haben sie jedoch jeglichen Versuch aufgegeben, auf Basis der marxistischen Theorie für eine wirklich sozialistische Perspektive zu kämpfen. Sie geben sich als „pragmatisch“ und „realistisch“ aus, dabei haben sie sich schlichtweg dem Kapitalismus unterworfen.
Noch eindeutiger erkennt man das in Aussagen wie der folgenden aus einem Interview von vor einigen Jahren, in dem Silvia Federici erklärte:
„In den 1970er Jahren, als sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa strategische Entscheidungen getroffen werden mussten, hat die feministische Bewegung den Bereich der Reproduktion komplett aufgegeben und sich fast ausschließlich auf die Arbeit außerhalb des Hauses konzentriert. Das Ziel war, Gleichberechtigung durch Arbeit zu gewinnen. Doch die Männer waren am Arbeitsplatz unzufrieden, und Gleichheit zu erreichen, nur um genauso unzufrieden und unterdrückt zu sein wie sie, ist keine Strategie.“ (Pikaramagzine, 2014)
Was sagt Federici hier? „Hausarbeit ist schlecht, aber Arbeit in einem Unternehmen ist auch schlecht. Außerdem müssen Frauen dann eine ‚zweite Schicht‘ zu Hause schieben, mit Kindererziehung, Putzen usw. Da wir also keine andere Alternative sehen, wäre es doch noch immer besser, ins Haus zurückzukehren, das uns zwar versklavt, aber wir können zumindest Lohn dafür fordern.“
So glanzvoll sind also die Aussichten, die radikale FeministInnen wie Federici den Millionen an unterdrückten, armen und arbeitenden Frauen anzubieten haben. Wir können uns sicher sein, dass diese Lebensperspektive weit entfernt von jener ist, die Federici und andere Feministinnen in dieser Strömung für sich selbst verwirklicht haben.
Wir wollen nicht bestreiten, dass Arbeit im Kapitalismus entmenschlichend und ausbeuterisch ist, für Männer wie für Frauen. Und ja, Frauen sind gezwungen „Doppelschichten“ in der Arbeit und Zuhause zu leisten, denn natürlich befreit die Arbeit im Unternehmen die Frau nicht per se – aber sie gibt ihr die Möglichkeit, sich von ihrem Partner unabhängig zu machen. Einen „Hausarbeitslohn“ im Kapitalismus zu erreichen ist eine Illusion, besonders im aktuellen Kontext der Wirtschaftskrise und der anhaltenden Sparmaßnahmen. Unsere Antwort muss sein, den Kampf für die Vergesellschaftung der Hausarbeit mit dem Kampf für Sozialismus zu verknüpfen. Nur so können wir die Unterdrückung der Frau an der Wurzel packen, anstatt uns nur mit dem kleineren Übel, utopischen oder schlichtweg reaktionären Forderungen zu begnügen.
Professionelle Arbeit im Pflege- und Sozialbereich und die Arbeit einer Hausfrau zuhause sind miteinander nicht vergleichbar.
Der Umstand, dass Personen im „Care“ Bereich bezahlt werden, führt zu einer grundlegenden Veränderung dieser Arbeit. Es ist zwar noch immer genauso anstrengende wie schlecht bezahlte Arbeit, aber ArbeiterInnen in diesem Bereich sind nicht mehr persönlich in die Arbeit, die sie verrichten, involviert. Anders als bei einer Hausfrau findet die Arbeit nicht im eignen Zuhause 24/7 statt, sondern nur für eine bestimmte Zeit am Tag im Austausch für einen definierten Lohn. Ohne Lohn wird keine Arbeit verrichtet. Arbeiterinnen verlassen ihr Zuhause und fahren an ihren Arbeitsplatz, reden mit ihren KollegInnen und Bekannten über Erfahrungen und Eindrücke in der Arbeit, werden von einem Unternehmen angestellt und können erkennen, was sie mit all den anderen Arbeiterinnen verbindet. All das hilft einer Arbeiterin, die Natur der Klassengesellschaft und ihre inneren Abläufe zu verstehen. Auf einmal ist es möglich, Teil einer Gewerkschaft zu werden, Rechte einzufordern und durch den politischen Kampf die eigenen Interessen zu erkämpfen. Dadurch bildet sich nicht nur ein qualitativ neues politisches Bewusstsein – auch der Selbstwert von „Care“- Arbeiterinnen steigt damit auf ein völlig anderes Niveau. Das alles ist nicht vergleichbar mit dem Leben einer Hausfrau, eingesperrt in ihrem eigenen Haus. Die Entfremdung der Arbeiterin ist dieselbe, die alle ArbeiterInnen erfahren, egal ob MetallarbeiterIn oder SekretärIn: es ist die Entfremdung einer Arbeiterin, nicht die eines Sklaven. Für die Hausfrau ist ihr Zuhause ihre Welt; für die Pflegekraft ist ihre Welt draußen, im sozialen Leben und in der Verteidigung ihrer Interessen als Arbeiterin und von Tausenden von Menschen wie ihr.
Hausarbeit, Kinderbetreuung und Altenpflege in bezahlte Lohnarbeit zu überführen bereitet die Bedingungen für die zukünftige Befreiung der Frau und der Familie aus der häuslichen Sklaverei: Alle erdrückenden Aufgaben, welche heute auf den Familien lasten (Wäsche waschen, Essen bereiten, Kinder- und Altenpflege…) würden von der Gesellschaft übernommen. Neben gut ausgestatteten Kindergärten in den Gemeinden und an den Arbeitsplätzen, können im Sozialismus Freizeit- und Spielzentren für Kinder und Jugendliche errichtet werden, die gut gepflegt, brauchbar und lehrreich sind. Pflegeheime werden nicht die düsteren, schmutzigen, schlecht in Stand gehaltenen und teuren Einrichtungen sein, die wir derzeit gewohnt sind. Sie wären auf dem Niveau von hochwertigen Hotels, die kostenlos oder zu geringen Kosten zur Verfügung stehen, inklusive angeschlossenen, voll ausgestatteten Gesundheitseinrichtungen. Die ArbeiterInnen in diesem Sektor müssten keine langen, anstrengenden Schichten durchstehen. Ihr Arbeitstag wäre vier oder fünf Stunden lang, vielleicht sogar kürzer. Die fortschrittlichste Technologie würde eingesetzt werden, um die körperliche Anstrengung im Umgang mit Menschen mit Behinderungen, alten oder kranken Menschen auf ein Minimum zu reduzieren. Die gesamte Technologie wäre darauf ausgerichtet, die Arbeit bei jeder Aufgabe zu minimieren, insbesondere bei denen, die große körperliche Anstrengung erfordern.
Wie Engels so treffend schreibt:
„Hier zeigt sich schon, daß die Befreiung der Frau, ihre Gleichstellung mit dem Manne, eine Unmöglichkeit ist und bleibt, solange die Frau von der gesellschaftlichen produktiven Arbeit ausgeschlossen und auf die häusliche Privatarbeit beschränkt bleibt. Die Befreiung der Frau wird erst möglich, sobald diese auf großem, gesellschaftlichem Maßstab an der Produktion sich beteiligen kann und die häusliche Arbeit sie nur noch in unbedeutendem Maß in Anspruch nimmt. Und dies ist erst möglich geworden durch die moderne große Industrie, die nicht nur Frauenarbeit auf großer Stufenleiter zuläßt, sondern förmlich nach ihr verlangt, und die auch die private Hausarbeit mehr und mehr in eine öffentliche Industrie aufzulösen strebt.“ (Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats)
MarxistInnen stehen für die Vergesellschaftung der Kindererziehung sowie der Alten- und Behindertenbetreuung. Die Gesellschaft als Ganzes würde diese Aufgaben übernehmen und die arbeitende Familie, insbesondere die Hausfrau, von ihnen befreien. Tatsächlich hat die kapitalistische Entwicklung bereits zur Vergesellschaftung einiger Aspekte des Familien- und Gemeinschaftslebens geführt, zum Beispiel durch öffentliche Verwaltungssysteme oder Auslagerung an Privatunternehmen (wenn auch nur teilweise und unzureichend). Dazu gehören die Bildung, das Gesundheitswesen, Transport, Telekommunikation, Elektrizität, Abfallwirtschaft usw. Seit einiger Zeit sehen wir einen ähnlichen Trend bei der Versorgung von alten und Menschen mit Behinderungen, bei den sogenannten Pflegediensten.
Doch im Kapitalismus haben diese Schritte zur Vergesellschaftung der Hausarbeit ihre Grenzen. Die Kapitalisten wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, einen größeren Teil des Mehrwerts, den sie den ArbeiterInnen auspressen (dies ist die Quelle ihrer Profite), an die Gesellschaft abzugeben, um damit eine Vergesellschaftung der Hausarbeit zu finanzieren. Daher muss ein Klassenkampf dafür geführt werden.
Sollte eine Hausfrau in diesem Sinne einen Lohn erhalten, um allein, unabhängig von ihrem Mann, leben zu können? Natürlich soll sie das, aber nicht aufgrund ihrer Position als Hausfrau, aus der sie sich befreien muss. Wir fordern, dass alle Arbeitslosen eine feste, angemessene und gut bezahlte Arbeit erhalten. Während sie arbeitslos sind, sollten sie Arbeitslosengeld in Höhe des Mindestlohns erhalten. Wir fordern, dass Hausfrauen, so wie Arbeitslose, diese Leistungen erhalten, dies aber unbedingt in Kombination mit der Forderung nach qualitativ hochwertigen und gut bezahlten Arbeitsplätzen für alle. Wir ermutigen jede Frau eine Arbeit zu finden, die es ihr ermöglicht, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Wir fordern sie auf, ihren Horizont zu erweitern, ein vielfältigeres soziales Leben außerhalb des Familienhauses zu führen und sich in den bewussten Kampf anderer ArbeiterInnen für ein Übergangsprogramm zum Sozialismus mit Forderungen wie den folgenden einzubringen: Reduktion der Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich, kostenlose öffentliche Kindergärten, kostenlose öffentliche Kantinen, kostenlose öffentliche Waschsalons und professionelle Pflegearbeit durch bezahlte ArbeiterInnen.
Wir müssen erklären, dass wir eine allgemeine Vergesellschaftung der Hausarbeit nur in einem sozialistischen System, in dem die Wirtschaft generell in kollektives Eigentum überführt und von den ArbeiterInnen demokratisch geführt wird, erreichen können.
Engels schreibt:
„Mit dem Übergang der Produktionsmittel in Gemeineigentum hört die Einzelfamilie auf, wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft zu sein. Die Privathaushaltung verwandelt sich in eine gesellschaftliche Industrie. Die Pflege und Erziehung der Kinder wird öffentliche Angelegenheit…“ (Friedrich Engels, Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates)
Die Vorteile einer sozialistischen Planwirtschaft – kollektive Arbeit und Unterdrückung des Profitmotivs in jeder menschlichen Tätigkeit, wahre Nächstenliebe ohne religiöse Heuchelei oder Eigennutz, zusammen mit der fortschrittlichsten Technologie und Wissenschaft – würden in einer sozialistischen Gesellschaft jede Spur häuslicher Sklaverei und die Unterwerfung der Frau unter den Mann ausmerzen, und die Frau ermächtigen, ihr volles Potenzial zu entfalten – etwas, das ihr seit Jahrtausenden verwehrt wird.
Lucha de clases
Spanische Schwestersektion in der IMT
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