In der Frage der Medienvielfalt herrscht ein grosses Durcheinander linker und liberaler Ideen. Wir erklären in diesem Editorial, warum das effektivste Mittel gegen die bürgerliche Einheitspresse ist, den Funke zu unterstützen.

Sparmassnahmen bei den Redaktionen sowie Christoph Blochers Zusammenkaufen von Lokalblättern prägten die Schweizer Medienlandschaft. Die Print- und Onlinepresse wird heute von drei grossen Medienhäusern kontrolliert. Tamedia, Ringier und NZZ halten über 80 Prozent der Anteile am Schweizer Medienmarkt. Grossen Einfluss auf den Inhalt haben ausserdem eine Handvoll Agenturen wie Reuters. Das Produkt ist bürgerlicher Einheitsbrei.

Kein «vielfältiger» Einheitsbrei

Auch wenn die Konzentration der Medien wiederholt kritisiert wird, geschieht dies meist oberflächlich. Liberale, und schlimmer auch Linke wie jüngst die JUSO in einem Positionspapier, klammern sich an den Gedanken, dass mehr bürgerliche Zeitungen etwas Positives seien. Doch welchen Unterschied macht es für die Lohnabhängigen, ob neben der freisinnigen NZZ noch ein liberales Blatt aus Bern oder Lausanne besteht? Ausser im Feuilletonteil wird ohnehin keine Gesellschaftskritik zugelassen. Oder wann hat eine bürgerliche Zeitung zuletzt eine Streikreportage abgedruckt? Es ist also belanglos, ob es zwei oder hundert bürgerliche Zeitungen gibt. Entscheidend sind der politische Standpunkt, der darin vertreten wird, und der Zweck, den sich eine Zeitung gibt.

Es ist belanglos, ob es zwei oder hundert bürgerliche Zeitungen gibt. Entscheidend sind der politische Standpunkt, der darin vertreten wird, und der Zweck, den sich eine Zeitung gibt.

Der Funke, Editorial 80

Die herrschenden Ideen stützen den Kapitalismus und damit die ökonomische Ungleichheit, die Klimakatastrophe, die psychischen Krankheiten und das soziale Elend, die daraus hervorgehen. Sie sind der kapitalistische Klassenstandpunkt, der all das in Kauf nimmt, um die Profite zu vermehren. Die bürgerlichen Presseorgane sind Propagandisten – die Meinungsmacher in Reinform.

Mit bürgerlichen Ideen brechen!

Die herrschenden Ideen und Vorstellungen werden der ganzen Gesellschaft aufgezwängt. Jede Redaktorin und jeder Kolumnist ist im Kapitalismus aufgewachsen und mit den herrschenden Ideen erzogen worden. Die Ideen der Herrschenden, der kapitalistischen Klasse, üben immer Anpassungsdruck auf Zeitungen aus, die gegen das System kämpfen wollen.

Die (Tages-)Zeitungen der Arbeiterbewegung wurden zerdrückt und sind längst Geschichte. Heute ist die Zürcher WoZ wohl das meistgelesene Medium links der klar bürgerlichen Presse. Doch sie hat keine klare Redaktionslinie und beschreibt sich selbst stolz als unabhängig von Parteien und Verbänden. Genau diese bewusste Nicht-Festlegung auf einen Klassenstandpunkt ist problematisch. Erstens: Unabhängige Berichterstattung gibt es nicht! Ein Text hat stets einen Effekt, der entweder dem Erhalt der aktuellen Ordnung oder deren Veränderung dient. Zweitens: Sobald man etwas beurteilt, stellt sich diese Frage ganz offen: Entweder man bezieht den Klassenstandpunkt der Lohnabhängigen – Arbeiterinnen, Studenten, Rentnerinnen und Schüler – oder jenen der Kapitalisten.

Es reicht nicht aus, mit einem System (Kapitalismus) nicht einverstanden zu sein. Man muss damit brechen und ihm ein anderes System (Sozialismus) entgegenstellen. Ohne Klarheit, wofür man kämpft, bleibt man verhaftet in den oberflächlichen Korrekturen des Kapitalismus.

Mit der Zeitung aufbauen

Wir betonen diesen Punkt nicht aus theoretischem Reinheits-Fetisch. Wenn wir den Kapitalismus bekämpfen wollen, reicht es nicht, nur darüber zu schreiben. Der einzige Weg die bürgerliche Presse zu bekämpfen ist, eine politische Zeitung der Arbeiterklasse aufzubauen. Diese kann nur entstehen, wenn sie unter der politischen Kontrolle einer revolutionären Organisation steht: Die Zeitung muss eine Einheit von Theorie und Praxis verkörpern. Das heisst im Umkehrschluss, die politische Führung muss über den Inhalt Rechenschaft ablegen.

Der marxistische Revolutionär Lenin verstand den Nutzen und die Notwendigkeit einer Zeitung, die als Sprachrohr der revolutionären Organisation fungiert. Er nannte sie einen kollektiven Organisator. Denn eine politische Zeitung soll kein reines Informationsorgan oder ein Nebeneinander von individuellen Meinungen sein. Sie muss ein Kampforgan sein: Positionen vorschlagen, diese verteidigen, diese bei den LeserInnen verankern und so eine Einheit der Arbeiterklasse schaffen. Die Artikel einer solchen Zeitung müssen in erster Linie mit Stärke der Argumentation und der Korrektheit der Position überzeugen.

Wir vom Der Funke/l’étincelle sind uns im Klaren, dass es ein schwieriges Unterfangen ist, viel Anstrengung fordert und wir keineswegs auf direktem Weg eine Tages- oder Massenzeitung schaffen können. Wir sind gewillt, die nötige Arbeit auf uns zu nehmen und damit den einzig effektiven Weg gegen die bürgerliche Dominanz der Medienwelt zu gehen. Unterstütze uns mit einem Abo und einem Sympathie-Beitrag.

Für die Redaktion,
Michael Wepf

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Inhalt
Der Funke, Ausgabe 80, Mai 2019

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Die Rubrik für Kritik und Praxis.

Über meine Arbeit…
… als Archivar der Schweizer Lohnabhängigen.