Der Klassenkampf ist also zurück. Interessanterweise sagt das ausgerechnet ein Bürgerlicher. Laut FDP-Nationalrat Ruedi Noser sind die Initiativen der Linken (1:12, Mindestlohn, Bonzensteuer, Erbschaftssteuer usw.) Klassenkampf.  SPler versuchten dies natürlich sofort zu verneinen und konterten damit, dass es vielmehr die Bürgerlichen seien, welche Klassenkampf von Oben betreiben würden. Beide Seiten sind sich also einig, dass Klassenkampf herrscht, nur wird er dem Gegner einseitig zugeschrieben.

Dies erstaunt doch etwas, da nun über Jahrzehnte von der Führung der Sozialdemokratie und vor allem auch von den Bürgerlichen behauptet wurde, dass Klassen gar Der Funke Nr. 27nicht mehr existieren. Und nun soll sogar ein Kampf zwischen diesen herrschen. Nicht, dass dies eine sonderlich grossartige Erkenntnis ist, denn die Klassengesellschaft war stets für jeden sichtbar, der auch wirklich hinschauen wollte. Aber die Ideologie der klassenlosen Gesellschaft war vor allem für die Bürgerlichen, aber auch für die Wortführer der Gewerkschaften und die Sozialdemokratie im Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg äusserst nützlich, erlaubte sie doch die sozialpartnerschaftliche Praxis zu rechtfertigen. Natürlich entspringen diese Initiativen der Linken dem Klassenkampf und natürlich ist beispielweise die bürgerliche Sparpolitik Klassenkampf, ob man es so nennen will oder nicht.
 
Zwei Todesfälle zeigten den Klassencharakter unserer Gesellschaft wieder mal sehr anschaulich. Die Berichterstattung über den Tod Margaret Thatchers und über Hugo Chavez’ hätte unterschiedlicher nicht sein können. Die ehemalige Premierministerin Englands der 80er Jahre, welche sich vor allem durch die Zerschlagung der Gewerkschaften, Sozialkürzungen, Krieg und offene Unterstützung von (faschistischen) Diktaturen auszeichnete, wird medial zur Heldin stilisiert und eben diese Punkte werden zum positiven Leistungsausweis ihrer Politik gemacht – auch im vermeintlichen linken Tagesanzeiger. Hugo Chavez, der jüngst verstorbene Präsident Venezuelas, wiederum wird medial  zum unmenschlichen Diktator gemacht, obwohl unter ihm eine der weltweit lebendigsten Demokratien entstand und er wohl der am meisten an der Urne gewählte Präsident war. Gerne werden in den Medien die völlig haltlosen Anschuldigungen der Opposition über Wahlfälschungen wiederholt, obwohl es keinerlei Beschwerden von internationalen Wahlbeobachtern gibt. Gerne wird behauptet, dass Chavez das Land ärmer gemacht habe, was schlicht und einfach gelogen ist. Es gibt keine einzige Zahl, die das belegen würde. An dieser Stelle sei nur darauf verwiesen, dass laut der Weltbank das reale Bruttosozialprodukt pro Kopf während seiner Amtszeit um 6.1 % gestiegen ist, während es vorher zwischen 1974 und 1998 um 16 % gesunken war. Die Eine hatte sich vehement für die Interessen des Kapitals eingesetzt und die ArbeiterInnenbewegung bis auf Blut bekämpft, deshalb ist sie Eine der „Guten“, der Andere hat sich mit dem internationalen Kapital angelegt, Rechte der Lohnabhängigen gestärkt und die Armut verringert, deshalb ist er nun Einer der „Bösen“ . Das ist offensichtliche Klassenlogik.
 
Dass jetzt wieder über Klassenkampf geredet wird, ist natürlich kein Zufall. In Europa erleben wir, was man wirklich mit dem brutalsten Klassenkampf von Oben, also von Seiten der Bürgerlichen, beschreiben kann. Neustes Opfer sind die Zyprioten. Um die Forderungen der Banken und einer kleinen reichen Minderheit zu befriedigen, wird in Europa die Gegenwart und die Zukunft einer ganzen Generation zerstört. Das ist Klassenkampf. Nur leider steht die Mehrheit der Gewerkschaften und Parteien der unterdrückten Klasse nicht auf der richtigen Seite, sondern ordnen sich den Interessen des Kapitals unter. Jüngst auch in Italien, wo der wichtigste Gewerkschaftsbund CGIL die Aushöhlung des Sozialstaats, die Auflösung der Arbeitsrechte und sogar die Auflösung der Kollektivverträge mitträgt. Und auch auf politischer Ebene, wo gerade die demokratische Partei, die grosse, angebliche, linke Partei Italiens zusammen mit ihrem Erzfeind Berlusconi eine Regierung gebildet hat, welche die Politik Montis weiterführen wird. Obwohl niemand wieder Monti wollte, werden die letzten Wahlen überhaupt nichts an der realen Politik verändern.
 
Jüngstes Bespiel für die dreiste Kampfeslust der Bürgerlichen in der Schweiz ist der Versuch zukünftige Abstimmungen über die höhe Pensionen zu verhindern. Der Umwandlungssatz für die Pensionskassengelder, also der Prozentsatz der in die Pensionskasse einbezahlten Gesamtsumme, welcher pro Rentenjahr ausbezahlt wird, soll aus dem Schweizer Recht genommen werden. Was bedeuten würde, dass der Bundesrat darüber alleine bestimmen kann, ohne dass ein Referendum möglich wäre. Die Kommission des bürgerlichen Nationalrats hat diesem Vorschlag bereits zugestimmt. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Bürgerlichen, nachdem die Senkung des Umwandlungssatzes 2010 durch das Stimmvolk wuchtig abgelehnt wurde, schlicht die Höhe der Pensionen der demokratischen Kontrolle entziehen wollen. Das Volk, bzw.  die Arbeitenden, sollen nicht mehr mitreden.  Dies ist nur ein weiteres Beispiel wie zugespitzt der Klassenkampf auch in der Schweiz bereits ist.
 
Die Geschehnisse der vergangenen Jahre in der Schweiz und vor allem auch in Europa zeigen, dass es keinen Mittelweg gibt. Es gibt keine nationale Einheit, die Sozialpartnerschaft existiert vor allem noch in den Köpfen und selbstverständlich herrscht Klassenkampf. Sozialdemokratische Politik ist die Opposition gegen die herrschende Politik und der Kampf für ein Wirtschaftssystem jenseits des Kapitalismus. Die SP muss wieder lernen auf allen Ebenen eigenständige Politik zu machen und den Anspruch haben ihre eigene Politik auch in den Exekutiven umzusetzen. Natürlich werden die Bürgerlichen toben, aber das tun sie bereits jetzt. Die Bürgerlichen schiessen aus allen Rohren auf die Linke. Es gilt spätestens jetzt die Konsequenzen zu ziehen. Dies werden alle GenossInnen lernen müssen oder gänzlich der bürgerlichen Politik verfallen. Es ist vor allem auch die Aufgabe der Jugend, vor allen Dingen der Juso, dafür zu kämpfen, dass dies nun auch die Mehrheit der GenossenInnen endlich verstehen. Wir leben in der Periode, in der wir alles Erkämpfte der vergangenen Jahrzehnte verlieren können und es bereits am verlieren sind, jedoch ist es auch die Periode, in welcher wir Klassenkampf für uns entscheiden und die kapitalistische Klassengesellschaft ein für alle Mal beseitigen können. Wir haben es in der Hand.