Mitte August fand in Bern die Demonstration «Psychotherapie für alle» statt. Denn es fehlt an allem: Zu wenig Behandlungsplätze, zu wenig Personal und letztlich zu wenig Geld für zu viele psychisch Erkrankte.
Der Horror des Krisen-Kapitalismus ist verantwortlich für die Epidemie an psychischen Problemen – und die Profitlogik des Kapitalismus verhindert zugleich, sie adäquat zu behandeln. Mit dem Kommunist in der Hand und der RKP-Fahne über der Schulter traten wir deshalb ins Gespräch mit den Demo-Teilnehmern.
Einige glaubten noch an technische Lösungen. Aber grösstenteils trafen unsere Erklärungen zum Kapitalismus und der kommunistischen Lösung auf Anklang – auch wenn die meisten noch nicht bereit waren, die notwendige Schlussfolgerung zu ziehen: Wir müssen eine revolutionäre kommunistische Partei aufbauen.
Ein Gespräch hob sich jedoch von den anderen ab: Eine Psychologiestudentin aus Zürich sah unsere Fahnen mit Hammer und Sichel und reagierte positiv: «Deswegen bin ich hier.» Später fanden wir heraus, dass sie Teil einer Gruppe Studis war, die ein episches Transpi in die Höhe hielten: «Diagnose: Kapitalismus, Prognose: stürzbar», daneben eine Palästina-Melone mit Hammer und Sichel in der Hand.
Dann begann ein stundenlanges Gespräch. Trotz – oder wegen – dieser «Diagnose» war sie pessimistisch. Denn die meisten Leute in der Schweiz sind offensichtlich nicht revolutionär. Das treibt sie aber nicht in die Untätigkeit. Sie sucht nach einem Ausweg. Sie sagte wörtlich: «Radikalisiert mich!» Will heissen: Helft mir, besser zu verstehen, wie wir den Kapitalismus stürzen können! Wir erklärten: Dafür braucht es das wissenschaftliche Verständnis des Marxismus und eine revolutionäre Partei als kollektives Werkzeug.
Das hatte sie auch selbst schon gespürt. Sie wollte schon allein Das Kapital von Marx zu lesen beginnen. Sie beklagte sich auch, wie schwierig es sei, an der Uni Zürich den Zugang zu linken Organisationen zu finden. Diese seien kaum sichtbar auf dem Campus. Das zeigt uns unsere Aufgabe ab Semesterbeginn! Wir brauchen Präsenz und Sichtbarkeit mit unseren Ständen, an denen alle Leute wie sie sich über revolutionäre Ideen austauschen und aktiv werden können.
Die Genossen aus Zürich haben sie am darauffolgenden Tag angerufen und ein Treffen verabredet, um die Philosophie des Marxismus zu diskutieren, gestützt auf einen Text aus unserem neuen Buch «Was ist Marxismus?». Wir hoffen, sie bald als Mitkämpferin für den Kommunismus in den Reihen der RKP begrüssen zu dürfen!
So oder so, sie ist nicht allein. Ihre Schlussfolgerungen sind ein Produkt der traurigen Realität des Kapitalismus. Eine Realität, die sie mit den tausenden Jugendlichen teilt, die diesen Herbst in die Universitäten strömen werden. Wir müssen dort mit ernsthaften Ideen und Antworten bereitstehen.
Nah-Ost — von Olivia Eschmann und Caspar Oertli, Bern — 06. 09. 2025
Schweiz — von Nick Häfeli et Martin Kohler, Bern — 04. 09. 2025
Europa — von Interview mit Zvonko Dan, RKS — 03. 09. 2025