Überall verschärfen sich die Spannungen zwischen den imperialistischen Blöcken. Alle rüsten auf. Krieg wird zur Normalität. Die Frage drängt sich auf: Was ist Imperialismus?

Der Imperialismus wird meist auf seine sichtbarste Seite reduziert, die militärische. Aber Imperialismus hat eine tiefe ökonomische Wurzel. Lenin nannte den Imperialismus «das höchste Stadium des Kapitalismus». Rund um das Jahr 1900 tritt der Kapitalismus in dieses Stadium der Fäulnis ein. Der Imperialismus ist das notwendige Produkt seines vorhergehenden Stadiums – des Kapitalismus der freien Konkurrenz.

Konkurrenz und Monopol

Kapitalismus bedeutet Konkurrenz. Einerseits fressen die grossen Haie die kleinen Fische. Andererseits müssen die einzelnen Kapitalisten einen Grossteil ihrer Profite reinvestieren, um mitzuhalten. Das führt dazu, dass immer weniger Unternehmen immer mehr Kapital in ihren Händen haben. Es kommt zu Preisabsprachen; es bilden sich Konzerne und Monopole.

Die 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt reflektierten letztes Jahr etwa die Hälfte des globalen BIP. Sie machten rekordhohe Einnahmen von 41 Billionen Dollar.

Die Wirtschaft wird dominiert von wenigen gigantischen Konzernen. Das bildet die tiefste Essenz des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus.

Dieser Prozess der Konzentration und Monopolisierung der Wirtschaft wird begleitet von einem zweiten.

Finanzkapital

In der Anfangsphase des Kapitalismus bis ins 19. Jahrhundert hinein waren die Banken die willigen Helfer der Industriellen. Sie gaben den Patrons Kredite, die dadurch die Produktion ausweiten konnten; oder sie bekamen überschüssiges Kapital von den Patrons und investierten es für diese in Bereiche, wo gute Profite zu holen waren. Die Industriellen entschieden.

Aber so bildeten sich riesige Banken mit internationalen Filialnetzen. Die Macht des Finanzsektors wuchs. Mit dem Eintritt in das imperialistische Stadium des Kapitalismus wird der Finanzsektor zum internationalen Nervensystem der Weltwirtschaft. Die Finanzinstitute sehen in die Bücher jeder Fabrik rein; sie werden zum Pförtner, der entscheidet, wer Geld bekommt, und wer nicht; sie drängen in die Vorstände und Verwaltungsräte der Industrie. Die Banken werden vom Helfer der Industrie zum Beherrscher der Wirtschaft.

Das ist heute mehr denn je der Fall. Die drei grössten Vermögensverwalter (Blackrock, Vanguard und State Street) sind die grössten Anteilseigner in 88 % der 500 grössten börsenkotierten US-amerikanischen Unternehmen. Die Totalverschuldung der Welt liegt heute bei 350 % des BIP: Eine unglaubliche Macht liegt bei den Gläubigern.

Kurz: Die Weltwirtschaft liegt in den Händen einer winzigen «Finanzoligarchie», wie Lenin sich ausdrückte.

Kapitalexport

Für diese gigantischen Konzerne wird der enge Rahmen der nationalen Märkte zu klein. Imperialismus heisst, dass der Export von Kapital über die Landesgrenzen hinaus zum dominierenden Faktor wird. Geld wird in andere Länder investiert, wo die Löhne tiefer sind, wo es Bodenschätze gibt oder wo ein frischer Industriebereich hohe Profite verspricht.

2022 betrug das Welt-BIP etwas mehr als 100 Billionen US-Dollar. Während im selben Jahr für etwa 25 Billionen Dollar Waren exportiert wurden, wurden fast 41 Billionen investiert in Unternehmen im Ausland, also Kapital exportiert.

Diese Zahlen werfen ein ungefähres Licht auf einen der wichtigsten ökonomischen Mechanismen des imperialistischen Kapitalismus. Die Kapitalisten beuten nicht mehr nur «daheim» die Arbeiterklasse aus, sondern sie exportieren Kapital, beuten auf oft barbarischste Weise die internationale Arbeiterklasse aus und importieren gigantische Extraprofite zurück in die imperialistischen Länder.

Im 19. Jahrhundert kämpften einzelne Kapitalisten darum, wer den nationalen Markt beherrscht. Seit dem Übergang ins 20. Jahrhundert geht der Kampf um die Beherrschung der ganzen Welt.

Neuaufteilung der Welt und Krieg

Bereits 1848 schreiben Marx und Engels im Manifest: «Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.» Im Imperialismus kontrollieren die mächtigsten Monopolisten den Staat. Sie verschmelzen regelrecht mit dem Staat, wie bereits Lenin geschrieben hat.

Die imperialistischen Mächte und Regierungen beginnen, die Interessen ihrer nationalen Räuber überall auf der Welt durchzusetzen. Nur ein Beispiel: Der US-Imperialismus, die stärkste und reaktionärste imperialistische Kraft auf dem Planeten, hat schätzungsweise 5000 Militärbasen in den USA – und dazu noch 1000 Militärstützpunkte auf der Welt verteilt.

Die Welt wird regelrecht aufgeteilt unter den imperialistischen Mächten. Jeder Erdteil der Welt wird zur Einflusszone dieser oder jener imperialistischen Macht. Die imperialistischen Mächte – dahinter stehen die Monopolisten – stehen im Konflikt zueinander um Rohstoffgebiete, Absatzmärkte und schlicht Einflusssphären. 

Immer wieder kommt es zu Verschiebungen im Kräfteverhältnis, bedingt in letzter Instanz durch Veränderungen im relativen ökonomischen Gewicht eines Landes. Aufstrebende Räuber wollen ein grösseres Stück von der Beute – aber niemand gibt freiwillig etwas ab! Die Spannungen verschärfen sich. Die Welt muss neu aufgeteilt werden.

Sie kennen verschiedene Formen, wie sie ihre Kämpfe um die Räuberbeute austragen, wie Diplomatie oder Handelskonflikte. Aber wie alle grossen Fragen der Geschichte wird auch diese schlussendlich mit militärischen Mitteln beantwortet. Imperialistische Kriege sind keine Abnormalitäten, sondern die notwendige Konsequenz dieses Systems.

Diese Kriege sind reaktionär. Sie bringen die Menschheit nicht weiter, im Gegenteil: Es geht nur um die Neu- oder Umverteilung der Räuberbeute, was Zerstörung und Elend für die Massen mit sich bringt. Kapitalismus, vor allem in seinem Endstadium, bedeutet Horror ohne Ende!

Krieg heute

Diese erbarmungslosen kapitalistischen Gesetzmässigkeiten liegen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zugrunde, aber auch der Weltsituation heute. 

Der Kapitalismus steckt in einer tiefen Krise. Der Kampf um die Beute verschärft sich seit Jahren und Jahrzehnten. Dazu kommen Verschiebungen im Kräfteverhältnis der imperialistischen Mächte. Der US-Imperialismus ist weiterhin der stärkste Räuber, verliert aber an relativem Gewicht; andere imperialistische Kräfte – China, Russland etc. – dringen ins Vakuum ein. Diese Kombination führt zu einer unglaublichen Anspannung der internationalen Beziehungen und eröffnet eine Periode in der Geschichte, in der Kriege zunehmen werden.

Was sind die politischen Konsequenzen aus all dem?

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Es gibt kein Zurück zu einem friedlichen Kapitalismus. Wer Krieg, Militarismus und Barbarei wirklich bekämpfen will, muss die Sache an der Wurzel packen. Der Kapitalismus muss gestürzt werden.

Was zwischen uns und einer Welt des Friedens, der Brüderlichkeit und Gleichheit steht, ist die Herrschaft der Bourgeoisie. Diese parasitäre Klasse hält an diesem verrotteten System fest. Unsere herrschende Klasse hier in der Schweiz ist gänzlich Teil der imperialistischen Ausbeutung und Kriegstreiberei. Die Formel von Liebknecht und Lenin muss unser Leitfaden sein: «Der Hauptfeind steht im eigenen Land!»

Die technologisch-ökonomischen Keime für eine höhere, sozialistische Gesellschaftsordnung sind da. Lenin schrieb schon 1916 (Der Opportunismus und der Zusammenbruch der II. Internationale): «Die Epoche des kapitalistischen Imperialismus ist die des reifen und überreifen Kapitalismus, der vor dem Zusammenbruch steht, der reif ist, dem Sozialismus Platz zu machen.» Die Enteignung der grössten Vermögensverwalter, der grössten Verteiler (Amazon und Walmart, zwei gigantische internationale Monopolisten, in sich kleine Planwirtschaften) und der paar grössten gigantischen Energieproduzenten wäre heute hinreichend, um mit der sozialistischen Planung der Wirtschaft zu beginnen.

Es ist die Aufgabe der Arbeiterklasse, die Bourgeoisie zu stürzen, zu enteignen und mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft zu beginnen – auf Weltebene. Diese Klasse ist potenziell so mächtig wie noch nie. Sie umfasst 3,6 Milliarden Menschen. Was sie braucht, ist eine revolutionäre Führung, die die Klasse über die Landesgrenzen hinweg vereinigt und die brennende Wut mit der Notwendigkeit der sozialistischen Revolution verbindet. Zu diesem Zweck bauen wir die Revolutionäre Kommunistische Internationale auf.

Die Worte, mit denen Marx und Engels das Kommunistische Manifest schlossen, sind heute wahrer als zur Zeit, als sie geschrieben wurden. «Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!»

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Ist die Schweiz imperialistisch?

Unsere Bourgeoisie versucht, mit dem Gerede von «Neutralität», «guten Diensten», «Völkerrecht» und «Demokratie» die Massen zu betrügen. Legen wir die Fakten auf den Tisch!

Eine Handvoll Riesenunternehmen dominiert die Wirtschaft. Der Umsatz der zehn (!) umsatzstärksten Schweizer Unternehmen war 2020 grösser als das ganze Schweizer BIP. Weniger als 1 % aller Unternehmen beutet mehr als die Hälfte aller Arbeiter in der Schweiz aus. 

Eine winzige Finanzoligarchie steht an der Spitze. Der Finanzsektor ist hochkonzentriert. Die UBS stellt fast die Hälfte der Bilanzen aller Schweizer Banken. 2021 betrugen die Kredite von Schweizer Banken an Schweizer Unternehmen 442 Milliarden (54 % des BIP) und das Investitionsvolumen der Versicherungen in der Schweiz 574 Milliarden (70 % des BIP). 

Aber die meisten Profite machen sie durch Kapitalexporte ins Ausland. Die ausländischen Direktinvestitionen belaufen sich heute auf 1’400 Milliarden CHF (171 % des BIP). Sie bluten so 2,2 Millionen Arbeiter auf der ganzen Welt aus. Ein Sechstel aller internationalen Dividenden fliesst in die Schweiz. Dieses Jahr werden es 64 Milliarden sein.

Die NZZ schrieb vor ein paar Jahren: «Wir sind Dividenden-Weltmeister». Aber wer ist «wir»? Die Schweizer Arbeiter leben von der Hand in den Mund. Jede sechste Person ist von Armut betroffen. Es ist eine winzige Oligarchie, die die Beute einstreicht.

Wer zahlt, befiehlt. Das war selten klarer als heute. Wenn der Bundesrat heute das blutige Massaker in Gaza unterstützt und jeden verleumdet und bedrohen lässt, der sich auf die Seite der Unterdrückten stellt, dann tut er genau das, wofür er da ist – er vertritt die materiellen Interessen der Schweizer Monopolisten.

Mit Abstand die meisten Exporte aus der Schweiz gehen in NATO-Länder. An erster Stelle stehen die USA – Netanjahus wichtigste Rückendeckung. Ausserdem profitieren die meisten der grössten Schweizer Konzerne und Banken direkt vom israelischen Zionismus: Nestlé produziert in Gebieten, aus denen Palästinenser vertrieben wurden; ABB verkauft Produkte für riesige Solarfelder in israelischen Siedlungen im Westjordanland und hat Abkommen zur industriellen Zusammenarbeit mit dem israelischen Staat; Zurich Versicherungen investiert in den grössten Versicherer Israels usw.

Der Kampf gegen den Genozid, gegen Imperialismus und Krieg überall auf der Welt ist nichts Fernes und Abstraktes. Wir haben hier und jetzt in der Schweiz eine Aufgabe zu erfüllen – die Entlarvung unserer eigenen herrschenden Klasse, die Enteignung «unserer» Monopolisten und den Sturz «unserer» Kriegstreiber.