Das Jahr 2012 war ein Krisenjahr. Es war das Jahr des beinahe Auseinanderbrechens der Euro-Zone. Es war das Jahr empörender Skandale, verzweifelter Massnahmen und erbitterten Widerstands. Der Beginn des Jahres 2012 machte offensichtlich, dass die Krise noch längst nicht überstanden war. Die Euro-Krise drohte völlig zu eskalieren. Die Verschuldung der USA und ihrer Staaten wurde immer stärker zum Problem. Die Banken brauchten wieder vermehrt Unterstützung und obwohl die Zentralbanken, allen voran die europäische und die amerikanische, die Märkte mit immer mehr Geld überschwemmten, bewegten sich viele Volkswirtschaften am Rande der Stagnation oder gar einer Rezession.
Die Bürgerlichen sehen in ihrer Verzweiflung keine andere Lösung, als immer mehr Geld zu „drucken“. Gleichzeitig wird ein Währungskrieg geführt. Die USA, Japan, China und Brasilien usw. versuchen ihre Währung abzuwerten, um die Exportbedingungen zu verbessern. Die Schweiz ist mit ihrer Kursuntergrenze, dem künstlichen Mindestkurs von 1.20 Fr. zum Euro, vorne mit dabei. Um diesen halten zu können, musste die Schweizer Nationalbank ihre Fremdwährungsreserven auf über 400 Mrd. Fr, was ca. 70% des Schweizer BIP entspricht, erhöhen. Die Kritik an dieser Währungspolitik wird vor allem in den USA immer lauter. Die europäische Zentralbank (EZB) setzten mit ihrer Entscheidung, unlimitiert Staatsanleihen von Krisenstaaten aufzukaufen, der Politik des billigen Geldes praktisch aller Nationalbanken die Krone auf. Diese bis vor wenigen Jahren völlig undenkbaren Massnahmen der Zentralbanken waren auch bitter nötig. Bis vor der Intervention der EZB schien die Euro-Zone dem Untergang geweiht zu sein und die brutalen Sparmassnahmen brachten Spanien, Portugal und Griechenland an den Rand einer Revolution. Die Strategie der Bürgerlichen bestand einmal mehr darin, sich weiter Zeit zu erkaufen. Zu welchem Preis lässt sich heute noch nicht sagen.
Der Glaube in den Euro scheint sich Ende des Jahres 2012 und Anfangs 2013 verbessert zu haben. So verlor jüngst der Schweizer Franken gegenüber dem Euro erstmals wieder richtig an Wert und der Wechselkurs klettere auf 1.25 Fr. für den Euro. Wie der Tagesanzeiger aber am 19. Januar im Bezug auf den erstarken Glauben an den Euro richtig feststellte: „Wirklich fundamentale Gründe gibt es dafür freilich keine.“ So erstaunt es auch wenig, dass für 2013 kaum jemand wirklich optimistisch ist, denn die Probleme der Euro-Zone, aber auch allgemeiner der Weltwirtschaft, sind keineswegs gelöst.
Gleichzeitig offenbarte das letzte Jahr mit duzenden Skandalen in der Schweiz und europaweit wieder einmal, dass unsere bürgerlichen Eliten sich nicht weniger gierig und korrupt verhalten als ihre afrikanischen oder südamerikanischen Pendants. Die Manipulation des Libor-Zinssatzes war dabei wohl am Aufsehen erregendsten, weil es sich bei diesen Betrügereien um Milliardenbeträge handelte und fast die ganzen Grossbanken Europas darin verstrickt waren, darunter auch die Deutsche Bank und natürlich die UBS. Diese musste nun 1,4 Mia Franken Entschädigung für ihre Rolle bei der Libor-Affäre zahlen, dafür werden die laufenden Ermittlungen eingestellt. Das wird nur noch von den 1,9 Milliarden Dollar übertroffen, zu deren Zahlung die britische HSBC im Dezember wegen eines Geldwäsche-Skandals verpflichtet wurde. Für die UBS selbst ist es die höchste Strafe, die die Bank jemals zu entrichten hatte und führte zu einem Quartalloch von 2,5 Milliarden Franken. Wenigstens wissen nun die Schweizer SteuerzahlerInnnen, was mit den Milliarden geschehen ist, die im Zuge der Bankenkrise 2009 der UBS so bereitwillig und konditionslos zur Verfügung gestellt wurden.
Das Jahr 2012 war nicht nur wirtschaftspolitisch durch grosse Ereignisse geprägt, auch erschütterten die grössten Massenbewegungen seit sehr langer Zeit Europa. So steht die ArbeiterInnenklasse in Spanien, Griechenland und Portugal heute an der Spitze der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und kann auch weitere Bevölkerungsschichten, wie etwa Polizisten in einigen Fällen sogar Berufssoldaten und Ladenbesitzer, mitreissen. Sie versuchen verzweifelt sich gegen die unmenschliche Sparpolitik zu wehren, welche ihnen ihren Lebensstandard und ihre Zukunftsperspektive raubt. So fand am 14. November eine europäischer Generalstreik statt, an welchem sich, vor allem in Südeuropa, Millionen von ArbeiterInnen beteiligten.
Im vierten Jahr der Krise sahen wir auch, dass auf politischer Ebene Alternativen zum Sparwahn Zuspruch bekommen. Bei den Wahlen in Griechenland, Frankreich, der Slowakei und Slowenien konnten die traditionellen Parteien der Arbeiterklasse teilweise erstaunliche Wahlerfolge erzielen. Jedoch zeigt sich wieder einmal am Beispiel Hollands, dass der Reformismus den Verrat an seinen Versprechen in sich trägt. Der Druck der Bürgerlichen ist eisern und offen erpresserisch. Gerade die sozialdemokratischen Parteien Europas zeigen sich als völlig unfähig diesem Druck zu wiederstehen und Perspektiven für Zukunft aufzuzeigen. Ihre Parteieliten sind immer offener der linke Flügel der Bürgerlichen.
Das Versagen der Sozialdemokratie führte vor allem im letzten Jahr zu wachsendem Zuspruch für linke politische Alternativen (Front de Gauche, Syriza, Izquierda Unida). Dieser europaweite Aufstieg des Linksreformismus, muss als eine weitere Etappe in der politischen Bewusstseinsentwicklung gesehen werden. Diese politischen Strömungen sind vor allem in Worten radikal, aber nicht bereit die Besitzverhältnisse anzugreifen und den bürgerlichen Staat in Frage zu stellen, um ihre sozialistischen Parolen in die Realität umzusetzen. Doch Regierungen und Unternehmerverbände sind zu keinen Zugeständnissen mehr bereit. In der Epoche der Krise stellt jegliche Durchsetzung von noch so einfachen Reformen beziehungsweise die Abwehr von Verschlechterungen das System in Frage und bringt somit die Machtfrage auf die Tagesordnung.
Auch im Jahr 2013 blühen uns wieder starke Angriffe auf unseren Lebensstandard, die Lebensqualität und soziale Errungenschaften. Das provoziert Gegenwehr. Große Konflikte und Klassenkämpfe liegen vor uns. Aber der Kapitalismus wird nicht von alleine weichen und dem Sozialismus Platz machen. Die Kapitalisten werden ihre Macht und Eigentum mit Zähnen und Klauen verteidigen. Was wir vor allem brauchen sind starke linke Parteien und Gewerkschaften, die eine glaubhafte Alternative zur Sparpolitik und kapitalistischen Krisenverwaltung aufzeigen. Auch in der Schweiz muss deshalb die Forderung an die Sozialdemokratie sein:
Nein zum Spardiktat! Brechen wir mit den Bürgerlichen!
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