Bild: Carolina Krogius als Anne Frank © Sebastian Stolz, Filmwild
Trotz strahlenden Sonnenscheins und den ersten warmen Temperaturen seit Wochen war der Saal des Quartiervereins Bachletten um drei Uhr fast voll. Hier in Basel sei das Publikum eben noch pünktlich – so der Veranstalter – im Gegensatz zu Zürich, wo die Oper zuvor bereits zweimal aufgeführt wurde. Möglicherweise lag das am Altersdurchschnitt, der deutlich jenseits der 50er lag. Schade eigentlich, denn es fehlt dem Stück weder an Aktualität noch Basel-Stadt an politisch interessierten Jugendlichen. Ob dafür wohl an den richtigen Stellen geworben wurde?
(Fast) eine „Ein-Frau-Oper“
Die Oper des sowjetischen Komponisten Grigori Frid von 1969/1972 erzählt in 21 Episoden aus dem Tagebuch der Anne Frank auf. Frid, der selbst als Sanitäter am zweiten Weltkrieg teilnahm, wurde dazu von der Lektüre des Tagebuchs inspiriert. Das merkt man: Die Oper bleibt sehr nahe am Originaltext des Tagebuchs und erzählt so eindrucksvoll die Geschichte der 13-jährigen Anne, die sich mit ihrer Familie während zwei Jahren im von Nazis besetzten Holland versteckte. Die Erstaufführung in Basel basiert auf der Adaption des Meininger Theaters unter der Regie von Patric Seibert, der als freier Mitarbeiter auch für die linke Tageszeitung Junge Welt schreibt.
Die Mehrheit der Episoden werden gesungen und mit Hilfe weniger Requisiten aus einem alten Reisekoffer gespielt. Schauspiel und Oper so zu vereinigen braucht Talent. Die Hauptrolle fällt dabei der Sängerin Carolina Krogius zu. Sowohl ihre Bühnenpräsenz als auch ihre Stimme überzeugen voll und rechtfertigen fast die Bezeichnung „Ein-Frau-Oper“. Aber nur fast, denn ihr musikalische Begleitung bestehend aus Klavier (Virginia Breitenstein), Kontrabass (Benedikt vonder Mühll) und Schlagzeug (Gabriel Munoz Cabrera) trägt sehr viel zur Atmosphäre bei!
Beklemmung und Heiterkeit
Von Anfang an und über weite Teile ist die Oper musikalisch beklemmend und dissonant. Damit vermittelt sie das Gefühl des eingesperrt Seins und der Anspannung, welche ein Grossteil des Tagebuches ausmachen. Die düstere Atmosphäre des Stücks wird allerdings immer wieder durch diverse heitere Episoden – gemeinsames Kochen oder die spöttische Darstellung eines Ehestreits – aufgehellt. Bei diesen Szenen geht die Musik zu heiteren Jazz- oder Walzer-Klängen über. Doch die Angst und die Beklemmung sind nie weit weg. Aus Heiterkeit und Freude wir schlagartig Angst und Beklemmung. Aus der Freude über das Vorrücken von russischen Truppen an der Ostfront wird panische Angst vor einer Gestapo-Razzia. So fügen sich die wenigen Lichtblicke in den düsteren Alltag der untergetauchten Anne.
Unbändiger Optimismus
Trotz dieser Atmosphäre endet die Oper nicht pessimistisch. Denn Anne Franks unbändigen Optimismus vermittelt die Besetzung sehr gefühlvoll ans Publikum. Insbesondere das Ende des Stücks sprüht von der Überzeugung, dass die Welt nicht so bleibt, wie sie ist und dass es sich lohnt, aktiv für eine bessere Welt zu kämpfen. Diese Lektion ist heute so wichtig wie damals, als Anne Frank sie aufgeschrieben hat.
„Nicht den Mut verlieren! Schwache fallen um, die Starken werden standhalten. Mit Freuden bin ich bereit, mich aufzuopfern für die Zukunft. … Und nun weiß ich, dass Tapferkeit und Lebensfreude das Allerwichtigste bedeuten! Auf Reichtum und Ruhm kann man wirklich verzichten. Der Seelenfrieden kann jedoch nur für kurze Zeit verblassen, denn er wird wieder erwachen und uns ein Leben lang erfüllen mit Glück. So lange schauen wir ohne Furcht in den Himmel…“
Flo D.
JUSO Baselland
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