Die Pämieninitiative wurde mit 55,5 % klar abgelehnt. Die SP-Initiative hatte gefordert, dass Prämien für die Krankenkassen maximal 10 % des Einkommens betragen.

Die NZZ kommentierte sichtlich erleichtert: «Die linke Zeitenwende, die manche nach der Abstimmung über die 13. AHV vom 3. März ausgerufen haben, ist wieder abgesagt.» Aber die Bürgerlichen freuen sich zu früh. 

Abstimmungen in der bürgerlichen Demokratie sind ein verzerrter Gradmesser für die Entwicklung des Klassenbewusstseins. Der Sieg der AHV-Initiative hatte offenbart, dass die Temperatur in der Gesellschaft angestiegen ist. Die Krise des Kapitalismus ist im Portemonnaie und in den Köpfen der Schweizer Arbeiterklasse angekommen. Dahinter gibt es kein zurück. Wer glaubt, die Ablehnung der Prämieninitiative würde bedeuten, die Mehrheit der Arbeiterklasse hätte nun plötzlich doch kein Problem mehr mit den steigenden Lebenskosten, hat jeden Kontakt mit der Realität verloren.

Die Abstimmung hat garantiert nicht gezeigt, dass die Arbeiterklasse keine Verbesserungen der eigenen materiellen Situation will. Was sie hingegen gezeigt hat, sind die engen Grenzen der reformistischen Politik aus den Chefetagen von SP und Gewerkschaften.

Der gleiche NZZ-Redakteur fasst zusammen: «Vor der AHV-Abstimmung haben sich die Befürworter wacker bemüht, die Kosten totzuschweigen. (…) Inzwischen liegt die Rechnung auf dem Tisch. Der Bundesrat hat rasch reagiert und eine milliardenschwere Vorlage verabschiedet. Die Lohnbeiträge sollen steigen, die Mehrwertsteuer wohl auch. (…) Diese unschönen Perspektiven haben die Debatte um die Prämienverbilligung geprägt.» Das ist leider korrekt.

Wir haben wieder und wieder erklärt, dass die Frage «wer zahlt?» nicht einfach ausgeblendet werden kann. Nur drei Monate nach dem historischen AHV-Sieg konnte die Prämieninitiative schon nicht mehr begeistern (was sich auch im Einbruch der Stimmbeteiligung von 58 % auf 45 % zeigt). Ein signifikanter Teil der Arbeiterklasse sagte sich: «Warum sollte ich für solche linken Initiativen stimmen, wenn die Rechnung ja dann doch einfach wieder uns Arbeiter serviert wird?».

Dabei wäre die Frage «wer bezahlt?» so einfach zu beantworten – wenn man nur bereit ist, den Weg des Klassenkampfes einzuschlagen. Diese Bonzen da oben sagen uns, es gäbe kein Geld. Aber die kapitalistischen Konzerne verdienen jährlich Abermilliarden durch die harte Arbeit von uns Lohnabhängigen. Wieso sollten wir Arbeiter zahlen? Wenn diese super-reichen Kapitalisten nicht bereit sind, der grossen Mehrheit der Bevölkerung würdige Lebensbedingungen zu gewähren, dann müssen wir ihre Unternehmen enteignen. Mit der Pharma, den Banken, den Grosskonzernen im Dienst und unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiterklasse – was wäre da nicht alles möglich!

Was muss getan werden?

Aus Erfahrungen und Fehlern muss man lernen. Die SP-Führung allerdings weigert sich seit Jahren hartnäckig, irgendetwas zu lernen. Initiative gescheitert? Kein Problem! Die nächste Initiative zum Thema ist bereits lanciert: diesmal für eine Einheitskrankenkasse.

Aber der Hebel der Veränderung liegt nicht in Volksinitiativen und erst recht nicht in den Parlamenten des bürgerlichen Staates. Er liegt in der Kraft der organisierten und mobilisierten Arbeiterklasse: der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung und Produzentin allen Reichtums.

Die Arbeiterklasse wird sich gegen die kapitalistische Krise nicht wehren können mit einer Flut von immer neuen Initiativen. Was es braucht, ist ein umfassendes, radikales Programm zur Lösung der Probleme der Arbeiterklasse: massive Investitionen in die Gesundheit, Bildung, Wohnraum, gute Mindestlöhne, automatischer Inflationsausgleich und vieles mehr. Wie umsetzen? Durch die komplette Verstaatlichung der gesamten Gesundheitsversorgung und Pharma, der Immobilienkonzerne, der Banken. Jedes Programm, das in der heutigen Krise des Kapitalismus nicht die Enteignung der Kapitalisten in den Mittelpunkt stellt, streut den Arbeitern nur Sand in die Augen.

Und dann muss man aktiv darauf hinarbeiten, dieses Programm in den Betrieben und den Quartieren zu verankern und die Klasse in den Kampf zu mobilisieren. Volksinitiativen (respektive die Kampagnen darum) könnten – wenn richtig und punktuell eingesetzt – ein untergeordnetes Element in dieser Strategie sein. Nicht als Hebel für Reformen, das ist illusorisch, sondern als Hebel zur Organisierung der Arbeiterklasse im Kampf gegen die Kapitalisten. 

Echte Verbesserungen werden errungen werden können, wenn die Arbeiterklasse in den Betrieben und auf der Strasse ein Kräfteverhältnis aufgebaut hat, das den Kapitalisten keine andere Wahl mehr lässt, als Zugeständnisse zu machen. 

Das Potenzial dafür ist tausendmal vorhanden. Aber es braucht eine Partei der Arbeiterklasse, die konsequent mit diesem Ansatz arbeitet. Die RKP kann die SP nicht ersetzen, wir spielen noch nicht in der gleichen Liga. Aber wir tun alles dafür, schnellstmöglich dahin zu kommen, dass die Arbeiterklasse die Partei bekommt, die sie verdient und braucht.