Nicht nur die Coronapandemie hat die sonst so lebhafte Fankultur ins Stocken gebracht. Die Pläne der reichen Grossklubs für eine exklusive europäische Super League oder die Sklavenarbeit für die WM-Stadien in Katar entfremdet Fussballfans immer weiter.

Am 11. Juni startet die Europameisterschaft in zwölf(!) über den ganzen Kontinent verteilten Städten. Doch abgesehen vom skandalösen Entscheid, trotz weiter grassierender Coronapandemie bei den Spielen Tausende ZuschauerInnen zuzulassen, war der Fussball aus anderen Gründen in den Schlagzeilen: Bereits im März nahmen die Forderungen nach einem Boykott der WM 2022 in Katar wieder Fahrt auf. Diese wird Jahre vor ihrer Austragung von zahlreichen Skandalen begleitet: Massive Korruption bei der Vergabe und die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter beim Bau der Stadien, bei dem schon mindestens 6’500 Arbeiter ums Leben gekommen sind. Und im April sorgte der Plan zwölf grosser Clubs, eine eigene, exklusive Liga gründen zu wollen, für Empörung und Massenproteste.

Profite, Profite, Profite

Diese Entwicklung macht klar: Den Klubbossen und Funktionären geht es einzig und allein um den Profit. Das ist natürlich keine neue Entwicklung. Die Kommerzialisierung ist wohl in keiner Sportart so gross wie im Fussball. Über die obszönen Gehälter der Stars und die astronomische Ablösesummen empört sich kaum mehr jemand, die «schönste Nebensache» ist schon längst zu einem Milliardengeschäft geworden. Der sportliche Wettbewerb rückt immer mehr in den Hintergrund, die Profitmaximierung der Klubs, Sponsoren und TV-Rechteinhaber steht an erster Stelle.

Möglich werden diese Profite durch die Ausbeutung der ArbeiterInnen in und ums Stadion und nicht zuletzt der Fussballprofis selbst, von denen die wenigsten Multimillionäre wie Messi und Ronaldo sind. Nur 10% kassieren ein Gehalt, das sie für das Leben nach der Karriere absichert. Und bezahlt werden diese Profite natürlich von den arbeitenden Fans. Diese müssen immer mehr von ihrem hart verdienten Geld ausgeben, um sich ein Spiel zu gönnen. Die Eintrittspreise sind in den letzten Jahrzehnten immer weiter erhöht worden und nationale Ligen oder die Champions League können fast nur noch mit teuren Pay-TV-Abos geschaut werden. In England kosten die günstigsten Saisonkarten der Topklubs schnell einmal über 500 Pfund und das bei einem Mindestlohn von 8.91 Pfund. Die Fussballfans sind bei diesen riesigen Marketingevents nur als KonsumentInnen erwünscht.

Der Plan einer exklusiven Liga der europäischen Topklubs (die «Super League») ist dabei nur das neueste Projekt zur Profitmaximierung, wobei die Idee gar nicht wirklich neu ist: Schon die Gründung der Champions League 1993 ging auf die Drohung einiger Spitzenklubs zurück, sich von der UEFA loszulösen und einen eigenen Wettbewerb zu starten. Und den bisherigen Reformen der Champions League gingen jeweils Abspaltungsdrohungen voraus, auf die dann praktisch alle Wünsche der Grossklubs erfüllt wurden. Mehr TV-Gelder, mehr Startplätze für die grossen Ligen, Spielsysteme, die sich optimal vermarkten lassen. Die Richtung ist immer die Gleiche: Die finanziellen Risiken durch sportliche Misserfolge sollen für die grossen Klubs minimiert werden, während die Profite durch immer grössere TV-Deals und höhere Anteile daran maximiert werden sollen.
Die Super League sollte dieses Modell auf die Spitze treiben. Durch ständige prestigeträchtige Duelle sollte damit der lukrative asiatische und US-amerikanische TV-Markt erobert werden.

Bonzen raus

Doch die immer krassere Kommerzialisierung wird von den Fans nicht einfach hingenommen. In den letzten Jahren gab es immer wieder Protestaktionen, z.B. gegen Red Bulls Engagement. Einen WM-Boykott unterstützen laut einer Umfrage des WDR 65% der Deutschen. Und nur wenige Tage nach Veröffentlichung der Super League-Pläne zogen sich alle Klubs ausser Real, Barca und Juventus Turin nach massiven Fanprotesten wieder zurück. Das Problem: Oft beschränken sich die Proteste auf eine personalisierte Kritik gegen einzelne KapitalistInnen oder Unternehmen. Und die Kämpfe gegen solche Projekte wie die Super League bleiben notwendigerweise defensiv. Dass diese Idee so schnell begraben wurde ist ein temporärer Erfolg. Aber es ist gut möglich, dass es von den Klubbossen sowieso nur als Drohkulisse gedacht war, um damit als «kleineres Übel» eine Champions League Reform nach ihren Wünschen durchzubringen. Und auch die Boykottaufrufe gegen die WM, die in den letzten Monaten lauter geworden sind, beschränken sich bisher nur auf symbolische Aktionen. Die Macht der Fans als KonsumentInnen ist beschränkt, ihre wahre Macht liegt in ihrer gesellschaftlichen Rolle als ArbeiterInnen.

Um Fussball wieder zu einem Sport für alle zu machen, müssen die Bonzen und Bürokraten rausgekickt werden. Die KapitalistInnen müssen enteignet und die Fussballklubs unter die Kontrolle der Fans, SpielerInnen und der lokalen Bevölkerung gestellt werden.
Nur durch den Kampf für den Sozialismus können wir die Bedingungen schaffen, unter denen der Sport nicht mehr ein profitorientiertes Milliardenbusiness ist, bei dem der Reichste gewinnt, sondern eine Freizeitbeschäftigung und fairer Wettbewerb für die gesamte Gesellschaft.

Die Redaktion
21.06.2021

Bildquelle: Flickr – webtanned