Trumps Zollankündigungen haben den Wert des Schweizer Franken in die Höhe schnellen lassen. Die kriselnde Exportindustrie wird die Arbeiterklasse dafür bezahlen lassen.
Anfang Jahr war ein Dollar noch 91 Rappen wert. Nach Trumps «Liberation Day» fiel er blitzartig auf 81 Rappen. Auch der Wert des Euros nahm ab und erreichte ein Allzeittief im Vergleich zum Franken.
Der Grund für die Frankenstärke ist klar: Aus verschiedenen historischen Gründen, wie der politischen und finanziellen Stabilität, gilt der Schweizer Franken als Fluchtwährung oder krisensichere Anlage. Die Reichen dieser Welt legen in unsicheren Zeiten ihr Vermögen in Schweizer Franken an. Die Schweizer Banken dürfte das freuen: Es bedeutet, dass mehr Kapital zu ihnen fliesst.
Für die Exportindustrie sieht es anders aus. Die gestiegene Nachfrage nach Franken lässt nämlich den Frankenkurs steigen. Dadurch werden die Schweizer Waren für ausländische Käufer teurer. Für Schweizer Unternehmen ist das ein Wettbewerbsnachteil. Momentan wird der Kursanstieg noch ein Stück weit durch die deutlich höhere Inflation im Ausland ausgeglichen. Der Pharmakonzern Roche rechnet aber trotzdem damit, dass er wegen des Wechselkurses dieses Jahr den Umsatz um drei Milliarden oder 5 % senken wird. Den Tourismus oder die angeschlagene Maschinenindustrie, bei der die Margen kleiner sind, wird der starke Franken härter treffen.
Die Frankenstärke ist dabei nur eins der vielen Probleme, mit denen der Schweizer Kapitalismus und ganz besonders die Exportindustrie heute in Zeiten des Protektionismus und der Krise konfrontiert ist. Und für die Krise sollen im Kapitalismus immer die Arbeiter bezahlen. Zu diesem Zweck bietet der Industrieverband Swissmem seinen Unternehmern an: «Wir unterstützen Sie beim Verfassen der Gesuche für Kurzarbeit und bei möglichen Anpassungen der Arbeitszeiten, Restrukturierung und Personalabbau.» Übersetzt bedeutet das: «Wir helfen euch, den Arbeitern die Löhne zu kürzen, Arbeitszeiten zu erhöhen und sie wenn nötig auf die Strasse zu stellen.»
Es läge jetzt an den Gewerkschaften, den Kampf gegen diese Krisenpolitik der Bourgeoisie zu organisieren. Stattdessen appelliert SGB-Chefökonom Daniel Lampart an die Schweizerische Nationalbank, den Franken abzuwerten. Das führt nirgendwo hin.
In der Zeit nach der Krise von 2008 druckte die Schweizerische Nationalbank astronomische Mengen an Schweizer Franken, um so den Franken abzuwerten und den Exporteuren unter die Arme zu greifen. Doch heute ist die Situation eine andere als vor 15 Jahren und der SNB sind aus mehreren Gründen die Hände gebunden.
Aus Washington weht ein rauer Wind. Präsident Trump ist fest entschlossen, Staaten, die ihre Währung manipulieren, zu bestrafen. Wertet die SNB also jetzt den Franken ab, könnte Trump weitere Strafzölle gegen die Schweiz verhängen oder zumindest mögliche weitere Verhandlungen mit der Schweiz erschweren.
Das fundamentalere Problem der SNB ist, dass sie in den letzten 15 Jahren viel Pulver verschossen hat. Die riesige Menge an gedruckten Schweizer Franken im Umlauf gefährdet ihre Fähigkeit, den Kurs des Franken in der Zukunft zu kontrollieren. Das kann sich der Schweizer Kapitalismus nicht leisten. Stabilität ist schliesslich das Business Modell der Schweizer Banken. Es gibt also eine Grenze, wie sehr die SNB mit Devisenkäufen intervenieren kann.
Die SNB kann auch den Leitzins senken, um die Währung abzuwerten. Aber auch dieses Mittel ist grösstenteils aufgebraucht: Sie hat den Leitzins am 19. Juni von 0.25 % auf 0 % gesenkt. Es gibt keinen Spielraum mehr für Zinssenkungen. Der kreative Ausweg der SNB Banker wäre, wieder auf Negativzinsen zu setzen. Aber auch weitere Zinssenkungen würden den Run auf den Schweizer Franken nicht aufhalten. «Wir befinden uns in einer globalen Vertrauenskrise: Wer sein Geld in den sicheren Hafen der Schweiz transferieren will, tut dies unabhängig vom Zinsniveau.», so der ehemalige SNB-Manager Thomas Stucki.
Die Nachkriegsordnung zerbricht und der Kapitalismus ist geprägt von Instabilität und Unsicherheit. Deshalb wird der Druck auf den Schweizer Franken auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Dieser Entwicklung hat die SNB mit ihrer Geldpolitik nichts entgegenzusetzen. Die Währungsmanipulationen als Krisenbekämpfungswerkzeug stehen der Bourgeoisie somit nicht mehr gleich zur Verfügung wie in der Zeit nach 2008.
Deshalb muss die Schweizer herrschende Klasse heute die Arbeiterklasse frontal angreifen, um ihre Profite zu schützen. Auf die Arbeiterklasse kommen Entlassungen, Betriebsschliessungen, Angriffe auf Arbeitsbedingungen und Sparmassnahmen zu. Es ist extrem schädlich, in dieser Situation Illusionen zu schüren, dass Institutionen der Kapitalisten wie die SNB der Arbeiterklasse helfen werden.
Die Arbeiterklasse kann sich nur auf ihre eigenen Kräfte verlassen. Der Startpunkt ihrer Politik muss sein: Wir bezahlen eure Krise nicht. Wenn die Bosse uns länger arbeiten lassen wollen, wenn sie uns entlassen wollen, dann verteidigen wir unsere Jobs, Lebens- und Arbeitsbedingungen mit unseren Klassenkampfmethoden. Streiks, Massenmobilisierungen und Betriebsbesetzungen sind die einzigen wirksamen Mittel gegen die Krise. Die Währungsturbulenzen sind ein Ausdruck des Niedergangs des Schweizer Kapitalismus. Der einzige Weg, die Probleme der Arbeiterklasse zu lösen, ist der Sturz des Kapitalismus und die demokratische Planung der Wirtschaft.
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